Quartalsbericht

Commerzbank setzt neue Prioritäten

Nach dem unerwartet starken ersten Halbjahr stellt sich die Commerzbank auf rauere Zeiten ein. Erfreulicherweise verliert das Management dabei die Interessen der Aktionäre nicht aus dem Blick.

Commerzbank setzt neue Prioritäten

Kann die Commerzbank Dividendentitel? Langjährige Aktionäre dürften daran ihre Zweifel haben. Wertberichtigungen, aus dem Ruder gelaufene Kosten, Rückzahlungen von Staatshilfen, ausgebliebene Zinswende, Abfindungsprogramme – irgendwas war immer, wenn es darum ging, die Eigentümer am Geschäftserfolg teilhaben zu lassen. Irgendjemand anderes kam immer zuerst dran: mal die Vorstände mit ihren Gehaltsforderungen und persönlichen Eitelkeiten, mal die Beschäftigten, mal die Politik mit ihren Befindlichkeiten. Anteilseigner, so schien es, waren vor allem da, um die in der Regel zu knapp oder zu optimistisch berechneten Visionen des Managements zu beklatschen. Und natürlich, um die Spesen zu tragen, wenn die Ziele kassiert werden.

Auch in diesem Jahr steht dem Institut, das wie kaum ein anderes vom Wohl und Wehe des deutschen Mittelstands abhängig ist, eine Be­währungsprobe bevor. Sollte es wirklich zum einem Stopp der russischen Gaslieferungen kommen, wäre eine tiefe Rezession die Folge, die einigen Firmenkunden der Commerzbank das Genick brechen dürfte. Das Management tut daher gut daran, die Bestätigung ihrer Ge­schäftsprognosen für das laufende Jahr unter den Vorbehalt zu stellen, dass dieser Fall nicht eintritt und auch das leidige Thema der Franken-Kredite ihrer polnischen Tochter keine weitere unschöne Wendung nimmt.

Doch im Gegensatz zu früheren Zeiten hat die Planung des Instituts Luft für Unvorhergesehenes. Etwa bei der Ausgestaltung der Kreditrisikovorsorge, bei der die Commerzbank mit einem sogenannten Top Level Adjustment (TLA) operiert. Dieser Rückstellungsposten, den man übersetzen könnte mit „Anpassung auf oberster Ebene“, bezieht sich nicht, wie das übrige Risikoergebnis, auf potenzielle Belastungen, die bereits begonnen haben, sich zu materialisieren. Das TLA soll vielmehr die Risiken abdecken, die erst entstehen können, wenn sich die Welt anders entwickeln sollte als vom Management erhofft.

Dieser zusätzliche Puffer, mit dem die Commerzbank bereits den schwer abschätzbaren Folgen der Pandemie durchaus souverän zu be­gegnen verstand, schafft Spielraum, gerade in Zeiten, in denen sich die globalen Krisen die Klinke in die Hand zu geben scheinen. So hat die Commerzbank bereits mehr als eine halbe Milliarde Euro als TLA gebucht, um die potenziellen Folgen einer konjunkturellen Abkühlung abzufedern. Dreht Russland den Gashahn tatsächlich zu, würde dies im Szenario der Bank eine zu­sätzliche Belastung von 500 bis 600 Mill. Euro verursachen, für die sie weitere Rückstellungen bilden würde. Dem gegenüber stehen positive Ertragseffekte aus den steigenden Zinsen, die in der bisherigen Ge­schäftsplanung zum Glück keine Rolle gespielt haben. Unter dem Strich scheinen die Dividendenpläne selbst dann nicht ganz vom Tisch zu sein, wenn es faustdick für die deutsche Wirtschaft kommt. Die traditionell stets nach innen gerichtete Prioritätensetzung der Commerzbank gehört offenbar der Vergangenheit an.

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