Chinas Großbanken dürfen hoffen

Gewinne gehen im dritten Quartal deutlich moderater zurück - Risikovorsorge aufgestockt

Chinas Großbanken dürfen hoffen

nh Schanghai – Die weitgehende Überwindung der Coronakrise in China und ein kräftiges Wiederanziehen der heimischen Konjunktur bereitet den zuletzt gebeutelten chinesischen Großbanken neue Hoffnung, relativ bald wieder die gewohnten Ertragszuwächse zu erreichen. Nachdem die führenden, allesamt staatlichen Kreditinstitute des Landes im zweiten Quartal erstmals seit 15 Jahren deutliche Gewinnrückgänge in einer Größenordnung von 20 bis 25 % verkraften mussten, hellt sich das Bild im dritten Quartal bereits wieder auf.Beim Branchenprimus ICBC, dem nach Bilanzsumme weltgrößten Kreditinstitut, verringerte sich der Gewinn nach Steuern in den zurückliegenden drei Monaten mit 79,9 Mrd. Yuan (10 Mrd. Euro) nur noch um 4,6 % gegenüber der Vorjahresperiode. Die Nummer zwei im heimischen Bankenmarkt, die China Construction Bank (CCB), verbuchte einen Gewinnrückgang um 4,1 % auf 68,2 Mrd. Yuan. Ähnlich sieht es bei der in ländlichen Regionen stärker vertretenen Agricultural Bank of China (ABC) aus, deren Nettogewinn sich um 4,6 % auf 56,5 Mrd. Yuan ermäßigte.Erstaunlich positiv schnitt die Bank of China mit einer nur geringfügigen Einebnung des Quartalsgewinns um 1,6 % auf 30,4 Mrd. Yuan ab. Demgegenüber liegt die Nummer fünf des Landes, Bank of Communication, mit einem Gewinn nach Steuern von 16,2 Mrd. Yuan um 6,8 % gegenüber der Vorjahresperiode zurück.Wie aus den am Freitag vorgelegten Zahlenwerken der größten chinesischen Banken hervorgeht, müssen sie weiterhin kräftige Wertminderungsschübe verdauen, die nicht zuletzt auf einer Solidaraktion des staatlichen Bankensektors zur Linderung der Corona-Epidemie fußen. So waren die Institute von der Regierung und den Regulatoren dazu aufgefordert worden, massive Ausreichungen zu günstigen Konditionen an von der Coronakrise gefährdete kleine und mittlere Unternehmen (KMU) im Reich der Mitte zu tätigen, um die Wirtschaft mit ankurbeln zu helfen.Dabei müssen die chinesischen Banken eine Verschlechterung des Bonitätsprofils ihrer Kreditkundschaft in Kauf nehmen, ohne dies in höheren Zinsbelastungen reflektieren zu können. Entsprechend wurden auch die Risikovorsorgeleistungen für notleidende Kredite hochgeschraubt bzw. kräftige Wertabschreibungen vorgenommen. Im Falle der ICBC sowie der CCB manifestiert sich dies in einem geharnischten Anstieg des Impairments im Kreditgeschäft um jeweils 41 % auf 54,3 Mrd. bzw. 49,9 Mrd. Yuan. Die ABC hat die Risikovorsorge um 30 % auf 40 Mrd. Yuan hochgefahren. Glimpflicher weggekommen ist die Bank of China, hier stieg das Impairment nur um 12 % auf 30,4 Mrd. Yuan.In einer Analyse der Citibank heißt es, dass die chinesischen Banken das Gros der schlechten Risiken in Verbindung mit der Coronakrise mittlerweile verarbeitet haben dürften und spätestens im kommenden Jahr wieder deutliche Ertragszuwächse verzeichnen dürften. Insgesamt werde die zweite Jahreshälfte 2020 aber immer noch Gewinnrückgänge in einer Größenordnung von 5 bis 10 % bringen, vermutet wiederum die Investmentbank Jefferies. Kurs-Buchwert-Quote niedrigDie Aussicht, das Gröbste bereits überwunden zu haben, beflügelt auch die Perspektiven für die in diesem Jahr über weite Strecken auf verlorenen Posten stehenden chinesischen Bankaktien. Tatsächlich kam es im Oktober bereits zu einem ersten Anstieg der Kurse der börsennotierten Geschäftsbanken. Nach wie vor aber weisen die chinesischen Kreditriesen kräftiges Erholungspotenzial am Aktienmarkt auf. So stecken ihre Bewertungsrelationen mit einem durchschnittlichen Kurs-Buchwert-Verhältnis von gerade einmal 0,46 noch sehr tief im Keller (s. Grafik). Auch die ICBC verzeichnet gegenwärtig ein Kursniveau auf knapp der Hälfte des Buchwertes.