Corona facht Konsolidierung unter Banken an

BCG erwartet in den kommenden Jahren mehr Tempo in Europa - Oft fehlen Instituten die Mittel zur Verbesserung ihrer Ergebnisse

Corona facht Konsolidierung unter Banken an

Die Coronakrise lässt den Konsolidierungsdruck in Europas Bankensektor steigen. Bereits vor der Krise haben sich viele Institute damit schwergetan, eine schwache Ertragsentwicklung durch Kosten- und Effizienzgewinne auszugleichen, wie BCG in ihrem heute erscheinenden Global Risk Report festhält. bn Frankfurt – Die Coronakrise wird den Trend zur Konzentration im europäischen Bankensektor nach Einschätzung der Boston Consulting Group (BCG) beschleunigen. Bereits vor der Krise seien zahlreiche Institute außerstande gewesen, jene Kosten- und Effizienzgewinne zu erzielen, die nötig seien, um eine schwache Ertragsentwicklung auszugleichen, gibt die Beratungsgesellschaft in ihrem am heutigen Dienstag erscheinenden Global Risk Report 2020 zu bedenken.Weltweit nimmt die Konsolidierung schon seit zehn Jahren zu. In der Europäischen Union hat die Zahl der Finanzinstitute in dieser Zeit zwar um rund ein Drittel abgenommen. Mit 11 948 betrug sie Ende 2019 allerdings noch immer das 2,6-Fache der Anzahl in den USA. “Das deutet darauf hin, dass wir eine Zunahme des Konsolidierungstempos in Europa in den kommenden Jahren sehen werden, gerade angesichts zunehmenden Margendrucks”, prognostiziert BCG. “In Europa wird sich die Konsolidierung im Bankensektor zunächst sicher erst einmal innerhalb der jeweiligen Landesgrenzen oder Säulen des Kreditgewerbes vollziehen”, sagt Senior Partner und Managing Director Gerold Grasshoff der Börsen-Zeitung. “In absehbarer Zeit aber wird es auch eine Diskussion über grenzüberschreitende Fusionen geben. Ebenso wird das Projekt eines integrierten Kapitalmarktes auf die Agenda kommen.”Der von Europas Banken produzierte wirtschaftliche Gewinn, definiert als Ertrag abzüglich operativer, Refinanzierungs-, Risiko- sowie Kapitalkosten, verharrt schon seit Jahren im negativen Bereich, auch wenn sich der Verlust 2018 von minus 22 auf minus 14 Basispunkte der Bilanzsumme oder 48 Mrd. Euro verringert hat, wie BCG vorrechnet (siehe Grafik). Zwar bauten Institute in Nordamerika ihr Ergebnis im vorvergangenen Jahr aus – weltweit allerdings stehen die Gewinne unter Druck. Mit 7 Basispunkten oder umgerechnet 26 Mrd. Euro etwa beliefen sie sich im asiatisch-pazifischen Raum 2018 auf gerade noch 13 % des Ergebnisses im Jahr 2014. Daten und Werkzeuge fehlenEine Verbesserung dieser Kennzahl setzt BCG zufolge voraus, dass die Bereiche Risiko, Treasury und Compliance mit Hilfe von Echtzeitdaten, Vorhersageanalysen (Predictive Analysis) sowie durchgängiger Automation deutlich zügiger und entschlossener arbeiten. Allerdings stünden in diesen Bereichen oft nicht die dazu erforderlichen Daten und Analysewerkzeuge bereit, heißt es. So fehle es den meisten Banken an Simulations- und Analysemethoden, die nötig seien, um den Nettozinsüberschuss stabil zu halten. Mangels Rechnerkapazität blieben Teams auf vorläufige und geschätzte Werte angewiesen. Überdies habe nur jeder zweite Treasurer tagesaktuell Übersicht über das gesamte Bankenbuch. Ein Mangel an Interoperabilität und uneinheitliche Datenflüsse zwängen viele Risiko-, Treasury- und Compliance-Teams zudem dazu, spezialisierte Analysen per Hand zu erstellen.Angesichts der Coronakrise empfiehlt BCG Finanzinstituten, sich zunächst um die Sicherung von Liquidität und Refinanzierung zu kümmern, danach die Sicht auf die Kreditrisiken zu verändern und schließlich ihre Compliance dem neuen Umfeld anzupassen. Eine vorausschauende Sicht auf die Bonität jedes Kunden etwa mit Hilfe von Vorhersageanalysen könnte es Banken gerade nach der jüngsten Flexibilisierung der Bilanzierungsregeln zudem ersparen, Forderungen unnötigerweise reklassifizieren und entsprechend Risikovorsorge bilden zu müssen, heißt es.Banken müssten aber auch den mittel- und langfristigen Auswirkungen der Epidemie Beachtung schenken, heißt es. So sollten Compliance-Verantwortliche ins Kalkül ziehen, dass der Druck, in der Krise ausgebliebenes Geschäft wettzumachen, künftig vermehrt Kontoeröffnungen nach sich ziehen wird, welche wiederum das Risiko etwa von Geldwäsche erhöhen könnten, schreibt BCG im Global Risk Report.