LEITARTIKEL

Da waren's nur noch sieben

Es ist wie bei den zehn kleinen Negerlein: Zum 1. Juli zählt die öffentlich-rechtliche Finanzgruppe nur noch sieben Landesbank-Konzerne, inklusive dem Asset Manager Deka acht. Doch Vorsicht: Dass sich die Zahl der Landesbanken verringert, darf nicht...

Da waren's nur noch sieben

Es ist wie bei den zehn kleinen Negerlein: Zum 1. Juli zählt die öffentlich-rechtliche Finanzgruppe nur noch sieben Landesbank-Konzerne, inklusive dem Asset Manager Deka acht. Doch Vorsicht: Dass sich die Zahl der Landesbanken verringert, darf nicht mit einem aktiv gestalteten Konsolidierungsprozess verwechselt werden, auch wenn das Thema seit Jahr und Tag auf der Agenda der Sparkassen-Finanzgruppe steht. Zwar mangelt es nicht an Lippenbekenntnissen, die gelegentlich sogar in Schriftform niedergelegt wurden. Allein, zur Tat geschritten sind die Unterzeichner nicht.Das ist im Fall der WestLB nicht anders, die nun – zehn Jahre nach ihrer Aufspaltung in die Förderbank NRW.Bank und die Geschäftsbank WestLB – endgültig zu Grabe getragen wird. Zwar können die Düsseldorfer eine stattliche Anzahl an Fusionsanläufen oder zumindest Überlegungen zu solchen vorweisen. Die dabei ins Visier genommenen Partner winkten aber regelmäßig ab. Angefangen von der “Koalition der Willigen” unter Führung der WestLB, die unter dem Vorstandsvorsitzenden Thomas Fischer propagiert wurde, über die Fusion auf Augenhöhe, von der noch Anfang 2008 die Rede war, bis hin zu den verzweifelten Andockmanövern in abgespeckter Form an Deka oder BayernLB. Auch diese wurden nach in der Öffentlichkeit ausgetragenen Scharmützeln wieder zu den Akten gelegt.Sicher, die WestLB verschwindet nicht ganz vom Markt. Übrig bleibt die Rechtsnachfolgerin Portigon Financial Services, die erst 2016 privatisiert oder abgewickelt werden muss. Daneben geht das Verbundgeschäft samt Zentralbankfunktion für die Sparkassen aus Nordrhein-Westfalen in der Helaba auf. Mit einem Volumen von 40 Mrd. Euro handelt es sich jedoch nur um einen Bruchteil der einstigen Bilanzsumme von fast 300 Mrd. Euro. An dieser Ausgangsgröße hatte sich die EU-Kommission seit 2008 zu schaffen gemacht. Sollte die Bank im Zuge des damals eingeleiteten Beihilfeverfahrens zunächst nur halbiert werden, drang Brüssel spätestens seit Ende 2010 auf Abwicklung. Den alternativ möglichen Verkauf der WestLB hatten die Eigentümer dagegen so lange verschleppt, bis auch der letzte potenzielle Käufer verschwunden war. Landesbanken, so ist zu konstatieren, verschwinden eben nur dann, wenn die Eigentümer den Geldhahn zudrehen und/oder Brüssel den Marktaustritt erzwingt. Gerade Landespolitiker scheinen dabei den Schrecken ohne Ende dem Ende mit Schrecken vorzuziehen – womöglich getragen von der Hoffnung, dass die Bank aus Fehlern der Vergangenheit lernt.Hinsichtlich der Lernfähigkeit kommen dem Beobachter aber speziell bei der WestLB so manche Zweifel. Denn jenseits von Ereignissen wie dem Wegfall von Anstaltslast und Gewährträgerhaftung oder der Finanzmarktkrise im Zuge der Lehman-Pleite kämpfte die WestLB zu oft mit hausgemachten Problemen, die die Eigentümer – die NRW-Sparkassen auf der einen und das Land Nordrhein-Westfalen und mithin der Steuerzahler auf der anderen Seite – viel Geld kosteten. Mit Schlagworten wie Enron, Boxclever oder auch Eigenhandelsskandal sei nur stichwortartig erinnert.In der vergangenen Woche taxierte NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) die Kosten im Zuge der Zerschlagung auf 18 Mrd. Euro. Das ist jedoch nur die halbe Wahrheit, fehlen in dieser Rechnung doch die Haftungsgarantien, die die Eigentümer für die Bad Bank der WestLB ausgesprochen haben. Noch gehen die Beteiligten davon aus, dass die Garantien nicht in Anspruch genommen werden. Eingedenk des Schuldenschnitts für Griechenland, der die Erste Abwicklungsanstalt 2011 mal eben 850 Mill. Euro kostete, könnte die Schlussrechnung aber auch noch höher ausfallen.So bitter der unverschuldete Verlust des Arbeitsplatzes für fast 3 000 Beschäftigte der Landesbank ist, so gilt es doch auch festzuhalten, dass die Bank ihre Daseinsberechtigung über die Jahrzehnte schlichtweg verspielt hat. Hatte sich die WestLB unter ihrem langjährigen Chef Friedel Neuber zu weit von ihren Sparkassen entfernt, gelang es den zahlreichen Nachfolgern nicht, ein tragfähiges Geschäftsmodell auf die Beine zu stellen. Eine Mitverantwortung tragen dabei sicherlich auch die Eigentümer. Das Land, weil es die Landesbank für seine industrie- und machtpolitischen Zwecke missbrauchte, die Sparkassen, weil sie zu eigennützig Gemeinschaftsgeschäft, das diesen Namen auch verdient, zu verhindern wussten. Am Ende haben alle verloren.——–Von Annette Becker ——-Die WestLB hat ihre Daseinsberechtigung über die Jahrzehnte schlichtweg verspielt. Eine Mitverantwortung tragen dabei auch die Eigentümer. Am Ende haben alle verloren.