Chinas Banken dürfen CD vom Stapel lassen

Neuer Liberalisierungsschritt

Chinas Banken dürfen CD vom Stapel lassen

Von Norbert Hellmann,SchanghaiChinas Zentralbank hat mit der Einführung von Regularien für die Auflage und den Handel mit Einlagenzertifikaten eine neue Etappe der Zinsliberalisierung im Reich der Mitte eingeleitet. Ab sofort können die chinesischen Kreditinstitute sogenannte Certificates of Deposit (CD) für private und institutionelle Kunden begeben. Die handelbaren Titel können in Stückelungen von mindestens 300 000 Yuan (rd. 45 000 Euro) für private Anleger und 10 Mill. Yuan für institutionelle Investoren begeben werden. Dabei sind neun verschiedene Laufzeiten im Spektrum zwischen einem Monat und fünf Jahren vorgesehen. Tiefere GeldmärkteDie Zinsbildung für die chinesischen CD soll im Wesentlichen von Marktkräften bestimmt werden, wobei Banken und Investoren feste und flexible Zinskonditionen in Anlehnung an den Geldmarktsatz im Interbankengeschäft Shanghai Interbank Offered Rate (Shibor) als entsprechende Benchmark vereinbaren können. Von den neuen Instrumenten verspricht sich die Zentralbank eine Vertiefung des chinesischen Geldmarktes und flexiblere Refinanzierungsmöglichkeiten für Geschäftsbanken. Dies gilt als ein weiterer Vorbereitungsschritt für eine letztendlich vollständige Aufgabe der Zinsbindungsvorschriften, mit denen bislang in China die Zinsbildung für Spareinlagen gedeckelt wird. Abbau von SchrankenWährend in der Vergangenheit die chinesischen Sparzinsen zwingend an den Leitzinsvorgaben der Zentralbank klebten, ist es nach sukzessiven Liberalisierungsschritten bereits zu einer erhöhten Beweglichkeit der Einlagenzinsen gekommen, mit der ein neues Wettbewerbselement in das staatlich dominierte Bankwesen eingebracht wird. Zuletzt wurde der Spielraum für die Verzinsung von Sichteinlagen und Sparguthaben vom 1,3-Fachen auf das 1,5-Fache des Leitzinses für Einlagen erhöht. Mit der Einführung der CD wird nach der Einschätzung eine Voraussetzung geschaffen, um in absehbarer Zeit die verbleibenden Zinsbeschränkungen auf der Einlagenseite abzubauen. Seitens der Zentralbank war bereits angedeutet worden, dass noch in diesem Jahr eine vollständige Zinsliberalisierung durchgezogen werden soll.Marktnähere Einlagenzinsen sind ein Schlüsselelement des chinesischen Finanzreformprogramms, mit dem ein Beitrag zum Abbau der für Chinas Finanzsystem typischen finanziellen Repression geleistet werden soll. Davon verspricht man sich unter anderem eine mittelbare Anregung des Privatkonsums. Die Zinsliberalisierung ist allerdings nur schleichend über Jahre hinweg vorangetrieben worden, um die bislang von gesicherten Margen profitierenden Banken nicht zu überlasten. Mittlerweile spüren die Institute einen zunehmenden Margendruck, der die Gewinndynamik drosselt. Härterer WettbewerbInsbesondere kleine und mittlere chinesische Banken spüren den intensiveren Wettbewerb um Einlagengelder, wobei die seit Monaten boomenden chinesischen Aktienmärkte die Anlegerpräferenzen verschieben und zu einem Mittelabzug beitragen. Nach Einschätzung von Experten können die neuen Einlagenzertifikate zu einer Senkung der Refinanzierungskosten beitragen, stellen aber auch höhere Anforderungen an die Steuerung der Fristentransformation und das Risikomanagement chinesischer Institute.Mit Blick auf von der Zinsliberalisierung ausgehende mögliche Pleitegefahren bei der Vielzahl von kleinen und regionalen chinesischen Kreditinstituten hatte die chinesische Regierung ein landesweites Einlagensicherungssystem aufgezogen, das im Mai gestartet ist. Die neuen Einlagenzertifikate sollen vollumfänglich in das Sicherungssystem einbezogen werden.