Credit Suisse investiert wieder

Mehr als 500 Mill. sfr will die Bank für das heimische Retailgeschäft ausgeben, vor allem zur Abwehr von N26 und Co.

Credit Suisse investiert wieder

Credit Suisse will sich mit einem Investitionsprogramm, vor allem in neue digitale Retail-Lösungen, der zunehmenden Konkurrenz durch N26 und Co. erwehren. Auch organisatorisch schlägt sich die Aufwertung des Retail Banking nieder. Die Großbank ruft eine neue Sparte “Direct Banking” ins Leben.dz Zürich – Vier Jahre nachdem Credit-Suisse-Chef Tidjane Thiam dem Finanzkonzern ein tiefgehendes Sparprogramm verschrieben hatte, wird die schon damals für spätere Zeiten versprochene Investitionsinitiative auch in der Schweiz endlich wahr. Bis Ende 2021 will die 2015 gebildete Division Swiss Universal Bank einen hohen dreistelligen Millionenbetrag in ihr Kundengeschäft investieren. Dies gab die Bank am Montag bekannt. Ein Sprecher bezifferte die geplanten Ausgaben mit über 500 Mill. sfr.Der größte Teil der Investitionen entfalle auf neue, digitale Lösungen für das sogenannte Retail-Segment. Darunter versteht die Credit Suisse private und gewerbliche Kunden, die vorwiegend Basisangebote wie Kontoführung und Zahlungsdienstleistungen in Anspruch nehmen. Das Kundensegment erfährt auch organisatorisch eine Aufwertung. Ab Anfang September wird es in die neue Geschäftseinheit Direct Banking transferiert und unter Führung von Mario Crameri, dem bisherigen Leiter IT Services und Operations, direkt dem CEO für das Schweizer Geschäft, Thomas Gottstein, unterstellt. “Structure follows strategy” lautet ein Grundsatz aus der Betriebswirtschaftslehre. Auf den vorliegenden Fall lässt er sich ungefähr so anwenden: Die Credit Suisse hat die Verteidigung beziehungsweise den Ausbau ihrer Marktposition im heimischen Kleinkundengeschäft zu einem strategischen Ziel erhoben und macht dies nun zur Chefsache. Schneller und einfacherCrameris neue Geschäftseinheit betreut mit ihren gut 500 Mitarbeitern ungefähr 1 Million Retail-Kunden und 60 000 Gewerbekunden, wie die Credit Suisse schreibt. Diesen verspricht die Bank “ein bedürfnisgerechtes” Produkt- und Dienstleistungsangebot, deren Bezug künftig einfacher und schneller möglich werden soll. Die Bank reagiert auf entsprechende Angebote von neuen Konkurrenten wie Revolut oder N26, die ihre Leistungen ausschließlich online verkaufen und vor allem jüngere Kunden mit preisgünstigen Leistungen und praktischen Smartphone-Applikationen in Scharen gewinnen. So zählt die britische Revolut bereits um die 100 000 Kunden in der Schweiz. Ein eben erst bekannt gewordener Fall von Datenpiraterie hat allerdings gezeigt, dass die Smartphone-Banken noch unter Kinderkrankheiten leiden. Dass Credit Suisse ihre Offensive gerade jetzt ankündigt, ist kaum ein Zufall. Die Bank versucht, die Verunsicherung der Kunden zu nutzen, um mit dem Vorzug ihrer langen Erfahrung im Geldgeschäft zu punkten.Für Finanzprofessor Andreas Dietrich von der Hochschule Luzern kommt die Initiative allerdings keinen Moment zu früh. Hinter den jungen Fintech-Firmen stoßen Technologie- und Online-Handelskonzerne wie Apple, Samsung oder Amazon in die Domäne der Banken vor. “Der Zug ist für die Banken noch nicht abgefahren, aber es fünf vor zwölf”, sagt der Professor.Zumindest in der Schweiz beweisen Bankkunden eine große Trägheit, wenn es darum geht, die Kontobeziehung zu ändern. Doch die Credit Suisse spürt bereits seit geraumer Zeit, dass ihr die Felle bei den Kunden im Alter von bis zu 30 Jahren davonschwimmen könnten. “Die digitalen Lösungen vieler Banken wirken im Vergleich mit den Angeboten neuer Konkurrenten aus dem Technologiebereich teilweise rückständig”, stellt Dietrich fest. So gesehen folgen die geplanten Investitionen der Bank einem Zwang, dem sich die Credit Suisse und andere Banken nicht entziehen können.Was die Credit Suisse nicht an die große Glocke hängt, aber in der neuen Strategie mit Sicherheit mitdenkt, ist einmal mehr das Kostenargument. Mit der Überführung des Kleinkundensegmentes in eine Digitalstruktur, in der sich der persönliche Beratungsbedarf auf ein Minimum reduzieren lässt, kann die Bank ihren Sparkurs fortsetzen. Für den Konzern ist das umso wichtiger, da die Schweizer Einheit der Credit Suisse einen Ertragspfeiler der Gruppe darstellt und den größten Teil der Aktionärsdividende verdient.