Britische Großbanken

Unter Wohlmeinenden

Dass die ehemalige Natwest-Chefin Alison Rose mit goldenem Handschlag verabschiedet werden soll, hat für eine Menge Ärger gesorgt. Gute Corporate Governance sieht anders aus.

Unter Wohlmeinenden

Wenn ein kleiner Angestellter das Bankgeheimnis verletzt, wird ihm fristlos gekündigt. Die ehemalige Natwest-Chefin Alison Rose wird dagegen mit allen Ehren verabschiedet. Sie hatte ihr Amt niedergelegt, nachdem klar geworden war, dass sie dem BBC-Journalisten Simon Jack gesagt hatte, die Privatbanksparte Coutts habe das Konto von Nigel Farage geschlossen, weil dieser nicht über die erforderlichen Mittel verfügte. Eine klare Ansage: Schließlich ist das Institut, bei dem Mitglieder der Königsfamilie ihre Bankgeschäfte machen, nicht für Krethi und Plethi da. Und ein klarer Vertrauensbruch einem Kunden gegenüber. Der prominente Brexiteer hatte sich zuvor lautstark über die Schließung seines Kontos empört und politische Gründe vermutet. Indem man ihn auf diese Weise lächerlich machte, sollte ihm offenbar der Wind aus den Segeln genommen werden. Was Farage angeht, herrschte am Tisch des BBC Charity Correspondents’ Dinner, an dem Rose und Jack nebeneinander saßen, vermutlich Einigkeit: So einer muss froh sein, wenn er überhaupt irgendwo ein Konto bekommt. Im von Howard Davies geführten Board von Natwest sah man das vermutlich ähnlich, denn er sprach Rose noch am Vorabend ihres Rücktritts sein vollstes Vertrauen aus. Doch wie sich herausstellte, wurde Farage tatsächlich aus politischen Gründen von Coutts hinausgeworfen. Die Bank hatte ein 36 Seiten dickes Dossier zu seinen Ansichten angelegt, in dem ihm unter anderem Nähe zur Russland unterstellt wird. Offenbar fürchtete man Reputationsrisiken, wenn man den Trump-Sympathisanten und Greta-Kritiker an Bord behielt.

Unter Wohlmeinenden

Von Andreas Hippin, London

Dass die ehemalige Natwest-Chefin Alison Rose mit goldenem Handschlag verabschiedet werden soll, hat für eine Menge Ärger gesorgt. Gute Corporate Governance sieht anders aus.

Es ist das große Problem der Wohlmeinenden in den oberen Etagen der britischen Gesellschaft, so davon überzeugt zu sein, auf der richtigen Seite der Geschichte zu stehen, dass ihnen gar nicht mehr auffällt, wie sehr sie ihren eigenen Prinzipien zuwiderhandeln. Als Rose ihr Amt schließlich niederlegte, vermutlich auf Druck des Schatzamts, sprach sie lediglich von einem „Fehlurteil“, das ihr unterlaufen sei. Über die finanziellen Details ihres Abgangs wurde zu diesem Zeitpunkt noch nicht informiert, wohl in der Hoffnung, dass die öffentliche Aufmerksamkeit irgendwann abklingen werde. Nun stellte sich heraus, dass ihr noch ein volles Jahresgehalt gezahlt werden soll. Hinzu kommen noch Aktien in gleicher Höhe und ein Zuschuss zur Altersvorsorge, alles in allem 2,4 Mill. Pfund. Gute Corporate Governance sieht anders aus. Farage sprach von einem „kranken Scherz“.

Weil man sich bei Natwest offenbar unsicher war, ob man damit durchkommt, erwähnte man in der Mitteilung, dass man einen Teil der Vergütung unter Berufung auf Malus- und Clawback-Klauseln zurückfordern könnte. Aus Sicht des ehemaligen Brexit-Staatssekretärs David Davis hätte der Board den goldenen Handschlag blockieren müssen. Und wenn er dazu nicht bereits gewesen wäre, hätte ihn der Staat als größter Aktionär verhindern müssen. Harriet Baldwin, die konservative Vorsitzende des Finanzausschusses des Unterhauses, empfahl dem Natwest-Vergütungsausschuss, sich das Thema noch einmal genau anzusehen, wenn die externe Untersuchung des Skandals abgeschlossen ist.

Von Andreas Hippin, London
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