Covered Bonds werden zunehmend attraktiver
Seit mehr als zwei Jahren hält die Staatsschuldenkrise im Euroraum die Finanzmärkte in Atem und ist seitdem bei fast allen Finanzmarktprodukten der dominante Einflussfaktor für die Entwicklung der Risikoprämien. Dies gilt auch für gedeckte Bankschuldverschreibungen, bekannt unter der englischen Bezeichnung Covered Bonds. Die zunehmende Fokussierung der Anleger auf die Bonität der Staaten führte zu einer engen Korrelation der Rendite von Staatsanleihen und Covered Bonds und einer damit einhergehenden starken Differenzierung der Risikoprämien am Euro-Covered-Bond-Markt.Die höchsten Risikoaufschläge bieten Covered Bonds aus den unter Druck stehenden Ländern Griechenland, Portugal, Spanien, Irland und Italien. Die geringsten Spreads weisen dagegen die Covered Bonds der bonitätsstärkeren Länder des Euroraums Deutschland, Finnland, Niederlande, Frankreich und Österreich auf. Gefragt sind bei Anlegern insbesondere auch Covered Bonds aus bonitätsstarken Ländern außerhalb des Euroraums wegen der geringeren Ansteckungsgefahr durch die Staatsschuldenkrise, wie Schweden, Norwegen und die Schweiz, sodass die Renditen in diesen Märkten während der letzten Jahre deutlich zurückgegangen sind. Dafür, dass der Markt zu Recht eine enge Korrelation der Risiken von Staatsanleihen und Covered Bonds annimmt, spricht eine Vielzahl von Gründen, wobei es sich jedoch um rein theoretische Überlegungen handelt, da es bislang zu keinem Ausfall eines Covered Bond gekommen ist, insbesondere nicht als Folge staatlicher Solvenzprobleme. Hochverschuldete Staaten, deren Bonität unter Druck gerät, sind nicht mehr in der Lage oder willens, den heimischen Banken- bzw. Covered-Bond-Markt zu unterstützen. Zudem erhöhen die Solvenzprobleme des Staates das Kreditrisiko der Banken. Dies geschieht zum einen dadurch, dass Banken einen hohen Anteil an heimischen Staatsanleihen halten und sich steigende Risikoprämien für den Staat in höheren Refinanzierungskosten für die Banken niederschlagen. Zum anderen hat die restriktive Fiskalpolitik der Länder negative Auswirkungen auf die Wirtschaft, was wiederum unter anderem über steigende Arbeitslosigkeit und fallende Immobilienpreise zu höheren Kreditausfällen führt, die die Bankbilanzen belasten.Und nicht nur das Kreditrisiko der Banken, das heißt der Covered-Bond-Emittenten, steigt. Auch das Kredit- und Refinanzierungsrisiko der als Deckung von Covered Bonds dienenden Vermögenswerte, in der Regel Hypothekendarlehen und öffentliche Darlehen, steigt in einer systemischen Krise. Sollte der Emittent eines hypothekengedeckten Covered Bond ausfallen, besteht die Gefahr, dass es in so einem Umfeld zu hohen Kreditausfällen kommt und der Verkaufserlös der zwangsvollstreckten Immobilien zu drastischen Verlusten führt, die nicht durch die Beleihungsgrenzen und Übersicherungsniveaus abgedeckt werden können. Auch muss mit dem Risiko gerechnet werden, dass keine ausreichende Liquidität zur Verfügung steht, um Fälligkeiten von Covered Bonds nach einer Emittenteninsolvenz zu bedienen. Wenn dann keine andere Bank bereit ist oder in der Lage ist, Deckungswerte zu erwerben, droht ein Default.Bei öffentlich gedeckten Covered Bonds ist der Zusammenhang zwischen den Solvenzproblemen der Staaten und der Deckungsstockqualität offensichtlich, insbesondere angesichts der Tatsache, dass die öffentlich gedeckten Covered Bonds beispielsweise aus Spanien und Portugal zu fast 100 % aus Forderungen gegenüber der heimischen öffentlichen Hand bestehen. Allerdings haben die öffentlich gedeckten Covered Bonds hinsichtlich des Liquiditätsrisikos einen Vorteil gegenüber den hypothekengedeckten. Solange es zu keinem Ausfall eines Staates kommt, gegen den sich die Forderungen im Deckungsstock richten, können diese Forderungen bei der Europäischen Zentralbank (EZB), sehr viel einfacher als bei Hypothekendarlehen, zu Refinanzierungszwecken eingeliefert werden. Potenzielle Liquiditätslücken können so nach einer Emittenteninsolvenz überbrückt werden.Trotz der von Marktteilnehmern angenommenen hohen Korrelation zwischen Staatsrisiko und Ausfallrisiko von Covered Bonds handelten Covered Bonds in Italien, Irland und Portugal zum Teil teurer als die Staatsanleihen dieser Länder, ein sehr untypisches Phänomen. In normalen Marktphasen stellen Staatsanleihen stets die Assetklasse mit den geringsten Risikoaufschlägen dar. Dass sich dies in den letzten beiden Jahren änderte, hat weitestgehend technische Ursachen, da auch in einer Krisensituation die Liquidität von Staatsanleihen meist höher ist als die von Covered Bonds. Aber dahinter steht offenbar auch die Erwartung der Investoren, dass sie durch die doppelte Absicherung durch den Emittenten und den Deckungsstock weniger verlustgefährdet sind als bei diesen unter Druck stehenden Staaten. Schlechtere RatingsDie enge Korrelation zwischen dem Staatsrisiko und dem Ausfallrisiko der Covered Bonds ist auch einer der wesentlichen Gründe für die drastische Rating-Verschlechterung des Covered-Bond-Universums in den letzten Jahren. Der Anteil der mit der Bestnote “AAA” bzw. “Aaa” bewerteten Covered Bonds, die im für viele Investoren wichtigen Index iBoxx enthalten sind, ging von 92 % 2008 auf nur noch 70 % in diesem Jahr zurück.Während dies in Vorkrisenzeiten noch unvorstellbar gewesen wäre, gibt es zunehmend Covered Bonds, die nur noch Ratings am unteren Ende des Investment Grade aufwei- Fortsetzung Seite B 5sen, aktuell etwa 3 % der iBoxx-Indexmitglieder. Im Index nicht aufgeführt sind Covered Bonds aus Griechenland mit Ratings, die bereits auf Ramschniveau herabgestuft wurden, wobei davon nur die Covered Bonds der National Bank of Greece öffentlich gehandelt werden.Auch die Ratingagentur Moody’s verweist in einer kürzlich erschienenen Studie auf den engen Zusammenhang zwischen der Bonität des Staates und der Ratings der von Moody’s bewerteten Covered Bonds. In Ländern, deren Bonität sich im Zeitraum vom 1. Januar 2008 bis zum 6. Februar 2012 verschlechtert hat, stufte Moody’s 65 % der Covered-Bond-Ratings herab, während in den “Rating-stabilen” Ländern nur 22 % der Covered Bonds von einem Downgrade betroffen waren. Kein reines AAA-UniversumDa jedoch nicht nur Covered Bonds kein reines AAA-Universum mehr bilden, sondern insgesamt der Anteil von Finanzanlagen mit Bestnote unter anderem durch die Verschlechterung der Ratings einiger Euro-Staaten abgenommen hat, haben Covered Bonds bonitätsstärkerer Staaten in den letzten Jahren zunehmend das Interesse von konservativen Anlegern auf der Suche nach sicheren Assetklassen mit einem Renditevorteil gegenüber Bundesanleihen angezogen. Die Attraktivität der Assetklasse Covered Bonds stieg für viele Anleger in den vergangenen Jahren auch durch regulatorische Änderungen, wie beispielsweise Basel III, aber insbesondere durch den Richtlinienvorschlag der EU-Kommission eines EU-weiten Bankeninsolvenzregimes. Diese nach dem Vorbild des deutschen Bankenrestrukturierungsgesetzes geplante Richtlinie wurde unter anderem deshalb auf den Weg gebracht, um zu verhindern, dass Staaten durch teure Rettungsmaßnahmen für strauchelnde Banken selbst in Finanznöte geraten, eine Lehre, die die Politik aus der Banken- und anschließenden Staatsschuldenkrise im Euroraum gezogen hat. Gläubiger unbesicherter Bankanleihen sind demnach zukünftig einem höheren Ausfallrisiko ausgesetzt, während Gläubiger von Covered Bonds explizit geschützt werden. Diese zunehmende Attraktivität des Produktes Covered Bond heizt, zusammen mit den aktuell günstigen Hypothekenkonditionen, insbesondere in Norwegen, Schweden und der Schweiz, die Gefahr einer Blasenbildung an den Immobilienmärkten noch zusätzlich an, eine weitere negative Auswirkung der Staatsschuldenkrise. Zu früh für EntwarnungSolange die Staatsschuldenkrise nicht nachhaltig gelöst ist, wird die staatliche Bonität des Sitzstaates des Emittenten zu Recht weiterhin einen wichtigen Stellenwert in der Risikobewertung von Covered Bonds einnehmen. Demzufolge wird auch die Volatilität der Risikoprämien von Covered Bonds der EU-Peripherie in Abhängigkeit von Erfolgen und Rückschlägen bei der Sanierung der Staatshaushalte hoch bleiben. Auch wenn sich die Stimmung an den Finanzmärkten seit Jahresanfang unter anderem dank der beiden Drei-Jahres-Tender der EZB deutlich aufgehellt hat und die Risikoprämien für einige Covered Bonds der EU-Peripherie stark zurückgegangen sind, ist es zu früh, Entwarnung zu geben.Bis hin zu einer nachhaltigen Lösung der Krise bestehen weiterhin politische Unwägbarkeiten – wie lange halten die “Technokraten-Regierungen” in Griechenland und in Italien, was geschieht im Falle eines Sieges des sozialistischen Präsidentschaftskandidaten in Frankreich? – sowie die offene Flanke einer Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und einer Wiederbelebung des Wachstums in den Krisenländern. Diese zweite Säule, eine überzeugende Wachstumsstrategie, muss der ersten Säule, der Haushaltssanierung, in diesem Jahr hinzugefügt werden. Die Regierungen haben dies erkannt. Wenn das gelingt, gibt es keinen Grund, am Fortbestand des Euro als einer nach innen und außen stabilen Währung zu zweifeln. Erst dann wird das Staatsrisiko als wesentlicher Treiber der Risikoaufschläge von Euro-Covered-Bonds wieder an Bedeutung verlieren.