Hedgefonds sichert sich Stimmrechte

Commerzbank-Drama zieht US-Spekulanten an

Der Übernahmekrimi um die Commerzbank gewinnt auch an der Wall Street an Aufmerksamkeit. Der Hedgefonds DE Shaw dürfte laut Analysten nicht der letzte Spekulant bleiben, der sich für Arbitragechancen aus einem möglichen Merger mit der Unicredit interessiert.

Commerzbank-Drama zieht US-Spekulanten an

Commerzbank-Drama zieht US-Spekulanten an

Hedgefonds DE Shaw bringt sich als Merger-Arbitrageur in Stellung – Jefferies unterstützt Unicredit

xaw zzt. Las Vegas

Der Krimi um eine mögliche Akquisition der Commerzbank durch die italienische Unicredit ruft Spekulanten auf den Plan. Nachdem sich der US-Hedgefonds DE Shaw über Finanzinstrumente wie Swaps und Call-Optionen Zugriff auf mehr als 5% der stimmberechtigten Anteile des Frankfurter Geldhauses gesichert hat, gewinnt das europäische Übernahmedrama auch an der Wall Street an Aufmerksamkeit. Zuvor war mit Jefferies bereits eine weitere neue Figur aus Amerika auf die Bühne getreten: Die New Yorker Investmentbank hält gemäß Pflichtmitteilungen seit dem 18. Oktober 5,33% der stimmberechtigten Anteile an der Commerzbank, wobei sie ebenfalls über den Derivatemarkt aktiv wurde.

Jefferies agiert dabei im Auftrag von Unicredit, wie die Italiener in einer Pflichtmitteilung bestätigten. Ein Teil der gemeldeten Put- und Call-Optionen des US-Hauses wird indes in Cash gesettelt und soll damit nicht unbedingt dazu dienen, die Beteiligung der Mailänder Bank am deutschen Geldhaus aufzustocken, sondern den Großaktionär vielmehr gegen mögliche Kursverluste absichern. Denn Unicredit-CEO Andrea Orcel hat sich offengehalten, die Anteile an der Commerzbank wieder zu veräußern – für den Fall, dass der Übernahmeversuch scheitert.

Investor legt Karten offen

DE Shaw wollte sich auf Anfrage hingegen nicht dazu äußern, welche Interessen sie bei der Commerzbank verfolgt. Allerdings legt die Investmentfirma ihre Karten als Merger-Arbitrageur offen, sucht also wohl von der hektischen Nachrichtenlage rund um den angepeilten Deal und resultierende Kurseffekte zu profitieren – und bringt sich laut Analysten auch als möglicher Partner einer der beiden Seiten im Übernahmedrama ins Spiel. Auch die Commerzbank wollte sich auf Anfrage nicht zum Einstieg des Finanzinvestors äußern.

Der vom Informatiker David Elliot Shaw, einem Pionier des quantitativen Hochfrequenz-Trading, gegründete Hedgefonds verfügt nach eigenen Angaben über mehr als 60 Mrd. Dollar an verwalteten Mitteln und Investitionszusagen. Ein großer Teil liegt in Alternatives, daneben setzt DE Shaw auf Equity-Long-Strategien – sucht also nach unterbewerteten Aktien, die sie später mit hohen Kursgewinnen verkaufen kann. Die in New York ansässige Firma, die auch Büros in London, Luxemburg und in mehreren asiatischen Großstädten unterhält, expandierte über Jahre stark in Indien, hat ihre dortigen Private-Equity-Beteiligungen in der vergangenen Dekade aber deutlich zurückgefahren.

Unglückselige Partnerschaften

International bekannt ist DE Shaw auch durch ihre strategische Partnerschaft mit Bank of America aus der Zeit vor der Jahrtausendwende, die der US-Großbank im Zuge der russischen Finanzkrise Verluste von mehreren 100 Mill. Dollar aus Fixed-Income-Positionen und Belastungen durch Aktionärsklagen einbrachte. Firmengründer Shaw gab die Kontrolle über das Tagesgeschäft bei dem Hedgefonds bereits 2002 an ein Exekutivkomitee ab und veräußerte 2007 einen Anteil von 20% an DE Shaw an die kurz darauf kollabierte Lehman Brothers. Später kaufte das Family Office des ehemaligen Google-Chefs Eric Schmidt die Beteiligung aus der Insolvenzmasse von Lehman.

Gründer Shaw ist bei seinem Hedgefonds bei großen strategischen Entscheidungen nach Firmenangaben aber noch involviert. Bei der Commerzbank wird sein Haus in einem äußerst aufgeheizten Umfeld aktiv. Das Frankfurter Geldhaus will sich seine Unabhängigkeit bewahren, nachdem die Unicredit im September 9,5% der Anteile an der deutschen Konkurrentin erwarb und sich über Derivate Zugriff auf weitere 11,7% sicherte. Vorbehalt für die Ausübung ist eine Freigabe der EZB, bei der die Italiener eine Aufstockung auf bis zu 29,9% beantragt haben. Ab der Schwelle von 30% wäre ein Pflichtangebot an alle Aktionäre fällig.

Unicredit-Chef Orcel hat mehrfach versichert, keine feindliche Übernahme zu planen, hebt zugleich aber wiederholt die Vorteile einer Fusion hervor. Durch eine Kombination der Institute sei es möglich, Synergien zu heben sowie „die Dynamik im sehr zersplitterten deutschen Bankenmarkt zu ändern und dem Mittelstand bessere Leistungen anzubieten“.

Dabei argumentiert Orcel auch mit Erfolgen nach der Übernahme der Hypovereinsbank (HVB) durch die Unicredit 2005. Das Münchner Institut ist unter italienischer Kontrolle zwar ertragsstärker geworden, hat aber auch im großen Stil Personal abgebaut und Filialen geschlossen.

Commerzbank auf Abwehrkurs

Die Commerzbank verweist indes auf ihre Bedeutung als Mittelstandsbank, die ihre Eigenständigkeit aus Standortüberlegungen wünschenswert mache. Die im Sommer an die Vorstandsspitze aufgerückte Bettina Orlopp hielt Orcel, der die Fragmentierung im europäischen Bankenmarkt als Wachstumshindernis bezeichnet hatte, zudem entgegen, für eine erfolgreiche grenzüberschreitende Konsolidierung sie zunächst eine Vollendung der Bankenunion nötig.

Auch auf Seiten des Bundesregierung hält sich Widerstand gegen den angepeilten Deal. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bezeichnete die Methoden der Unicredit beim Ausbau ihrer Commerzbank-Beteiligung als „unfreundlich“. US-Hedgefonds, die im Übernahmekrimi mitmischen wollen, müssen sich also auf Unwägbarkeiten einstellen. Gerade aufgrund des unabsehbaren Ausgangs erwarten Analysten allerdings, dass DE Shaw nicht der letzte Spekulant bei der Commerzbank bleiben wird.

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