IM INTERVIEW: JOCHEN METZGER, BUNDESBANK, UND MATHIAS PAPENFUSS, CLEARSTREAM

"Dänische Krone wird im Oktober 2018 kommen"

Die Wertpapierabwicklungsspezialisten über die europäische Plattform T2S, die Aufnahme weiterer Währungen sowie Wertpapiere und die Blockchain

"Dänische Krone wird im Oktober 2018 kommen"

Seit Februar ist der zur Deutschen Börse gehörende internationale Wertpapierabwickler Clearstream an T2S angedockt. Was mit dieser vom Eurosystem betriebenen europäischen Abwicklungsplattform möglich ist, welche Währungen und Wertpapiere noch auf das System kommen könnten, erklären Jochen Metzger, Leiter des Zentralbereichs Zahlungsverkehr und Abwicklungssysteme der Bundesbank, und Mathias Papenfuß, Vorstand der Clearstream Holding, im Interview.- Herr Metzger, Herr Papenfuß, wie läuft T2S nach der Migration von Clearstream auf die Plattform?Jochen Metzger: Die deutschen Marktteilnehmer haben die Migration als sehr gut beurteilt und sind beeindruckt, wie gut der T2S-Betrieb seitdem läuft. Die Zusammenarbeit mit Clearstream, den vier Partnerzentralbanken, also der Banca d’Italia, der Banque de France und dem Banco de España, mit der EZB und mit dem Eurosystem als Ganzes hat sehr gut funktioniert. Vielleicht hat die verpatzte Generalprobe vor Weihnachten ein klein wenig geholfen, dadurch waren alle fokussiert. Im Februar wurden im täglichen Mittel 564 000 Transaktionen abgewickelt mit einem tagesdurchschnittlichen Mittelwert von knapp 700 Mrd. Euro. Vor der Migration lag die Stückzahl im Mittel bei 240 000, das Volumen bei knapp 600 Mrd. Euro.Mathias Papenfuß: Wir können die positiven Erfahrungen nur bestätigen. Alle Beteiligten haben über zehn Jahre hinweg gemeinsam an einem Strang gezogen, um dieses Mammutprojekt zum Erfolg zu führen – und haben es so zu einem europäischen Vorzeigeprojekt gemacht. T2S hat gezeigt, dass länderübergreifende Kooperation funktionieren und konkrete Lösungen hervorbringen kann. Gerade in Zeiten, in denen nationalistische Tendenzen und der drohende Brexit die EU auf eine harte Bewährungsprobe stellen, kann man das als großen Erfolg werten. Auch technisch sehen wir nach unserer eigenen Migration im Februar ein System, das weitestgehend rundläuft. Was unseren Umsatzanteil betrifft: Der deutsche Markt ist sehr aktiengetrieben mit hohem Transaktionsvolumen bei geringen Gegenwerten. 80 % des Umsatzvolumens mit 20 % der Gegenwerte machen diese Transaktionen bei uns aus, bei Anleihen ist es genau umgekehrt.- Es gibt also keine Verzögerungen im Live-Betrieb mehr wie noch im Dezember?Metzger: T2S hat vor allem im Dezember den Zeitplan in der Verarbeitung gerissen. Das ist zwischenzeitlich erheblich besser geworden. Mit einer Ausnahme: An einem Geschäftstag im Februar sind wir in T2S in Folge einer Kapitalerhöhung eines großen europäischen Instituts aus dem Zeitfenster gelaufen. Das war nicht weiter problematisch, da dies bereits im Vorfeld so mit den Marktteilnehmern abgesprochen war.- Weshalb ging das nicht anders?Metzger: Es kamen drei Belastungen zu einem einzigen Zeitpunkt am Abend zusammen: Instruktionen, Stammdatenänderungen und die notwendigen Abfragen. Es mussten zusätzliche Berichte erstellt und gesendet werden, das war fast schwieriger als die eigentliche Verarbeitung. Weil die Aktien des betreffenden Instituts in sehr vielen Depots vertreten sind, sorgte dies für einen außerordentlichen Umsatz, allerdings wie gesagt im Vorfeld abgesprochen.Papenfuß: Es gibt bei Kapitalerhöhungen den Trend, erst last minute die Investitionsentscheidung zu treffen. Dadurch befindet man sich dann entsprechend sehr eng an den Deadlines von T2S. Aufgrund der Automatisierung wird häufig einzelinstruktionsbezogen agiert, und es werden nicht mehr viele einzelne Instruktionen in einer Weisung zusammengefasst. Das schafft ein nicht unerhebliches Transaktionsvolumen und ist somit ein Stressfaktor im Verarbeitungszeitplan. Solange sich alle Marktteilnehmer einig sind, wie an solch einem Tag vorzugehen ist, ist das aber handhabbar.Metzger: Kapazität gibt es nicht zum Nulltarif. Wenn die T2S-Kapazität so groß gewählt würde, dass wir auch noch die größte Ausnahme abdecken könnten, würde dies in normalen Zeiten zu hohen Leerlaufkosten führen. Davon hat niemand etwas. Viele Dinge haben sich mit T2S eben auch geändert. Insbesondere gibt es andere Abwicklungszyklen, darauf müssen sich die Marktteilnehmer erst noch einstellen. Auch existiert mit den Directly Connected Parties – dabei handelt es sich um große Banken, die direkt an T2S teilnehmen – eine neue Kategorie von Marktteilnehmern mit eigenem Verhaltensmuster. Da sehe ich eine Lernkurve bei allen Parteien, und ich glaube daher, die Gesamteffizienz wird mit der Zeit noch besser.- Was sind die drängendsten Punkte?Metzger: T2S befindet sich immer noch in der Stabilisierungsphase. Neben zentralen Änderungswünschen des Marktes werden in den aktuellen Releases auch immer noch Fehler korrigiert. Ich hoffe nicht, dass wir dafür wirklich noch ein ganzes Jahr brauchen, aber es sind noch einige Dinge zu erledigen. Auch spielen die Link-Beziehungen zwischen Zentralverwahrern und das Verhalten der Banken im Custody-Geschäft eine Rolle.Papenfuß: Im Cross-Border-Geschäft hat sich im Wesentlichen bisher nur bestehendes Geschäft auf T2S verschoben. Es ist noch zu früh, um eine Trendwende in Form einer stärkeren Nutzung zu sehen. Wir erwarten eine intensivere Nutzung erst in den kommenden Monaten und speziell nach der fünften Migrationswelle im September, wenn Spanien und die baltischen Staaten auf T2S dazustoßen.- Welche Rolle spielt für das Cross-Border-Geschäft das Sicherheiten-Management und ein besseres Liquiditätsmanagement?Papenfuß: T2S für ein zentrales Liquiditätsmanagement zu nutzen, ist sicher einer der Treiber des Cross-Border-Geschäfts. Wir vermarkten dieses Geschäftsmodell, mit Zentralverwahrer-Links und direkten Marktzugängen. Das Bereitstellen des Collaterals über T2S frei von Zahlungsübertragungsmechanismen wird von den Kunden bereits gut angenommen.Metzger: Liquidität ist auch Cash. Wir haben 99 Kunden, die ihre Wertpapiergeschäfte geldseitig über insgesamt 176 bei der Bundesbank geführte Konten regulieren. Neben den traditionellen deutschen Instituten sind auch einige Kontoinhaber aus London dabei.- Wie weit sind denn die Bemühungen von Clearstream zur Herstellung der Links zu anderen Zentralverwahrern?Papenfuß: Im Augenblick haben wir unsere bestehenden Links migriert. Unsere strategische Stoßrichtung geht dahin, dass wir in den jeweiligen lokalen Märkten, die an T2S angeschlossen sind, den Bereich Asset Servicing stärker herausstellen wollen. Bis spätestens Anfang 2018 sollten wir in der Lage sein, hier die ersten Märkte in Kooperation mit unseren lokalen Partnern auszurollen.- Wie sieht es mit den Wertpapieridentifizierungsnummern – den ISINs – aus? Hier scheint nicht immer klar, ab welchem Zeitpunkt diese T2S-eligibel sind, was gerade den deutschen Markt trifft.Papenfuß: Vom Grundsatz her ist das geklärt. Es gibt jedoch zwei Aspekte zu beachten. Einmal jener des neuen Abwicklungsstandards und dann jener der Innovationskraft in der Produktgestaltung auf Emittentenseite. Der deutsche Options- und Zertifikatemarkt ist ein sehr innovativer Markt, der permanenten Veränderungen unterliegt, mit denen man auf der Abwicklungsseite nicht immer Schritt halten kann. Es gibt Verzögerungen, etwa bei Hüllenzertifikaten, bei Zertifikaten, die untertägig beziehungsweise gleichtägig emittiert werden. Das besprechen wir mit den Kunden, die in diesem Segment aktiv sind, und erarbeiten gemeinsam Lösungen für eine möglichst reibungslose Abwicklung und Wertpapierstammdaten-Bereitstellung. Solche Fälle betreffen jedoch nur rund 1 % der täglich emittierten circa 20 000 Instrumente.- Wie kommt es zu dieser Unklarheit?Papenfuß: Die Zentralverwahrer-Regulierung CSDR lässt zu, dass ein Wertpapier – hier also ein Optionsschein oder Zertifikat – gehandelt werden kann, bevor es der jeweilige Zentralverwahrer zur Abwicklung zugelassen hat beziehungsweise die Stammdaten unter anderem im T2S-System vorliegen. Dies muss dann aber spätestens bis zum ersten Abwicklungstag der Fall sein. Diese Geschäftsprozesse müssen besser synchronisiert werden.Metzger: Auch hier gibt es eine Lernkurve und noch Feinabstimmungsbedarf. Es ist aber auch im Sinne des Anlegerschutzes wichtig, dass diese Produkte ordentlich geprüft werden, bevor sie von den Zentralverwahrern zugelassen werden und damit lieferbar sind.- Die versprochenen Kosteneinsparungen durch T2S haben sich bisher nicht richtig im Markt gezeigt. Im Markt wird darum gefordert, dass durch die Harmonisierung der Zentralverwahrer-Informationstechnologie nun auch von dieser Seite ein Beitrag zur Kostensenkung geleistet werden müsste. Was sagen Sie dazu?Papenfuß: Einsparungspotenzial kommt vor allem aus der Harmonisierung operativer Prozesse. Bei der Umsetzung dieser Harmonisierungsmaßnahmen haben wir noch Potenzial. Wir haben den ersten Schritt nun auf der Settlement-Seite gemacht. Grundsätzlich ist etwas dran, dass die IT-Systeme der Zentralverwahrer, die nicht das Settlement betreffen, stärker vereinheitlicht werden könnten. Mit Blick auf die Zeitdauer und die zu erwartende Komplexität lässt sich nur schwer eine Vorhersage machen, wie lange es dauern wird, bis diese Harmonisierung auch funktional und IT-technisch umgesetzt würde. Da sprechen wir voraussichtlich über eine noch höhere Komplexität und noch längere Projektlaufzeiten als bei T2S.Metzger: Ich kann das nur unterstreichen. T2S hat eine Harmonisierungswelle ausgelöst, die noch nicht zu Ende ist. T2S bringt aber nicht nur Harmonisierung, sondern auch mehr Wettbewerb, sowohl auf Ebene der Zentralverwahrer als auch zwischen Banken im Custody-Geschäft und Zentralverwahrern. Wettbewerb und Harmonisierung erfordern aber auch Anpassungen bei Zentralverwahrern und Marktteilnehmern – und das läuft nicht überall sofort und gleich rund.- Bisher bleibt es bei nationalen Märkten, wird kritisiert, weil es im Cross-Border-Geschäft mit der Harmonisierung noch hakt.Metzger: Dass es im Moment so wenig Cross-Border-Geschäft gibt, ist sicher nicht nur die Schuld von T2S. Da lassen sich auch noch andere Gründe anführen, warum etwa deutsche Investoren derzeit lieber deutsche als französische Aktien kaufen.Papenfuß: Man muss schauen, wie die Marktteilnehmer sich hinsichtlich ihrer Netzwerkstrategie verhalten, da wird häufig noch die letzte Migrationswelle im September 2017 abgewartet. Ich gehe davon aus, dass sich diese Pläne nach der erfolgreichen Migration des deutschen Marktes nun aber auf der Zeitachse deutlich nach vorn bewegen. Daraus ergibt sich womöglich auch, dass sich Settlement-Flows aus dem nationalen in den Cross-Border-Bereich verschieben, von Sub-Custodians zu Zentralverwahrern – also CSDs -, und wie Custodians, die als Directly Connected Parties auftreten, auch stärker grenzüberschreitend agieren.- Inwieweit ist das Thema Asset Segregation – der Abtrennung von Vermögenswerten von Kunden von eigenen Vermögenswerten – für den Zentralverwahrer noch relevant?Papenfuß: Das Thema kommt aus dem Bereich der Investmentfonds. Es ist nicht so zwingend auf der CSD-Ebene relevant, wenngleich die Regulierung hier noch nicht final ist und wir noch nicht wissen, wer konkret von der Regulierung betroffen sein wird. Es gibt Stimmen, die hier eine Unverträglichkeit zwischen einer kompletten Kontensegregierung über alle Ebenen hinweg in allen europäischen Märkten sehen und dem heutigen Umfang und Design von T2S.Metzger: Ich möchte hervorheben, dass T2S durchaus mit segregierten Konten umgehen kann. Zu T2S gehören auch Märkte mit einem Direct-Holding-Model, etwa bald die baltischen Staaten, in denen jeder Investor direkt ein Konto beim Zentralverwahrer unterhält. Dieses Depotkonto wird am Ende des Tages auch auf T2S reflektiert. Wenn es zu einer kompletten Kontensegregierung kommt, muss nicht nur das Kontenmodell in T2S, sondern die ganze Post-Trade-Prozesskette überdacht werden.- Was erwarten Sie für T2S noch für die nächsten Jahre? Welche Währungen kommen sonst noch auf die Plattform?Metzger: Die dänische Krone wird im Oktober 2018 auf T2S kommen. Dass harmonisierte Geschäftsprozesse T2S attraktiv machen, spürt zunächst einmal Skandinavien, da mit Finnland und Dänemark zwei Märkte dabei sind, die sich schon frühzeitig vertraglich verpflichtet haben, ihre Wertpapierabwicklung über T2S laufen zu lassen. Mit Norwegen und Schweden sind deshalb bereits Gespräche im Gang. Ich könnte mir vorstellen, dass wir den norwegischen und schwedischen Markt zunächst ohne die Währung auf T2S bekommen, so dass norwegische oder schwedische Papiere in dänischen Kronen oder in Euro über T2S abgewickelt werden.- Wie sieht es mit britischen Titeln aus?Metzger: Technisch wäre das möglich. Wir haben ja auch Schweizer Wertpapiere in T2S, ohne dass der Franken mitmacht. Ich kann mir deshalb gut vorstellen, dass der britische Zentralverwahrer Euroclear UK ein Euro-Settlement von britischen Papieren über T2S anbietet. Das wäre sicher nicht das dominante Modell, aber es wäre eine Variante, die gangbar wäre – auch nach dem Brexit. Ich halte das auch für wünschenswert, da es viele britische Unternehmen gibt, die für Investoren in Kontinentaleuropa attraktiv sind.- Was die Rolle von T2S in einem globalen Markt anbelangt – inwieweit ist die Plattform auch ein zentrales Tor zu Europa?Metzger: Technisch ist T2S gut vorbereitet. Es bietet aktuell bereits das sogenannte Conditional Settlement an und ermöglicht damit, Wertpapiere gegen Nicht-T2S-Währungen abzuwickeln. Ergänzend dazu könnte man sich auch vorstellen, dass nur auf der Geldseite ein Link zu T2S aufgebaut wird, während die Abwicklung der Wertpapierseite dann im jeweiligen Heimatmarkt in Asien oder in den USA als Free-of-Payment-Transaktion erfolgt. Natürlich hilft es, wenn alle in Richtung ISO 20022 unterwegs sind, was die Datenformate anbelangt. Fraglich ist allerdings, inwieweit von der Marktseite und von der Politik her Interesse an solchen Lösungen besteht. Ich kann es derzeit nicht wirklich spüren.Papenfuß: Natürlich hat eine T2S-Plattform ihren Charme, aber man muss auch die nationalen Eigenheiten in Asien berücksichtigen. Die Voraussetzungen sind dort momentan nicht gegeben, eine T2S-ähnliche Plattform schaffen zu können. Derartige Bestrebungen dauern nun schon sehr lange an und dürften aufgrund der heterogenen Marktstrukturen in Asien noch einige Zeit benötigen. Grundsätzlich müssen wir uns darauf konzentrieren, die T2S-Plattform hinsichtlich der ursprünglichen Zielsetzungen fertigzustellen. Hierbei steht die Vereinfachung der Cross-Border-Geschäftsabwicklung im Mittelpunkt. Dieser Aspekt sollte bei allen anderen Ambitionen nicht vergessen werden.- Wie ist Ihre Einschätzung zur Distributed-Ledger-Technologie?Metzger: Die Bundesbank führt ein gemeinsames Blockchain-Projekt mit der Deutschen Börse durch. Wir haben bereits einen Prototyp gebaut, um zu sehen, ob sich die Blockchain-Technologie grundsätzlich für unser Thema “Delivery-versus-Payment-Wertpapierabwicklung” eignet. In einem zweiten Schritt wollen wir diesen Prototyp weiterentwickeln und die technische Leistungsfähigkeit und die Skalierbarkeit einer solchen Blockchain-basierten Anwendung testen und analysieren. Wenn wir dann feststellen, dass sich dieser Prototyp wunderbar eignet, wäre der nächste Schritt der, die nächste Generation von T2S auf der Blockchain laufen zu lassen. Aber im Moment kann man die Frage, ob die Blockchain ein sinnvoller Ansatz für die Wertpapierabwicklung ist, noch nicht guten Gewissens beantworten.Papenfuß: Das kann ich nur unterstreichen. Es geht jetzt im Wesentlichen darum, die neue Technologie praxistauglich auszugestalten und anpassbar zu machen. Es geht auch darum, sich all den Fragestellungen zu nähern, die sich in der Einführung ergeben, also auch regulatorischen Fragen oder Rechtsfragen.Metzger: Wir haben – wie eingangs gesagt – auf T2S derzeit ca. 600 000 Transaktionen mit 700 Mrd. Euro Gegenwert täglich, und wir haben dazu ein telefonbuchstarkes Regelwerk. Das müsste erst einmal auf die Blockchain übertragen werden. Die heutigen Blockchain-Anwendungen arbeiten mit viel weniger Transaktionen und ganz schmalen Regelwerken. Da liegt noch eine Welt dazwischen.- Apropos Blockchain – es ist ja nicht zwingend, dass es auch Zentralverwahrer gibt?Metzger: Wir haben unser Modell bewusst so aufgesetzt, dass es eine Coin Providing Authority und eine Bond Providing Authority gibt, die könnte man mit Zentralbank und Zentralverwahrer “übersetzen”. Für unser Modell ist dies der richtige Ansatz, denn wir setzen am bestehenden Rechtsrahmen an. Sonst müssten wir ja neue Spielregeln definieren, sowohl für die operative Geldpolitik als auch für die Wertpapieremission und das Depotgesetz.- Es braucht also einen operativ Verantwortlichen?Metzger: Es braucht einen Verantwortlichen, nicht nur operativ, sondern vor allem auch rechtlich gesehen.Papenfuß: Mit unserem pragmatischen Vorgehen bewegen wir uns im Rahmen des heutigen Rechtsverständnisses und Regelwerks. Wenn ich Zentralverwahrer im Rahmen von Blockchain in Frage stelle, stelle ich im selben Augenblick zum Beispiel auch eine CSD-Regulierung in Frage. Denn eines darf man nicht vergessen: Die Finanzbranche ist ein stark reguliertes Umfeld mit hohen rechtlichen und regulatorischen Vorgaben sowie Anforderungen an Sicherheit und Risikobegrenzung. Diese gilt es zu erfüllen – ganz egal, auf welche technische Basis man setzt.- Man könnte sich doch Gedanken machen, einen einheitlichen Kapitalmarkt zu bauen und einen Verantwortlichen zu schaffen, der nicht auf eine Region begrenzt ist.Metzger: Die Blockchain ist nur eine Abwicklungstechnologie. Der einheitliche Kapitalmarkt entsteht aber durch die Harmonisierungsanstrengungen in der Abwicklung. Um es ganz deutlich zu sagen: Nicht harmonisierte Prozesse sind nicht Blockchain-fähig. Und bis zu einer europäischen Wertpapierrechtsharmonisierung ist es noch ein weiter Weg.—-Das Interview führte Dietegen Müller.