Commerzbank hat in der Türkei Milliardenrisiko
bn Frankfurt – Die Commerzbank ist in der Türkei einem Milliardenrisiko ausgesetzt. Vor dem Internationalen Club Frankfurter Wirtschaftsjournalisten (ICFW) erklärte ihr Vorstandsvorsitzender Martin Zielke am Donnerstag, das Engagement dort bewege sich in einer überschaubaren Größenordnung von 0,6 % des Geschäftsvolumens. Bei einer konzernweiten Forderungshöhe bei Ausfall (Exposure at Default/EaD) von 430 Mrd. Euro laut Zwischenbericht per Ende Juni entspricht diese Größenordnung einem Volumen von rund 2,5 Mrd. Euro – so viel hat die Bank vor Steuern in den beiden vergangenen zweieinhalb Jahren nicht verdient. Am Bosporus ist das Institut vor allem im Zuge der Handelsfinanzierung engagiert, wie Zielke erklärte. Dabei handele es sich um jeweils recht kurzfristige Positionen, relativierte er. In Mittel- und Osteuropa beträgt das Exposure insgesamt 41 Mrd. Euro, in Asien 32 Mrd. Euro, wie im Zwischenbericht zu lesen ist: “Vor dem Hintergrund der aktuellen geopolitischen Entwicklungen werden Volkswirtschaften wie Russland, Türkei und China eng beobachtet”, heißt es dort. In Russland stehen demnach 2,8 Mrd. Euro im Feuer, in China 7,5 Mrd. Euro. Inwieweit die Positionen in den drei Ländern besichert sind, dazu äußert sich die Bank im Zwischenbericht nicht.Der Verfall der türkischen Lira hatte in den vergangenen Tagen Sorgen um Forderungsausfälle in der Türkei sowie Angst vor einer Ansteckung weiterer Schwellenländer geschürt. Aktien von Banken mit hohen Exposures in der Türkei waren unter Druck geraten. Die Türkei-Risiken der Commerzbank entsprechen rund 11 % ihres harten Kernkapitals. Im Falle der spanischen Großbank BBVA, die über ihre Beteiligung an der Garanti Group am Bosporus sehr stark engagiert ist, beträgt dieser Quotient 195 %.Den Beschluss, künftig auf den von der Tochter Comdirect entwickelten Robo-Advisor Cominvest zu setzen und Pläne eines eigenen Robo-Angebots zu begraben, stellte Zielke als Resultat üblichen Managements dar. Man schaue sich immer verschiedene Optionen an und lasse mitunter mehrere Angebote eine Zeit lang im internen Wettbewerb laufen. Es gebe aber immer einen Punkt, an dem die Frage zu stellen sei, ob es nicht besser sei, diese Angebote auf einer Plattform zusammenzuführen. Im Juli hatte die Bank mit einem Blog-Eintrag deutlich gemacht, dass sie Interessenten nur mehr an den digitalen Vermögensverwalter Cominvest vermitteln werde. Im August vergangenen Jahres hatte Michael Kohl, Direktor und Bereichsleiter Produktmanagement Vermögensverwaltung, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung noch ein weiteres digitales Assetmanagement-Angebot der Bank angekündigt. Dieses sollte “nicht nur rein quantitativ” aufgebaut sein, sondern auch eine qualitative Komponente der Beratung umfassen. Was Pläne für eine internationale Online-Bank angeht, ließ sich Zielke, wie schon in der vergangenen Woche Finanzvorstand Stephan Engels bei der Präsentation von Halbjahreszahlen, nicht aus der Reserve locken. Es sei noch keine Entscheidung gefallen, erklärte er. Presseberichten zufolge entwickelt die Bank unter dem Projektnamen “Copernicus” seit Monaten bei ihrer Tochter MBank im polnischen Lodz sowie in Frankfurt eine digitale Plattform, die sich an Kunden in der EU richten soll.