Immobilienerwerb

„Daddy, kauf Transam“

Die Versicherten der Bayerischen Versorgungskammer (BVK) dürfte der Report auf Seite 62 des jüngsten Geschäftsberichts mit Stolz erfüllen. „Immobilien-Coup an der US-Westküste“ heißt es da neben einem Foto der bekannten Transamerica Pyramid, des...

„Daddy, kauf Transam“

nok New York

Die Versicherten der Bayerischen Versorgungskammer (BVK) dürfte der Report auf Seite 62 des jüngsten Geschäftsberichts mit Stolz erfüllen. „Immobilien-Coup an der US-Westküste“ heißt es da neben einem Foto der bekannten Transamerica Pyramid, des spitzen, 260 Meter hohen Wahrzeichens von San Francisco.

Bei dem im Oktober 2020 abgeschlossenen Kauf des Siebziger-Jahre-Wolkenkratzers handele es sich „um den spektakulärsten Immobilienerwerb, welcher der BVK in ihrer nunmehr 20-jährigen Geschichte von Investments in Immobilien außerhalb Deutschlands gelungen“ sei. San Francisco habe in den letzten Jahren über einen der „stärksten Büromärkte“ in den USA verfügt, mit „hohem Mietwachstum und sehr niedrigen Leerstandsraten“.

Die Realität sah jedoch schon zum Kaufabschluss anders aus. Der Büroimmobilienmarkt in San Francisco wurde von der Corona-Pandemie hart getroffen. Für die Gesamtregion um San Francisco, zu der auch das Technologiezentrum Silicon Valley gehört, liegen die Leerstandsquoten derzeit bei 11,2%. Im North Financial District, wo die Transamerica-Pyramide steht, sind 15,6% der Büroflächen leer. „San Francisco trägt weiterhin die Hauptlast des Abwärtstrends“, schreiben die Analysten der Immobiliengesellschaft Colliers.

Das hielt die Deutsche Finance und den New Yorker Immobilienentwickler Michael Shvo nicht davon ab, inmitten der Pandemie einen Preis zu zahlen, der auf mittlerweile obsoleten Annahmen beruht. Der Kaufpreis für den Komplex, der auch noch ein weiteres Gebäude und ein Neubaugelände einschließt, lag bei 650 Mill. Dollar. Das entsprach zwar einem Rabatt auf den zuletzt gebotenen Kaufpreis. Aber nach Dokumenten der Partner vom November 2019, die im Rahmen eines Rechtsstreits öffentlich wurden, basiert der Kaufpreis auf Annahmen einer Leerstandsrate von 4,7% im North Financial District, starker Nachfrage von Technologiefirmen nach Büroflächen und erwarteten Mieten von 85 bis 135 Dollar je Quadratfuß. Der aktuelle Mietpreis für Class-A-Objekte im Financial District liegt bei durchschnittlich 79 Dollar für diese in den USA übliche Flächeneinheit.

Skeptischer Blick auf Mieten

Das Käuferduo will weitere 50 Mill. Dollar ins Gebäude investieren, was letztlich „Spitzenmieten“ generieren soll. Die Fachleute bei Colliers sind indes skeptisch, was das allgemeine Potenzial für Top-Mieten angeht. „Unsere Experten glauben, dass der Büromarkt in San Francisco weiterhin eine Abschwächung der allgemeinen Mietpreise erleben wird“, heißt es.

Die Partner, zu denen Ende 2019 noch der später herausgedrängte Investor Serdar Bilgili gehörte, schienen im Bieterkampf in einer Art Kaufrausch. „Ich will ein Video von Deiner Tochter sehen, wie sie sagt ‚Daddy, kauf Transam‘“, schrieb Sven Neubauer, der Chefanleger der Deutschen Finance, Ende November 2019 an Michael Shvo. „WIR MÜSSEN DIE BVK FÜR DIESES GEBÄUDE BEGEISTERN“, antwortete Shvo in Großbuchstaben. Im Januar schickte Shvo dann ein Foto eines Lego-Architekturbaukastens von San Francisco an seine Partner, auf dem die Transamerica-Pyramide zu sehen war.

Die BVK ließ sich allem Anschein nach anstecken. „Sie sind tatsächlich sehr begeistert davon“, meldete Shvo. Die meisten anderen institutionellen Anleger winkten ab. „Die hatten Schwierigkeiten, Investoren zu finden“, sagt ein mit der Angelegenheit vertrauter Marktteilnehmer. Entsprechend dürfte auch die Beteiligung der BVK höher sein als die 50,1%, die im Geschäftsbericht ausgewiesen sind. Die konkrete Frage, wie hoch der Prozentsatz ist, ließ die BVK unbeantwortet. Die Deutsche Finance sagt, dass die verbleibenden 49,9% des Eigenkapitals von anderen Investoren gezeichnet worden seien.

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