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"Dafür ist das Umfeld zu gut"

Interview mit Thorsten Lange

"Dafür ist das Umfeld zu gut"

Herr Lange, sind die Aussichten für den deutschen Wohnimmobilienmarkt auch in den kommenden Jahren gut?Das Umfeld ist derzeit noch günstig. Die Lage am Arbeitsmarkt ist gut, die Einkommen steigen. Zwar sehen wir eine Konjunkturabschwächung, der Konjunkturzyklus wird sich aber 2019 fortsetzen. Für die Wohnimmobiliennachfrage ist allerdings die hohe Beschäftigung entscheidender als ein schwächeres Wirtschaftswachstum, wodurch die Situation der privaten Haushalte günstig bleibt. Außerdem bleibt das Angebot knapp, was ebenfalls die Preise stützt. Hinzu kommt die Zuwanderung. Sie ist nicht mehr so hoch wie 2015, aber mit netto rund 500 000 im Jahr 2016 und 400 000 im Jahr 2017 noch recht hoch. Das Angebot kann nur träge auf die hohe Nachfrage reagieren, was Übertreibungen verstärkt.Welche Risiken gehen von steigenden Zinsen aus?Es gibt bereits eine Verschlechterung der Erschwinglichkeit durch die stark gestiegenen Preise. Dies wird aber noch durch die extrem niedrigen Zinsen überkompensiert. Wenn sie etwa auf 3% steigen, wird das im historischen Vergleich immer noch niedrig sein. Aber: Die Kreditbeträge sind heute höher als früher. Dadurch wird die Hebelwirkung steigender Zinsen stärker. Zudem würde ein Zinsanstieg von 1,80% auf 3% von einem niedrigen Niveau erfolgen. Relativ gesehen wäre das jedoch ein kräftiger Anstieg. Die Belastung aus Krediten würde sich spürbar erhöhen, was tendenziell die Nachfrage dämpfen würde.Wie werden sich die Preise Ihrer Einschätzung nach weiterentwickeln?Wir erwarten im nächsten Jahr noch steigende Preise, dann aber eine Abflachung, das heißt, wir bewegen uns auf den Gipfel zu. Die steigenden Zinsen werden sich dann bemerkbar machen.Es gibt Befürchtungen über eine Blase am Wohnimmobilienmarkt. Teilen Sie diese Sorgen?Eine typische Blase hat Deutschland nicht. In den zurückliegenden zehn Jahren sind die Wohnimmobilienpreise um 40% gestiegen. Das ist eine gute Entwicklung, aber eben nicht dramatisch. Zudem geht eine Blase in der Regel mit spekulativen Käufen in erheblichem Umfang einher. Das ist in Deutschland nicht so ausgeprägt wie in anderen Ländern. Wohnimmobilien werden hier vor allem zur Eigennutzung oder als solide Anlage erworben. Auch sehen wir in Deutschland keine stark steigende Verschuldung. Es gibt aber Preisübertreibungen in einigen Städten wie Berlin, Frankfurt, Hamburg und München. Dort gibt es auch eine hohe Nachfrage ausländischer Investoren. Die Bundesbank hat von einer Überbewertung von bis zu 35% gesprochen. Die Gesamtlage ist allerdings auch nicht so, dass nun ein Preiseinbruch in einem derartigen Ausmaße zu erwarten wäre. Dafür ist das Umfeld zu gut. Zudem gibt es unter anderem mangels hinreichenden Baulands in den Städten nur eingeschränkt Möglichkeiten, das Angebotsdefizit zu beheben.—-Thorsten Lange, Volkswirt DZ Bank