Commerzbank überrascht positiv

Operative Erträge verbessern sich leicht - Das Ertragsziel für 2020 wird indes kassiert - Ratenkreditgeschäft bleibt hinter Plan zurück

Commerzbank überrascht positiv

Die Commerzbank erfreut die Aktionäre mit ihren Quartalszahlen. Zwar hat der Konzern manche Baustelle, und für das übernächste Jahr ausgerufene Ziele wackeln zunehmend. Zugleich aber kommen die operativen Erträge voran, was Hoffnungen nährt, dass die Wachstumsstrategie grundsätzlich aufgeht. Von Bernd Neubacher, FrankfurtDie Commerzbank hat am Donnerstag die Anleger mit ihren Zahlen zum dritten Quartal überzeugt. Ungeachtet eines Gewinneinbruchs sowie eines prozentual zweistelligen Ertragsknicks binnen Jahresfrist überbietet die Bank sowohl mit ihrem Ertrag als auch mit ihrem Ergebnis die Erwartungen des Marktes. Operativ hat der Konzern im dritten Quartal mit 331 Mill. Euro verdient, 16 Mill. Euro mehr als erwartet, nach 623 Mill. im Vorjahreszeitraum. Zwar kassierte das Management das im Zuge der Strategie “Commerzbank 4.0” präsentierte Ertragsziel von mindestens 9,8 Mrd. Euro im Jahr 2020, auch schwächelt die Firmenkundensparte weiterhin. Dennoch zog der Aktienkurs am Donnerstag deutlich an. Im GleichschrittDie Anleger honorierten damit Fortschritte bei den operativen Erträgen: Erstmals im laufenden Jahr sind Zins- und Provisionsüberschuss des Konzerns binnen Jahresfrist im Gleichschritt vorangekommen, und dies jeweils stärker als im Markt erwartet. Dies gibt Hoffnungen Nahrung, dass sich die aggressive Wachstumsstrategie der Bank auszahlen wird. Mit 2,193 Mrd. Euro hat die Bank im dritten Quartal insgesamt zwar 12,4 % zwar weniger eingenommen als vor Jahresfrist (siehe Tabelle). Die Markterwartung hat das Institut damit dennoch um rund 40 Mill. Euro überboten – Immobilienverkäufe, die Veräußerung von Concardis sowie die Auflösung des Ratenkredit-Joint-Ventures mit BNP Paribas hatten im dritten Quartal 2017 Sondererträge von rund 500 Mill. nach sich gezogen.Außerordentliche Erträge herausgerechnet, haben die Einnahmen der Bank im dritten Quartal binnen Jahresfrist um knapp 9 % zugelegt. Commerzbank-Chef Martin Zielke erklärt: “Wir haben unsere bereinigten Erträge gesteigert und gewinnen stetig neue Kunden. Das zeigt, dass unsere Strategie richtig ist.”Wichtige, im Zuge der Strategie für 2020 ausgerufene Ziele wackeln gleichwohl. So kassierte Finanzvorstand Stephan Engels am Donnerstag in einer Telefonkonferenz mit Journalisten das Ziel, 2020 Erträge von mindestens 9,8 Mrd. Euro auszuweisen. Man habe das Ziel überprüft und werde “voraussichtlich leicht darunter bleiben”, sei aber dennoch zuversichtlich, dass sich die Strategie auszahle, erklärte er. Analysten gingen im Konsens schon zuvor von Einnahmen von nur knapp 9,2 Mrd. Euro aus. Tatsächlich dürften die Erträge Engels zufolge höher ausfallen als die Konsensprognose. Bei der Präsentation der Zahlen für das zweite Quartal war das Institut bereits vom konzernweiten Kostenziel sowie vom Ertragsausblick für das Firmenkundengeschäft abgerückt. Risiken haben zugenommenDas weltpolitische Klima ist derzeit keine Hilfe. Die Risiken für den kurzfristigen Ausblick auf das bankgeschäftliche Umfeld seien “in den vergangenen Monaten weiter gestiegen”, hält die Bank im Zwischenbericht fest. Vor allem die Verschärfung des Handelskonflikts zwischen USA und China sowie die wachsende Gefahr, dass die Auseinandersetzung ideologisiert werde, könnte die ohnehin schon beeinträchtigten Handelsströme zusätzlich belasten. Hinzu kämen Turbulenzen in einigen Schwellenländern, ein nur zögerliches Voranschreiten der Brexit-Verhandlungen, Kaufkraftentzug durch gestiegene Energiepreise und eine anhaltende latente Gefahr, dass Investoren ihr Vertrauen in die Stabilität der italienischen Staatsfinanzen verlieren. Ertragsanstieg adeIm Firmenkundengeschäft hat die Bank allerdings nicht nur mit der politischen Großwetterlage, sondern nach einer Neusegmentierung mit weitaus spezifischeren Problemen wie den Folgen des Zinstiefs sowie heftiger Konkurrenz zu kämpfen. Im dritten Quartal hat die Sparte ihren Zinsüberschuss binnen Jahresfrist zwar um 6 % auf 441 Mill. Euro ausgebaut, was die Analysten von UBS als Ursache für die positive Ertragsüberraschung im Konzern vermuten.Die Erträge aber sind ungeachtet einer Auflösung von Rechtsrückstellungen bereinigt wie unbereinigt infolge eines schwächeren Fair-Value-Ergebnisses um 6 % bzw. 5 % auf 903 Mill. bzw. 918 Mill. Euro gefallen. Risikokosten und Verwaltungsaufwand zogen derweil leicht an. In der Sparte erscheine eine Steigerung der Erträge im laufenden Jahr nicht mehr erreichbar zu sein, erklärte Engels und bezeichnete das dritte Quartal als guten Indikator für die letzten drei Monate dieses Jahres.Das Wachstum des Kreditvolumens in der Firmenkundensparte verlangsamte sich. Im zweiten Quartal hatte die Sparte ihr zuvor stagnierendes Kreditvolumen noch um 3 Mrd. Euro gesteigert, auch indem sie Kreditzinsen für die Dauer der ersten sechs bis neun Monate der Laufzeit kurzerhand halbiert hatte. Im dritten Quartal baute sie das Volumen um nurmehr 1 Mrd. Euro auf 81 Mrd. aus. Für das Gesamtjahr hatte sie sich mehr als 80 Mrd. Euro vorgenommen. Seitenhieb auf KonkurrenzDie Ertragsentwicklung hänge nicht nur vom Neugeschäft, sondern auch vom Bestand ab, antwortete Finanzvorstand Engels am Donnerstag auf die Frage nach den Perspektiven der Sparte. Die Commerzbank ist demnach vom Abschmelzen höher verzinster Kredite im Bestand stärker getroffen als Wettbewerber. Die durchschnittliche Laufzeit der Kredite sei kürzer gefasst worden sei als andernorts. Daher laufe das “Back Book”, also der Altbestand, schneller durch als im Rest des Marktes. Überdies bremse ein enges Risiko- und Compliance-Korsett. Dieses habe sich ausgezahlt, wie sich mit Blick auf manche Wettbewerber in Europa feststellen lasse, fügte Engels offenbar in Anspielung auf Danske Bank und ING hinzu. Beide müssen hohe Strafen wegen Geldwäschevergehen aufbringen.Für die Commerzbank stehe die Kundenbeziehung im Vordergrund. Daher gelte es, in einem anspruchsvollem Marktumfeld dranzubleiben und wie geplant das Wachstum im Segment kleinerer Firmenkunden zu forcieren. Erkennbar besser ist es im dritten Quartal in der zweiten operativen Konzernsparte Privat- und Unternehmerkunden gelaufen, auch wenn der Basiseffekt durch Sondererträge 2017 dafür sorgte, dass das Vorsteuerergebnis um knapp 200 Mill. auf 188 Mill. Euro eingebrochen ist. Die bereinigten Erträge dort haben binnen Jahresfrist um 9 % angezogen, der Zinsüberschuss um 11 % und der Provisionsüberschuss um 9 %. Nach Akquise von netto rund 117 000 Neukunden im dritten Quartal und damit nunmehr 900 000 seit Oktober 2016 sei die Bank auf gutem Wege, ihr Ziel von 1 Million Nettoneukunden bis Ende 2018 zu erreichen, heißt es. Bis Ende 2020 sollen es 2 Millionen sein. Zur Neukundenakquise im dritten Quartal trugen die Filialen und die Tochter Comdirect zu gleichen Teilen bei, erläuterte Engels. Erwartungen gesenktZugleich musste der Finanzvorstand mit Blick aufs Privatkundengeschäft vom Konzern selbst geweckte Erwartungen heruntermanagen. So wachse die Commerzbank im Geschäft mit Ratenkrediten, das sie nach Auflösung eines Joint Ventures mit BNP Paribas im vergangenen Jahr nunmehr alleine betreibt, nicht so schnell wie geplant. Damals waren rund 300 000 Kundenverträge mit einem Ratenkredit-Portfolio von insgesamt rund 3,5 Mrd. Euro auf die Commerzbank übergegangen. Derzeit kommt die Bank dort auf ein Kreditvolumen von gerade einmal 3,6 Mrd. Euro. Bei Übernahme der Aktivitäten hatte sich das Institut ein Neugeschäftsvolumen von bis zu 6 Mrd. Euro vorgenommen.Derweil sind auch die für Ende 2020 ausgerufenen Kosten- und Rentabilitätsziele des Konzerns noch ein gutes Stück entfernt. Im September 2016 hatte sich die Bank für Ende 2020 eine Aufwandsquote von maximal 66 % sowie eine materielle Eigenkapitalrendite von mindestens 6 % vorgenommen. Momentan liegt die Aufwandsquote im operativen Geschäft bei 80,5 % und die aufs Jahr hochgerechnete Eigenkapitalrendite bei 4,0 %. Keine Eile wegen Basel Für die geplante Zahlung einer Dividende für 2018 von 20 Cent je Aktie hat das Haus im Neunmonatsergebnis 15 Cents je Aktie abgegrenzt. Zum Interesse der Commerzbank an der Nord/LB wollte sich Engels nicht äußern. Was die Notwendigkeit angeht, sich mit Blick auf den Abschluss von Basel III ein Kapitalpolster zuzulegen, gab Engels sich entspannt. Die Einführung des Regelwerks erstrecke sich bis ins Jahr 2027. Zudem sei die Art der Umsetzung in Gesetze noch unsicher. Sobald das Institut mit einer gewissen Belastbarkeit abschätzen könne, wie sich die künftigen Regeln auswirken, bleibe noch genug Zeit, um das Geschäftsmodell gegebenenfalls anzupassen.—– Wertberichtigt Seite 8