Cum-ex wird zum „Bandenbetrug“
Reuters/dpa-AFX Frankfurt – Im größten deutschen Steuerskandal hält das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt eine Verurteilung der Angeklagten wegen Bandenbetrugs für möglich. Das OLG bewertet die Cum-ex-Aktiengeschäfte rund um den Dividendenstichtag, deretwegen unter anderem der Rechtsanwalt Hanno Berger angeklagt ist, auch als gewerbsmäßigen Bandenbetrug und nicht nur als Steuerhinterziehung, wie es am Freitag mitteilte. Darauf stehen bis zu zehn Jahre Haft.
Alleiniges Ziel der konstruierten Cum-ex-Geschäfte sei von Anfang an gewesen, „dieses System solange als möglich zu betreiben und dabei so viel wie möglich unberechtigte Steuerzahlungen für die Bande zu erhalten“. Für die Cum-ex-Transaktionen seien Absprachen unter zahlreichen Beteiligten notwendig gewesen, um die Geschäfte aufeinander abstimmen zu können, begründete das Gericht die Entscheidung. Zudem seien die Gewinne von 113 Mill. Euro innerhalb der aus sieben Mitgliedern bestehenden Gruppe nach einer festen, vorher vereinbarten Quote aufgeteilt worden.
In dem Verfahren vor dem Landgericht Wiesbaden – als erster Verhandlungstag ist der 25. März terminiert – steht Berger als Schlüsselfigur im Fokus. Die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt sieht ihn als Spiritus Rector des Betrugssystems. Er wird per Haftbefehl gesucht. Seit einer Durchsuchung seiner Frankfurter Kanzlei und Wohnung vor mehr als acht Jahren lebt Berger in der Schweiz. Sein Anwalt bezeichnete die Entscheidung als „sehr befremdlich“. In nahezu jedem Kommentar lasse sich nachlesen, dass Steuerhinterziehung nicht auch zugleich Betrug sei. Anlass für den Beschluss war eine Beschwerde Bergers gegen den Haftbefehl. Das OLG sieht seinen Umzug in die Schweiz als Flucht, weil das Land wegen Steuerdelikten nicht nach Deutschland ausliefert. Bei „gewerbsmäßigen Bandenbetrug“ ist dies aber nach Schweizer Recht möglich. Der Beschluss des Oberlandesgerichts ist nicht anfechtbar.
Erste Urteile
Bei Cum-ex-Geschäften ließen sich Anleger eine einmal gezahlte Kapitalertragssteuer auf Aktiendividenden mit Hilfe von Banken mehrfach erstatten. Dazu verschoben sie um den Stichtag der Dividendenzahlung herum untereinander Aktien mit („cum“) und ohne („ex“) Dividendenanspruch. Die Fälle zogen weite Kreise, bei Banken und Anwaltskanzleien kam es deswegen immer wieder Durchsuchungen. In der bundesweit ersten Cum-ex-Verhandlung hatte das Landgericht Bonn zwei britische Aktienhändler vor einem Jahr zu Bewährungsstrafen wegen Steuerhinterziehung verurteilt.