Clark.de will mit dem Kunden teilen
Schon lange sorgen Fintechs für Aufsehen. Nun schießen sogenannte Insuretechs mit Fokus auf das Versicherungsgeschäft aus dem Boden: Community Life, Friendsurance, Mydiverso oder AppSichern versuchen von der vermeintlichen technologischen Rückständigkeit etablierter Versicherer zu profitieren. Clark.de, eine Plattform, über die Kunden ihre Versicherungsverträge verwalten und auch wechseln können, legt hierbei alle Provisionserlöse offen und setzt sich für die Abschaffung des Provisionsabgabeverbots ein, denn das Start-up möchte 50 % der Courtagen an die Kunden zurückzahlen.Von Franz Công Bùi, FrankfurtDas Thema Digitalisierung treibt Versicherer um. Die Allianz verfolgt mit “Meine Allianz” und “Allsecur.de” seit geraumer Zeit eine Multikanalstrategie. Ergo betreibt das Ergo Digital Lab. Kürzlich hat der Maklerpool JDC die Beratungsapp “allesmeins” herausgebracht. Ein anderer Maklerpool, blau direkt, hat für diesen Monat die App “simplr” angekündigt. Gleichwohl konstatiert Sven Korschinowski, Partner im Bereich Financial Services bei KPMG: “Der Digitalisierungsgrad bei Versicherern ist nicht so hoch wie im Bankenbereich.” Und sein Kollege Peter Heidkamp, Partner und Head of Technology, ergänzt: “Große Versicherer investieren massiv in Digitalisierung, sind jedoch nicht immer agil und flexibel, während mittelständischen Versicherern oft die nötige Kraft fehlt. Somit bleibt Luft für dynamische und schnelle kleinere Anbieter.” Kundenschnittstelle im VisierHier wittern Insuretechs ihre Chance und wollen kundengerechte Beratung per E-Mail, Telefon oder Live-Chat, eine digitale Ablage und Prozesse ohne Medienbrüche anbieten. “Der Hebel für neue Unternehmen im Versicherungsmarkt ist der Kundenkontakt, da traditionelle Versicherer dort vermeintlich eine Schwäche haben. Kaum ein Start-up greift das Kerngeschäft der Versicherer an, sondern setzt drum herum bei der Schnittstelle zum Kunden an”, sagt Heidkamp.Kürzlich sammelte der Versicherungsapp-Anbieter Knip knapp 14 Mill. Euro bei Investoren ein. Kurz zuvor floss dem Start-up GetSafe unter anderem von der Commerzbank-Tochter CommerzVentures ein “höherer Millionenbetrag” zu. Der digitale Versicherungsmakler Clark.de schloss Anfang Oktober eine Finanzierungsrunde ab, bei der über 1 Mill. Euro u.a. von dem bereits investierten Company Builder Finleap sowie Medialeistungen von ProSiebenSat.1 Accelerator zusammenkamen.An den Start ging Clark.de Mitte Juni. Über die Plattform können Kunden ihre Versicherungsverträge verwalten und ändern. Seit dem Launch habe es bereits 600 Registrierungen gegeben, legt Gründer und CEO Christopher Oster im Gespräch mit der Börsen-Zeitung dar. Vor kurzem war das Start-up von der Gründermetropole Berlin nach Frankfurt gezogen, auch, weil hier mehr in der Finanzindustrie ausgebildetes Personal zu finden sei. Der Fokus von Clark.de liegt auf jungen Menschen, die Oster zufolge gut erreicht werden, denn 75 % der Kunden seien unter 35 Jahre alt. Über einen Online-Bedarfscheck mit 15 Fragen zur persönlichen Lebenssituation wird der Versicherungsbedarf analysiert, mit bestehenden Versicherungen des Kunden abgeglichen und es werden Alternativen gesucht. So ließen sich etwa bei Sachversicherungen an die 40 % sparen, erklärt Oster. Zielgruppe unter 35 JahrenClark.de könne Verträge bei 95 % der deutschen Versicherungsunternehmen, also etwa 160, vermitteln. Die großen Versicherer seien an Kooperationen interessiert, denn laut Oster kommen diese an die junge Zielgruppe nicht so gut heran, und die 25- bis 35-Jährigen hätten heute deutlich weniger Verträge abgeschlossen als die gleiche Altersgruppe noch vor zehn Jahren.Dadurch, dass Clark.de keine Ausgaben für Geschäftsstellen oder Dienstwagen hat und die Prozesse weitgehend digitalisiert sind, soll die Kostenstruktur niedrig gehalten werden. Die sich daraus ergebenden Effizienzgewinne sollen direkt an die Kunden weitergegeben werden. Clark.de legt die Provisionserlöse offen und würde gerne 50 % der Provisionen an die Kunden zurückzahlen, doch wegen des geltenden Provisionsabgabeverbots in der Versicherungsbranche sei dies derzeit nicht möglich. Aus Osters Sicht ist es ein Unding, dass man auf Maklerseite nicht preisdifferenzieren darf. Das wäre so, als wenn man Direktbanken verbieten würde, ein kostenloses Konto anzubieten.Doch auch wenn die BaFin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) Verstöße gegen das Verbot nicht ahndet, hat sich Clark vorerst gegen die Weitergabe von Provisionen an den Kunden entschieden. Stattdessen wird das Geld an zehn gemeinnützige Vereine gespendet. Urteil sorgt für FuroreFür Furore sorgte in diesem Zusammenhang ein Urteil des Landgerichts Köln von Mitte Oktober zu Moneymeets, einem Start-up, das seinen Kunden durchschnittlich 10 % der Versicherungsbeiträge als Aktivitätsprämie zurückgibt. Ein Makler und Vorstand der Interessengemeinschaft Deutscher Versicherungsmakler (IGVM) hatte gegen den in den Moneymeets-AGB geregelten vollständigen Beratungsverzicht sowie Haftungsausschluss gegenüber den Kunden und, unter Berufung auf das Provisionsabgabeverbot von 1934, gegen die Weitergabe von Teilen der Versicherungsmaklercourtage an die Kunden Klage eingereicht.In den Punkten Beratungsverzicht und Haftungssauschluss folgte das Gericht der Sicht des Klägers. Hinsichtlich des Provisionsabgabeverbots sah Moneymeets sich jedoch vom LG Köln bestätigt und will auf einer Online-Pressekonferenz am heutigen Dienstag die Konsequenzen des Urteils für die Versicherungsbranche aus ihrer Sicht erläutern.Was etwaige Auswirkungen des Urteils für Clark.de angeht, ist Oster zurückhaltend. Wenn die EU-Vertriebsrichtlinie für Versicherungen IDD (Insurance Distribution Directive) Anfang 2016 in deutsches Recht umgesetzt werde, sei davon auszugehen, dass das Provisionsabgabeverbot zumindest modifiziert werde. Allianz sieht offene FragenAndré Kempf, Referatsleiter Maklerrecht und Vergütung bei der Allianz Lebensversicherungs-AG, erklärt indes, dass sich viele Fragen stellen, etwa, ob es sich bei der Provisionsabgabe um eine Schenkung handele und inwiefern das für den Makler als Betriebsausgabe absetzbar sei. Wenn es keine Schenkung wäre, wäre es dann eine Einnahme beim Kunden, müsse er sie also versteuern und wenn ja, wie? Fraglich sei zudem, wenn ein Unternehmen die Hälfte der Provision abgeben würde, ob es denn mit den restlichen 50 % kostendeckend arbeiten und die Maklerpflichten, also auch die Betreuung des Vertrages, erfüllen könnte. Sollte das nicht der Fall sein, würde dann nicht wettbewerbsrechtlich gesehen ein Produkt unter dem Einkaufspreis dem Kunden angeboten, läge also ein wettbewerbswidriger Verkauf unter Einkauf vor? Aus Sicht der Allianz sei das Provisionsabgabeverbot ein sinnvolles Instrument, weil es dem Verbraucherschutz diene sowie die Beratungsqualität beim Abschluss von Versicherungsverträgen sicherstelle. Es schütze den Verbraucher vor übereilten Vertragsschlüssen sowie vor falschen Anreizen beim Abschluss von Versicherungsverträgen. Geschäftsfeld LizenzierungFür den Fall, dass das Provisionsabgabeverbot irgendwann tatsächlich hinfällig sein sollte, plant Clark.de ein Honorar für die Beratung beziehungsweise eine Gebühr für das Dokumentenmanagement. Bis dahin stünden jedoch andere Projekte an. Das in der jüngsten Finanzierungsrunde gewonnene Kapital soll in die technologische Weiterentwicklung sowie in den Ausbau des Teams fließen. Die Entwicklung einer mobilen App, die Anfang nächsten Jahres auf den Markt kommen soll, stehe ebenfalls auf der Agenda.Oster beziffert das Volumen des deutschen Versicherungsmarktes auf etwa 200 Mrd. Euro, also “fünfmal so groß wie der E-Commerce-Markt und 20mal so groß wie der Smartphone-Markt”. Es gebe kein festgeschriebenes Ziel, doch: “Man kann im Versicherungsmarkt auch schon mit kleinen Marktanteilen eine sehr große Firma aufbauen.”Ein Break-even sei frühestens für 2017 anvisiert. Ein Exit stehe nicht an, denn “man baut eine Company nicht für den Exit”. Zudem würde Clark.de bei einem Verkauf an einen Wettbewerber die Unabhängigkeit als Versicherungsmakler verlieren. Das heiße aber nicht, dass das Start-up sein Asset, die zugrundeliegende Software, nicht einem anderen Unternehmen als Lizenzprodukt oder White-Label-Lösung zugänglich machen könnte. Das sei ein sehr interessantes weiteres Geschäftsfeld, denn hierfür gebe es bereits Interessenten und Gespräche. Allerdings könne es noch dauern, bis entsprechende Verträge zum Abschluss kommen.