Corporate Banking lohnt sich wieder – nur wie lange noch?
Von Bernd Neubacher, Frankfurt
Corporate Banking lohnt sich wieder: Nach Jahren der Ertragsschwäche auch infolge der Pandemie ist die Profitabilität ins Geschäft mit Firmenkunden zurückgekehrt. Im zweiten Halbjahr stieg die Eigenkapitalrendite vor Steuern auf 7%, wie Bain erhoben hat. Damit nähert sich die Eigenkapitalverzinsung erstmals seit drei Jahren wieder den Eigenkapitalkosten an – von unten. Im zweiten Quartal 2020, zu Beginn der Pandemie, hatte der Wert nach Jahren der Talfahrt mit −2% ein langjähriges Tief erreicht (siehe Grafik).
Der von Bain halbjährlich ermittelte Corporate-Banking-Index, der nach Angaben der Gesellschaft rund die Hälfte der Bilanzsumme der 100 größten in Deutschland tätigen Banken abdeckt und Kennzahlen wie Erträge, Kostenstruktur, Kreditrisikovorsorge, Profitabilität, Eigenkapital und Kreditvolumen kombiniert, erreichte damit im zweiten Halbjahr 2021 den höchsten Wert seit acht Jahren. Der Profitabilitätsindex liege erstmals wieder auf dem Niveau von 2018, heißt es in einer Auswertung, welche das Beratungshaus im Wochenverlauf vorlegen will.
Diese Zahlen passen ins Bild eines sich deutlich belebenden Firmenkundengeschäfts. Vor Wochen hatte eine Studie des Technologieunternehmens Teylor und des Researchhauses Barkow Consulting noch für Februar eine springende Nachfrage nach Unternehmenskrediten zutage gefördert.
Von einer Trendwende nach Jahren schwacher Ertragskraft will Bain gleichwohl nicht sprechen. Die Berater verweisen darauf, dass eine fallende Risikovorsorge, eine günstige Refinanzierung über die Europäische Zentralbank sowie nicht zuletzt die Pandemiehilfen den Instituten zugutegekommen sind. Durch die diversen Stützungsmaßnahmen habe sich die Kreditmarge im zweiten Halbjahr 2021 auf 1,8% verbessert, rechnen die Berater vor. Drei Jahre zuvor hatte die Spanne noch bei 1,1% gelegen. Man muss kein Prophet sein, um abzusehen, dass die stützende Wirkung all dieser drei Faktoren zusehends schwindet bzw. sich bald in ihr Gegenteil verkehren dürfte.
Sparkassen gewinnen Anteile
„Derzeit ist nicht absehbar, inwieweit der Ukraine-Krieg mit seinen Folgen für Lieferketten, Preise und Konjunktur in den kommenden Monaten das Firmenkundengeschäft belasten wird“, gibt Bain-Partner Christian Graf zudem zu bedenken. All dies findet vor dem Hintergrund statt, dass das Kreditvolumen bis Ende 2021 auf einen neuen Rekordwert von über 1,3 Bill. Euro gestiegen ist. Mit Blick auf die Anteile im Markt tut sich derweil nicht allzu viel. Zwar haben die lange Zeit mit Restrukturierungen beschäftigten Landesbanken in den vergangenen zwölf Jahren nicht weniger als 10 Prozentpunkte Marktanteil verloren und kommen nur mehr auf 13%. Diese blieben indes im Verbund, denn die Sparkassen haben im selben Zeitraum ihre Position um 10 Punkte auf 27% ausgebaut. Die Sparkassen näherten sich dem Anteil der traditionell führenden Privatbanken immer mehr an, stellt Bain fest. Über Kooperationen finanzierten sie zunehmend größere Mittelständler, ein Marktsegment, das ausländische Institute vermehrt für sich entdeckten. „Die Wettbewerbsintensität im Corporate Banking bleibt hoch“, erklärt Bain-Partnerin Stefanie Jacobsen. Dies zwinge Marktteilnehmer, sich über ausgewählte Branchen, Kundengruppen oder Produkte von der Konkurrenz abzuheben und parallel das Provisionsgeschäft zu forcieren. Der Anteil des Zinsüberschusses am Ertrag lag im zweiten Halbjahr 2021 bei 69%, 7 Prozentpunkte weniger als 2012.
Um auf Dauer die Kapitalkosten zu verdienen, sollten Banken zukunftsträchtige Geschäftsfelder weiter ausbauen, an ihrer Kostendisziplin festhalten und die Kapitalumlaufgeschwindigkeit etwa durch vermehrte Syndizierung und Verbriefung von Krediten erhöhen, rät Bain. Neue Ertragschancen ergäben sich insbesondere durch eine zügige Erweiterung des Leistungsspektrums rund um ESG-konforme Produkte und Services. Eine beschleunigte Dekarbonisierung dürfte dazu beitragen, dass sich der Trend in Richtung stabiler bis steigender Kreditvolumina in den kommenden Jahren fortsetzt.