Credit Suisse will Wachstumsphase einläuten
Reuters Zürich
Sparmaßnahmen, der Umbau der Investmentbank und ein teurer Rechtsfall – in seinem ersten Jahr als Chef des Schweizer Finanzkonzerns Credit Suisse war Thomas Gottstein stark mit Aufräumarbeiten beschäftigt. Dies schlug sich auch im Ergebnis nieder: Die zweitgrößte Schweizer Bank verbuchte 2020 einen markanten Gewinnrückgang. Nun soll der Konzern Fahrt aufnehmen. „Wir fühlen uns sehr gut positioniert für die nächste Phase, die ich die Wachstumsphase nenne“, sagte Gottstein am Donnerstag bei der Veröffentlichung der Jahreszahlen. Das Jahr habe sehr gut begonnen.
2020 verbuchte die Bank einen Gewinnrückgang von 22 % auf 2,7 Mrd. sfr (2,5 Mrd. Euro). Rückstellungen für einen Rechtsstreit rund um das Geschäft mit US-Wohnbauhypotheken und der Wertverlust einer Hedgefonds-Beteiligung sorgten im Schlussquartal erstmals seit drei Jahren für einen Verlust. Im Gesamtjahr litt das Ergebnis zudem unter höheren Rückstellungen für faule Kredite. Damit wollte das Institut vorsorgen, falls die Corona-Rezession Firmen rund um den Globus in Schieflage bringen sollte. Die Boni für 2020 kürzt die Bank nun konzernweit um 7%.
Die globale Pandemie half Credit Suisse aber auch. Wie anderen Banken spülten die hektischen Anlagen-Umschichtungen der Kunden auch der Credit Suisse viel Geld in die Kasse. Dieser Trend hielt auch 2021 an. „Es war der beste Januar seit mehr als zehn Jahren“, sagte Gottstein. Mit Blick auf das Gesamtjahr mahnte die Bank dennoch zur Vorsicht. „Covid-19 ist noch nicht vorbei“, sagte Finanzchef David Mathers. Es sei noch unklar, welche Auswirkungen die Virus-Mutationen hätten. Zudem sei offen, wie groß die Konjunkturhilfen der Regierungen ausfielen.
Renditeziel mit Fragezeichen
Die Kreditrückstellungen dürften zwar sinken, aber 2021 über dem langjährigen Durchschnitt liegen. Entsprechend wollte Mathers sich nicht darauf festlegen lassen, das Ziel einer materiellen Eigenkapitalrendite (RoTE) von 10 bis 12 % im laufenden Jahr zu erreichen. Da er im kommenden Jahr und 2023 mit einer Normalisierung des Kreditumfelds rechnet, sieht er die Vorgabe mittelfristig aber in Griffweite. 2020 hatte die Eigenkapitalrendite bei 6,6% gelegen.
Im operativen Geschäft verdiente Credit Suisse 2020 in drei von vier Divisionen weniger. Im internationalen Vermögensverwaltungsgeschäft halbierte sich der Vorsteuergewinn auf 1,05 Mrd. sfr. Der Bereich litt unter dem starken Franken und den niedrigeren Dollar-Zinsen.
Im Investment Banking, dessen Kennziffern Credit Suisse nicht in der Heimatwährung, sondern in Dollar ausweist, kletterte das Ergebnis dagegen um 70 % auf 1,76 Mrd. Dollar, was auf der Basis der aktuellen Wechselkurse rund 1,58 Mrd. sfr entspricht. Wesentlich getragen wurde das Geschäft durch Beratungsmandate im Geschäft mit Börsengängen. Zudem florierte wie bei den Wall-Street-Häusern, dem heimischen Erzrivalen UBS und der Deutschen Bank der Handel mit Wertpapieren.
Credit Suisse startete 2015 einen tiefgreifenden Umbau, der 2019 im besten Ergebnis seit fast einer Dekade kulminierte. Doch der dafür verantwortliche Konzernchef Tidjane Thiam konnte den Erfolg nicht lange genießen, da er vor einem Jahr über die Beschattungsaffäre stolperte. Sein Nachfolger Gottstein legte das Handels- mit dem Kapitalmarkt-Beratungsgeschäft zusammen und schloss im Heimatmarkt ein Viertel der Filialen. „Die Ergebnisse des Jahres 2020 zeigen, dass die Strategie, die vor vielen Jahren festgelegt wurde, Früchte trägt“, urteilt Maria Rivas, Analystin bei DBRS Morningstar.
Wachstum im Kreditgeschäft
Nachdem er Altlasten aus dem Weg geräumt hat, will Gottstein nun vorwärtsschauen. „Ob in Asien, in der Schweiz, in der Vermögensverwaltung oder im Investment Banking: Wir konzentrieren uns ganz darauf, von allen Maßnahmen zu profitieren, die wir im Jahr 2020 ergriffen haben.“ Großes Wachstumspotenzial sieht er im Geschäft mit reichen und superreichen Privatkunden. Hier peilt er einen Anstieg des Vorsteuergewinns um jährlich 10 % an. Helfen sollen dabei die Ausweitung des Kreditgeschäfts und eine Erholung im Assetmanagement.
Credit Suisse | ||
Konzernzahlen nach IFRS | ||
in Mill. sfr | 2020 | 2019 |
Nettoertrag | 22 389 | 22 484 |
Kreditrisikovorsorge | 1 096 | 324 |
Geschäftsaufwand | 17 826 | 17 440 |
Reinergebnis | 2 669 | 3 419 |
Dividende je Aktie, in sfr | 0,2926 | 0,2776 |
Eigenkapitalrendite (RoTE), in % | 6,6 | 8,7 |
Kernkapitalquote (%) | 12,9 | 12,7 |
Anzahl Mitarbeiter | 48 770 | 47 860 |
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