Schweiz

Credit-Suisse-Aktien schießen durch die Decke

Die Schweizer Investmentbank Credit Suisse erhält über Nacht eine Liquiditätsspritze im Umfang von 50 Mrd. sfr von der SNB. Aktien der Krisenbank erleben eine fulminante Erholung.

Credit-Suisse-Aktien schießen durch die Decke

dz Zürich – Nach einem beispiellosen Kurseinbruch am Mittwoch von zweitweise mehr als 30% erlebten die Credit-Suisse-Aktien am Donnerstag eine ebenso fulminante Erholung. Der Handel eröffnete bei einem Preis von 2,25 sfr – ziemlich genau 30% über den Schlusskurs des Vortags. Den Ausschlag für die heftige Gegenbewegung gab die Schweizerische Nationalbank, die der Credit Suisse über Nacht eine Liquiditätsspritze im Umfang von 50 Mrd. sfr verabreicht hatte. Die Bank will mit dem Geld unter anderem Anleihen zurückkaufen, die sie im Zuge der heftigen Kundengeldabflüsse seit Herbst des vergangenen Jahres zu sehr hohen Zinssätzen aufnehmen musste.

Vor allem aber verschafft das Notenbankgeld dem Institut wertvolle Zeit, die im vergangenen Herbst angestoßene tiefgehende Restrukturierung der Bank fortzusetzen. Credit Suisse ist dabei, rund 9000 von weltweit ca. 50000 Stellen abzubauen, die Bilanz zu verkleinern, die Investmentbank abzuspalten und einzelne Geschäftsbereiche zu veräußern.

Ob das bis 2025 angelegte Sanierungsvorhaben nach dem starken Vertrauensverlust der vergangenen Wochen und Monate aber plangemäß umgesetzt werden kann, ist offener denn je. Am Donnerstag hat die siebenköpfige Regierung der Schweiz, der Bundesrat, eine außerordentliche Sitzung in Sachen Credit Suisse anberaumt. Das Gremium will die längerfristigen Optionen für die Bank erörtern. Zu den konkreten Fragestellungen und Plänen ist bislang nichts bekannt. Aber es ist naheliegend, dass auch eine Staatshilfe nach dem Vorbild der UBS-Rettung im Jahr 2008 erwogen wird. Wahrscheinlich ist ein solches Szenario allerdings nicht.

Noch am Mittwochabend hatten die Nationalbank und die Finanzmarktaufsicht Finma nicht zuletzt auf öffentlichen Druck aus dem Ausland eine Stellungnahme veröffentlicht. Darin heißt es, dass von den Problemen gewisser Banken in den USA keine direkte Ansteckungsgefahr für den Schweizer Finanzmarkt ausgehe. Die Credit Suisse erfülle die an systemrelevante Banken gestellten Anforderungen an Kapital und Liquidität. Die entsprechenden öffentlichen Beteuerungen des Credit-Suisse-Managements in den vergangenen Tagen zeigten in den verunsicherten Finanzmärkten aber keine Wirkung. Die Credit Suisse leide an einer Vertrauenskrise und nicht an einem Bilanzproblem, konstatierte ein Beobachter. Vor diesem Hintergrund wird inzwischen auch die Möglichkeit einer Übernahme der Bank durch die Lokalrivalin UBS wieder stark diskutiert.

Die Variante wird derzeit unter anderem von den Analysten von J.P. Morgan favorisiert. Die Liquiditätsspritze der Nationalbank sei nicht ausreichend, verunsichert blieben vor allem die Gegenparteien der Credit Suisse Investmentbank. Auch die Reputation der Marke Credit Suisse nehme weiteren Schaden. Vor diesem Hintergrund sei eine Übernahme der angeschlagenen Bank durch UBS die wahrscheinlichste Variante. Möglich wäre auch eine staatliche Intervention. Eine Abwicklung der Bank im Rahmen des Too-big-to-fail-Regimes sei die unwahrscheinlichste Option, schreiben die Analysten von J.P. Morgan. Dass die Credit Suisse bald in ruhigere Gewässer überführt wird, ist auch der Wunsch vieler Beobachter in Europa, wo man sich im Bewusstsein der bilanziellen Schwächen der eigenen Banken Sorgen über die zunehmende Verunsicherung in den Finanzmärkten macht. Der britische Finanzminister Jeremy Hunt sagte, die Neuigkeiten von den Schweizer Behörden in Sachen Credit Suisse seien „ermutigend“.

Ganz direkt adressierte die französische Regierung ihre Erwartung an die Schweizer Behörden, alles zu tun, damit die Credit-Suisse-Probleme französische Banken nicht erfasse. Dem Senat erklärte Premierminister Élisabeth Borne, ein solches Risiko bestehe zwar vorläufig nicht, aber man wolle von der Schweizer Regierung wissen, wie die Schweiz die Credit Suisse unterstützen wolle und könne. Borne erklärte, ihr Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire werde seine Amtskollegin in Bern „in den nächsten Stunden“ anrufen. „Das Thema fällt in die Verantwortlichkeit der Schweizer Behörden“, sagte Borne. „Es muss durch sie geregelt werden.“

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