Konsolidierung

Coronakrise drosselt Fusionstempo

Die Konsolidierung im deutschen Finanzwesen ist 2020 schwächer ausgefallen als im Jahr zuvor. Das Tempo der Filialschließungen hat unterdessen an Fahrt gewonnen. Ihre Angaben zum Filialabbau bei der Deutschen Bank muss die Bundesbank dabei korrigieren, da sie diese zunächst deutlich zu hoch angegeben hat.

Coronakrise drosselt Fusionstempo

Finanzinstitute in Deutschland haben im vergangenen Jahr wegen der Coronakrise seltener fusioniert als 2019, zugleich aber mehr Filialen geschlossen. 38 Banken und Sparkassen verschwanden, womit zum Jahreswechsel 1679 Institute bestanden (siehe Tabelle). Das ent­spricht einem Rück­gang von 2,2% im Vergleich mit 3,7% im Jahr 2019, teilte die Deutsche Bundesbank am Dienstag mit. Insbesondere im Spar­kas­sen- und im Ge­nos­sen­schafts­sek­tor schlossen sich Institute demzufolge seltener zusammen. „Die Co­ro­na-Pan­de­mie trug of­fen­sicht­lich zur Ver­schie­bung ei­ni­ger Ver­schmel­zungs­ab­sich­ten bei“, heißt es in der Bankstellenstatistik 2020.

Insgesamt 20 Zu­gän­gen standen 58 Ab­gän­ge von Kre­dit­in­sti­tu­ten gegenüber. 26 verschwanden durch Zusammenschlüsse von Volks- und Raiffeisenbanken. 2019 waren es in dieser Säule der Kreditwirtschaft noch 34 gewesen. Damit gab es zum 31. Dezember 819 genossenschaftliche Institute (–3,1%). Im Spar­kas­sen­sek­tor verschwanden durch Zu­sam­men­schlüs­se drei Institute (2019: sechs), sodass neben den weiterhin sechs Lan­des­ban­ken noch 377 Spar­kas­sen existieren.

Die Zahl der Kre­dit­ban­ken nahm um netto acht auf 366 In­sti­tu­te ab, wobei aus­län­di­sche Ban­ken um unter dem Strich vier auf 181 abnahmen. Das Minus kommt durch 18 Zu- und 22 Ab­gän­ge zustande, wobei von Letzteren 18 auf Fi­lia­len bri­ti­scher In­sti­tu­te entfielen. Im laufenden Jahr seien hier weitere Abschiede zu erwarten, kündigt die Bundesbank an: „Zahl­rei­che Zweig­nie­der­las­sun­gen bri­ti­scher Kre­dit­in­sti­tu­te und Wert­pa­pier­han­dels­un­ter­neh­men hat­ten al­ler­dings zum Jah­res­en­de 2020 ihren EU-Pass noch nicht zu­rück­ge­ge­ben, sie wer­den erst im Jahr 2021 als Ab­gän­ge ge­zählt.“

Der seit Jahrzehnten zu beobachtende Filialabbau deutscher Banken und Sparkassen beschleunigte sich nochmals. Unklar blieb am Dienstag allein, in welchem Ausmaß: Nach ersten Angaben der Bundesbank wurden 3079 mit Mitarbeitern besetzte Zweigstellen geschlossen, was dem Zweieinhalbfachen der Zahl im Jahr davor entspräche. Die Zahl der Filialen hätte sich damit um 11,5% auf 23588 verringert. Den Abbau von gut einem Zehntel aller Filialen in einem Jahr erklärte die Zentralbank am Dienstag mit einer verstärkten Nutzung von Online- und Mobile Banking sowie starkem Kostendruck in einem wettbewerbsintensiven Umfeld. Die Corona-Pandemie habe diese Entwicklung spürbar beschleunigt. Ein Übriges hätten die umfassenden Umstrukturierungen der Großbanken getan.

Im Tagesverlauf stellte allerdings die Deutsche Bank, die alleine laut Bundesbank 1381 Filialen dicht machte, insgesamt allerdings nur 1300 Bankstellen zählt, die Angaben der Zentralbank in Abrede. Tatsächlich habe das Institut im vergangenen Jahr nur 39 Zweigstellen geschlossen, von denen 25 auf die Postbank sowie 14 auf die Deutsche Bank entfallen seien, erklärte ein Sprecher. Im laufenden Jahr sollten 97 Filialen unter der Marke der Deutschen Bank sowie 50 Postbank-Zweigstellen schließen. Am Abend räumte die Bundesbank einen Fehler bei den Angaben zum Filialnetz der Deutschen Bank ein und kündigte spätestens für den heutigen Mittwoch eine korrigierte Fassung an. Auch auf Basis der von der Deutschen Bank genannten Zahl ergibt sich insgesamt gleichwohl eine Beschleunigung des Filialabbaus. So gab die Com­merz­bank nach Angaben der Bundesbank mehr als ein Sechs­tel ihrer Nie­der­las­sun­gen auf. Diese Ent­wick­lung werde sich nach den bis­her ver­öf­fent­lich­ten Plä­nen der Ban­k fort­set­zen, schreibt die Bundesbank. Von den einst 1000 Commerzbank-Filialen wird nur rund die Hälfte übrig bleiben. Im Sparkassensektor wurden 679 Filialen aufgegeben. Mit 8528 Niederlassungen verfüge die Finanzgruppe über einen An­teil von 36,2% an allen in­län­di­schen Zweig­stel­len, hieß es. Die Genossenschaftsbanken unterhalten mit zu Jahresbeginn noch 7778 Filialen 706 weniger als ein Jahr zuvor. Ihr Anteil an den Filialen ist mit 33,0% der zweithöchste.

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