Digitalzentren

Commerzbank öffnet am Samstag

Die Commerzbank ersetzt einen Teil der 550 aufgegebenen Filialen durch digitale Beratungszentren mit einem eigenen Haustarif. Geplant sind Samstagsarbeit und höhere Homeoffice-Quoten.

Commerzbank öffnet am Samstag

Von Anna Sleegers, Frankfurt

Die von den Filialschließungen der Commerzbank betroffenen Beschäftigten müssen sich in den kommenden Wochen entscheiden, welche Jobalternativen sie sich im Konzern vorstellen können. Dafür flattern denjenigen der zuletzt rund 28 000 Beschäftigten, die keine Altersteilzeit oder Frühruhestandsregelung unterschrieben haben, in diesen Tagen ein mehrseitiger Fragebogen zur Präferenzabfrage ins Haus, die in der Zeit vom 4. bis 26. April laufen soll.

Dass nicht nur die rund 2 200 Beschäftigten, deren Filiale bis Jahresende dichtgemacht wird, aufgerufen sind, sich Gedanken über ihre berufliche Zukunft innerhalb des Konzerns zu machen, wertet man auf der Arbeitnehmerseite als Verhandlungserfolg. Die Idee dabei: Wenn jede und jeder die Gelegenheit hat, sich nach eigenen Vorstellungen beruflich zu verändern, werden eventuell Stellen frei, die für andere interessant sind, deren Stellen durch die Restrukturierung wegfallen.

Doch damit die im Rahmen der strategischen Neuausrichtung ausgerufene Digitalisierungsoffensive im Privatkundengeschäft mit Leben gefüllt wird, dürfte die Commerzbank ein Interesse daran haben, dass möglichst viele Beschäftigte aus der Filiale in die neuen Digitalzentren wechseln, die vom dritten Quartal an bis Jahresende flächendeckend mit insgesamt 800 bis 1000 Beschäftigten in Betrieb genommen werden sollen. Angesichts des laufenden Jobabbaus geht das Institut davon aus, die Stellen komplett aus den eigenen Reihen besetzen zu können­.

Bereits im vergangenen Herbst an den Start gegangen sind die drei Pilotzentren in Düsseldorf, Quickborn und Berlin mit jeweils bis zu 100 Beschäftigten. In den kommenden Monaten sollen neun weitere Standorte eröffnet werden, darunter ein weiterer mit rund 100 Beschäftigten in Frankfurt und acht kleinere Standorte mit jeweils etwa 50 bis 75 Beschäftigten in Hannover, Mannheim, Leipzig/Halle, Köln, Nürnberg, München, Stuttgart und Dresden sowie eines bei der Konzerntochter CDS in Duisburg. Für die Standorte stellt die Commerzbank nach eigenen Angaben einen Bestandsschutz bis Ende 2027 in Aussicht. Einen Schutz vor betriebsbedingten Kündigungen gewährt sie dagegen nicht.

Nach früheren Angaben der Commerzbank wird das Angebot von Kunden positiv aufgenommen (vgl. BZ vom 17. Februar). Auch die Beschäftigten der Pilotzentren sind dem Vernehmen nach zufrieden mit ihrem neuen Arbeitsplatz. Ob sich das eins zu eins auf die Beraterinnen und Berater sowie die Servicekräfte übertragen lässt, die in der Provinz wohnen und wegen der Schließung der lokalen Filiale kaum eine andere Perspektive haben, als in das nächstgelegene digitale Beratungszentrum zu wechseln, kann mit einem Fragezeichen versehen werden.

Nicht jeden Tag im Büro

Zumindest müssen sie nicht jeden Tag ins Büro kommen, das in den allermeisten Fällen weiter entfernt vom Wohnort sein dürfte als die Filiale. Nach Angaben eines Commerzbank-Sprechers haben die Beschäftigten der Digitalzentren in Absprache mit ihren Vorgesetzten die Möglichkeit, bis zu 70 % der Arbeitszeit von zu Hause aus zu arbeiten. In der übrigen Bank liegt diese Grenze bei 50 %, einen Anspruch darauf gibt es auch konzernweit nicht.

Beim Wechsel ins Digitalzentrum müssen die Beschäftigten jedoch auch einige Kröten schlucken. So müssen die Fahrtkosten ins Büro selbst getragen werden und die Fahrtzeit gilt nicht als Arbeitszeit. Je nach Wohnort kann da einiges zusammenkommen, selbst wenn es im Schnitt nur um zwei Bürotage pro Woche geht. Und auch die Samstagsarbeit, gegen die sich die Filialmitarbeiter stets vehement gewehrt haben, kommt.

Dabei setzt das Institut zunächst auf Freiwilligkeit. Der Haustarifvertrag sieht einen steuerpflichtigen Zuschlag von 25 % und einen Ausgleichstag in der jeweiligen Woche vor, so dass es bei der Fünf-Tage-Woche bleibt. Für jeweils fünf Dienste kommt nach Angaben eines Sprechers ein zusätzlicher freier Tag hinzu. Wenn die Samstagsdienste nicht verteilt werden können, müssen sich die Beschäftigten jedoch darauf einstellen, von ihren Vorgesetzten dafür eingeteilt zu werden.

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