Aufsichtsratssitzung könnte CEO-Wechsel beschließen

Commerzbank stellt die Weichen auf ihrer Strategietagung

Die Commerzbank muss sich für einen Abwehrkampf gegen die Unicredit rüsten. Auf der Aufsichtsratssitzung am kommenden Mittwoch könnten Beschlüsse dafür gefasst werden. CEO-Kandidatin Bettina Orlopp hat schon erklärt, sie wünsche sich, dass der Bund eine längere Pause bei den Anteilsverkäufen einlegt.

Commerzbank stellt die Weichen auf ihrer Strategietagung

Wenn die Commerzbank Mitte kommender Woche zu ihrer routinemäßigen Strategietagung zusammenkommt, dann wird sie sich mit einem Tagesordnungspunkt befassen müssen, der so gar nichts von Routine hat. Denn angesichts der schwelenden Unicredit-Offerte muss sich die Frankfurter Großbank für einen Abwehrkampf rüsten, sollte das im Raum stehende Angebot von Unicredit-CEO Andrea Orcel nicht auf Gegenliebe stoßen.

Orcel hatte seine Ambitionen am Dienstag jedenfalls unterstrichen, als via Bloomberg durchsickerte, dass sich ein Antrag bei der EZB-Bankenaufsicht in Vorbereitung befindet, der eine Aufstockung auf bis zu 30% vorsieht. Damit wäre am oberen Ende die Schwelle für ein Pflichtangebot erreicht.

Das ist aus mancherlei Gründen bedeutsam: Zunächst mal würde Berlin damit die Pistole auf die Brust gesetzt, sich zu bekennen, ob Unicredit willkommen ist als Commerzbank-Mehrheitseigentümer oder nicht. Bezüglich der Interpretation, ob Unicredit sich ordnungsgemäß bei der Aktienauktion verhalten hat oder nicht, herrscht jedenfalls schon mal ein gewisser Dissens zwischen Mailand und Berlin. Das muss aber kein Dealbreaker sein, wenn Orcel nun zu einem vernünftigen Dialog mit der Commerzbank kommt.

Dem Kapitalmarkt die eigene Stärke zeigen

Kommt der EZB-Antrag bis kommenden Dienstag oder Mittwoch, dann könnte die Commerzbank im Rahmen ihrer Strategietagung schon etwas konkreter werden in ihrer Positionierung pro Eigenständigkeit - auch wenn man ohne Offerte noch nicht zum Kern der Sache, der Bewertung, Stellung nehmen kann. Aber man kann die Vorzüge der eigenen Strategie mit einem Update garnieren und ins Schaufenster stellen, um die Stärke einer eigenständigen Commerzbank dem Kapitalmarkt vor Augen zu führen.

Die Ziele für den Zeitraum bis 2027 wurden vor genau einem Jahr im firmeneigenen Tagungszentrum, das im pittoresken Glashütten vor den Toren Frankfurts liegt, erarbeitet und dann im November 2023 präsentiert.

Die Kernpunkte: Angestrebt werden eine Eigenkapitalrendite (RoTE) von 11,5% (derzeit: 7,9%) bei einer auf 13,5% (derzeit: 14,9%) leicht niedrigeren Kernkapitalquote sowie eine Cost-Income-Ratio von 55% (derzeit: 60,1%) und ein Konzernergebnis von 3,4 Mrd. Euro. Und das alles nach Dividenden und Aktienrückkäufen des „Kapitalrückgabeplans“. Ende Oktober dürfte eine weitere Tranche Aktienrückkäufe im Volumen von 600 Mill. Euro starten.

Kommt ein schneller CEO-Wechsel?

Neben den strategischen Themen könnte in der die Tagung begleitenden Aufsichtsratssitzung auch ein damit verbundenes Personalthema auf die Agenda rücken: Da Manfred Knof ein outgoing CEO mit Vertragsende 2025 ist, könnte der Aufsichtsrat versucht sein, eine schnelle Nachfolge auf den Weg zu bringen. Knof ist in seiner Position eine lame duck- und so kann es doch angeraten sein, eine Person auf den Chefsessel zu setzen, die diese Aufgabe mit einer langfristigen Perspektive übernimmt - und eigene Duftmarken setzt.

Identifikationsfigur Orlopp

Üblicherweise werden interne und externe Kandidaten gegeneinander abgewogen, aber hier gibt es eine naheliegende Lösung: Mit CFO Bettina Orlopp steht eine für den Job qualifizierte Kandidatin bereit, die den Konzern auch über 2027 hinaus führen könnte. Zudem taugt sie als Identifikationsfigur für einen eventuellen Abwehrkampf: Als Eigengewächs verkörpert Bettina Orlopp die Commerzbank wie keine andere - und hinter ihr könnte sich die Belegschaft versammeln. Eine solche Geschlossenheit kann viel bewirken. Und Orlopp hat bereits erklärt, sie wünsche sich, dass der Bund zunächst mal auf weitere Aktienverkäufe verzichtet, sodass ein wenig Ruhe einkehren könne.

Beim Buchwert auf Augenhöhe mit der Paribas

Das scheint aber mehr ein frommer Wunsch zu sein, macht Orcel doch derzeit Druck, um möglichst schnell ans Ziel zu gelangen. Andererseits kann er auch taktieren und eine Offerte hinauszögern. Was dürfte ihm die Commerzbank wert sein? Bei dem derzeitigen Kurs von 15,535 Euro - allein vergangene Woche hatte das Papier um mehr als 20% angezogen - beträgt die Marktkapitalisierung 18,4 Mrd. Euro. Euro.

Im aktuellen Research der DZ Bank wird herausgestellt, dass der Buchwert je Aktie 25,20 Euro beträgt. Für weniger möchte man eigentlich nicht seine Anteile an einer Bank verkaufen, die ihre Kapitalkosten verdient. Das Kurs-Buchwert-Verhältnis ist mit 0,62 aber gar nicht so übel im europäischen Vergleich und liegt auf Augenhöhe zum Beispiel mit der BNP Paribas und der Santander - während die Deutsche Bank mit 0,39 so ziemlich das Schlusslicht bildet.

Wie viel finanziellen Spielraum hat Unicredit?

Außerdem muss ein strategischer Käufer wie die Unicredit eine Übernahmeprämie zahlen - was dem Bund in der Auktion misslang und womit dem Steuerzahler Schätzungen zufolge rund 300 Mill. Euro durch die Lappen gingen. Da hat die Unicredit zwar gespart, aber ihr Finanzprofil gibt so viel auch nicht her für eine volle Akquisition: J.P. Morgan zufolge kann Unicredit maximal 20% gegenüber dem derzeitigen Niveau drauflegen beim Preis. Das Überschusskapital von Unicredit beträgt Schätzungen von Goldman Sachs zufolge knapp 9 Mrd. Euro.

Die Italiener wollen aber auch weiter Überschusskapital an ihre Anteilseigner auszahlen. Das heißt, sie könnten im Grunde bestrebt sein, nicht den ganzen Happen auf einmal zu schlucken - außer es ließe sich der sogenannte Badwill aus einer solchen Transaktion aktivieren. Das wäre der Abschlag zum Buchwert des Eigenkapitals in der Transaktion, und der könnte dann bei Anerkennung durch die EZB-Bankenaufsicht durch die Gewinn- und Verlustrechnung des Käufers laufen.

Was man außerdem auf dem Schirm haben muss: Der Deutschen Bank wird nachgesagt, dass sie mit einem Anteilserwerb bei der Commerzbank liebäugelt, der gerade groß genug ist, um der Unicredit das Leben schwer zu machen. Mit einem gewissen Anteil könne die Deutsche zumindest bei der weiteren Entwicklung mitreden und sie besäße verschiedene strategische Optionen, so DZ-Bank-Analyst Philipp Häßler. Der macht auf einen weiteren wichtigen Aspekt aufmerksam: „Ein Anteilsaufbau durch die Deutsche Bank hätte für den Bund den Charme, dass eine Übernahme erschwert bzw. verhindert würde, ohne dass sie eine solche verbieten müsste.“

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