Crédit Agricole hat eine Top-Position in Italien
bl Mailand
Die französische Großbank Crédit Agricole baut ihre Position in Italien immer weiter aus. Sie könnte künftig zum Nukleus eines dritten großen Bankenpols neben Intesa Sanpaolo und Unicredit werden, glauben Beobachter. Durch den Erwerb einer Beteiligung von 9,2% an Italiens drittgrößter Bank BPM im Frühjahr und einer exklusiven Partnerschaft mit der Bank im Versicherungsgeschäft haben sich die Franzosen dafür eine gute Ausgangsposition verschafft.
Crédit Agricole ist derzeit nach Intesa Sanpaolo, Unicredit, BPM, BPER und der mehrheitlich staatlichen Monte dei Paschi di Siena (MPS), die privatisiert werden muss, die Nummer sechs in Italien und kommt auf einen Marktanteil von 5,5%. Der italienische Bankenmarkt hat sich in den vergangenen Jahren konsolidiert. Der allergrößte Teil der Sparkassen und Volksbanken ist verschwunden, die Genossenschaftsbanken schlüpften, mit Ausnahme der Südtiroler Institute, größtenteils unter das Dach von zwei großen Organisationen. Im ganzen Land sind noch knapp 100 selbstständige Bankengruppen übrig geblieben.
Crédit Agricole gehört zu den Profiteuren der Entwicklung. Unter der Führung von Giampiero Maiolo, der seit mehr als zwölf Jahren an der Spitze der italienischen Tochter des französischen Instituts steht, hat die Bank kräftig expandiert. Nach dem Erwerb der BPM-Beteiligung für knapp 400 Mill. Euro hat sich die Bank bei Italiens Nummer 3 eine Poleposition verschafft und sich als Versicherungspartner gegen Konkurrenten wie Axa, Generali und Allianz durchgesetzt. Darüber hinaus ist Crédit Agricole mit 39% an der Konsumentenkredittochter Agos beteiligt, an der BMP die restlichen Anteile hält. Außerdem haben die Franzosen 5% an dem Vermögensverwalter Anima erworben, an dem die BPM 20,6% hält.
Eine vollständige Übernahme von BPM scheint zwar derzeit ausgeschlossen, weil die Bank an der Börse mit 5 Mrd. Euro bewertet ist und das vermutlich ein zu großer Brocken ist. Aber die Franzosen haben zumindest die HVB-Mutter Unicredit ausgebremst, die Anfang des Jahres kurz vor einer Übernahme von BMP stand. Denkbar wäre es, dass sie in diesem Fall ähnlich vorgehen wie bei Creval. Bei der norditalienischen Bank hatte CA 2018 eine kleine Beteiligung gekauft und wurde außerdem Partner für das Versicherungsgeschäft. 2021 erwarben sie für 862 Mill. Euro den Rest des Instituts.
Zuvor hatte Crédit Agricole Cariparma sowie drei Sparkassen in Mittelitalien (Cesena, Rimini, San Miniato) gekauft. Dazu kamen die Sparkasse von La Spezia und Friuladria. 2016 erwarb Crédit Agricole außerdem die Vermögensverwaltungstochter Pioneer von Unicredit.
Zu ihren weiteren Plänen in Italien äußert sich Crédit Agricole nicht, aber sonderlich eilig hat es das Institut offenar nicht. Neben der Option BPM gibt es eventuell auch die Option Monte dei Paschi. Die mehrheitlich staatliche Krisenbank muss privatisiert werden. Potenzielle Interessenten könnten Unicredit, BPM und BPER sein. Doch Letztere hat rund 600 ehemalig Ubi-Filialen übernommen, die Intesa Sanpaolo im Rahmen der Ubi-Akquisition aus kartellrechtlichen Gründen abgeben musste. Außerdem hat BPER gerade die Genueser Carige gekauft und muss die Akquisitionen erst verdauen. Unicredit hat im Herbst 2021 Verhandlungen über einen Kauf von Teilen der MPS abgebrochen. Potenzielle Bewerber stehen also nicht gerade Schlange.
Die Franzosen, die in Italien stark auf den Immobiliensektor, Kunden in der Landwirtschaft, die Schadenversicherung sowie die Vermögensverwaltung setzen, können warten. Sofern die neue italienische Regierung einen solchen Plan nicht blockiert, könnten sie durch eine Akquisition zu einem späteren Zeitpunkt zu einem Top-Player werden. Einstweilen sei das Thema MPS aber „nicht aktuell“, sagte im Frühjahr Crédit-Agricole-Vize Xavier Musca. Das Institut plant bis 2025 etwa 1200 Neueinstellungen. Man verfolge eine langfristige Strategie. Die italienischen Aktivitäten sollen 2025 etwa 1 Mrd. Euro zum Gesamtgewinn der angepeilten 6 Mrd. Euro beisteuern.