Das Fenster schließt sich

Den rechten Zeitpunkt für eine Kapitalerhöhung hat die Deutsche Bank schon verpasst

Das Fenster schließt sich

Monatelang ist die Deutsche Bank Spekulationen um eine Kapitalerhöhung entgegengetreten. Das Fenster für eine Aktienemission, die ihren Kapitalbedarf deckt, hat sich in dieser Zeit zusehends geschlossen.Von Bernd Neubacher, FrankfurtDie Chancen der Deutschen Bank, ihren Kapitalbedarf durch eine Aktienemission zu decken, schwinden zusehends. Während Chief Executive Officer John Cryan Spekulationen um eine Kapitalerhöhung in den vergangenen Monaten mehrfach zurückwies, ist der Kurs auf Niveaus gefallen, auf denen der Erlös selbst bei maximaler Verwässerung der Aktionäre nicht mehr ausreichen dürfte, die drohenden Löcher in der Kapitaldecke des Instituts zu stopfen. Das Fenster schließt sich.Zugleich sind Spekulationen um eine Kapitalerhöhung immer für einen kräftigen Kursrutsch gut, wie am Montag das Rekordtief von 10,55 Euro im Verlauf zeigte nach einem Bericht, demzufolge die Bundesregierung nicht bereit ist, der Bank Staatshilfe zu gewähren. Ein Konzernsprecher erklärte daraufhin, die Frage einer Kapitalerhöhung stelle sich “derzeit” nicht: “Wir erfüllen alle regulatorischen Vorgaben.”Diese Vorgaben allerdings nehmen sukzessive zu. So rechnet die Bank im Geschäftsbericht selbst vor, dass die EZB ihr in diesem Jahr eine Kapitalquote von mindestens 10,75 % auf Basis der Übergangsregelungen von Basel III abfordert, dieser Wert bis Januar 2019 aber auf 12,25 % steigen dürfte. Ende Juni zeigte sie 10,8 %, volle Umsetzung von Basel III unterstellt.Damals ging die Bank noch davon aus, bis Ende 2019 jährlich 2 Mrd. bis 2,5 Mrd. Euro Eigenkapital schaffen zu müssen, um die Anforderungen der Regulierung zu meistern. Damals allerdings war die vom US-Justizministerium aufgerufene Summe von 14 Mrd. Dollar als Verhandlungsbasis für einen Vergleich im Streit um die Vermarktung von US-Hypothekenpapieren noch nicht bekannt. Zurück gestellt hat die Bank für ihre Rechtsrisiken bislang 5,5 Mrd. Euro bei Eventualverbindlichkeiten von 1,7 Mrd. Euro. Davon aber muss sie auch Vergleiche unter anderem wegen des Geldwäscheskandals in Russland sowie wegen Vorwürfen der Devisenmarktmanipulation bestreiten. Es reicht nichtMan muss kein Pessimist sein, um den Schluss zu ziehen, dass das Geld hinten und vorn nicht reicht. Sollte sich die Bank daher entgegen ihren Beteuerungen nun doch mit dem Gedanken an eine Kapitalerhöhung tragen, wird sie aber feststellen, dass sie, wenn es schlecht läuft, ihren Kapitalbedarf mit einer Aktienemission allein kaum decken können wird.Auf der Hauptversammlung im vergangenen Jahr genehmigten die Anteilseigner einen Kapitalrahmen, der es dem Institut ermöglicht, das Grundkapital von 3,53 Mrd. Euro um die Hälfte, also um 1,76 Mrd. Euro, zu erhöhen. Bei einem laut Bank rechnerischen Nominalwert von 2,56 Euro je Stückaktie entspräche dies maximal 687 Millionen Aktien. Auf dem Niveau des jüngsten Rekordtiefs würde dies einem Emissionserlös von allenfalls knapp 7,3 Mrd. Euro oder 8,1 Mrd. Dollar erlauben – das sind nur 59 % der vom US-Justizministerium in den Raum gestellten Summe. Und in dieser Rechnung sind der großen Kapitalerhöhungen vorausgehende Kursverlust, der obligatorische Emissionsabschlag sowie Provisionen für die Underwriter gar nicht einberechnet.Als etwa die Commerzbank 2013 im Zuge einer 2,5 Mrd. Euro schweren Kapitalerhöhung die Zahl der ausstehenden Anteilsscheine beinahe verdoppelte, wurden die Titel zu einem Preis von nicht einmal der Hälfte des Schlusskurses tags zuvor platziert, was einem Abschlag von 38 % auf den theoretischen Preis abzüglich des Bezugsrechts (TERP) entsprach. Discounts von 30 % bis 40 % auf den TERP waren im Bankensektor jahrelang gang und gäbe, bis es zunehmend schwierig wurde, Banktitel überhaupt zu platzieren. Noch zu Jahresbeginn hätte die Deutsche Bank – entsprechende Nachfrage der Anleger vorausgesetzt – eine 7,3 Mrd. Euro schwere Kapitalerhöhung über die Bühne ziehen können, ohne ihre Anteilseigner derart zu verwässern. Weil der Kurs damals gut doppelt so hoch lag wie am Montag (siehe Chart), hätte sie dazu nicht 687 Millionen, sondern nur gut 320 Millionen Aktien emittieren müssen. Die Zahl der ausstehenden Aktien hätte sich damit nicht um die Hälfte, sondern um lediglich 23 % erhöht. Und hätte sie das rechnerische Maximum herausholen können, hätten ihr theoretisch ohne Abschläge oder Provisionen brutto noch 15,5 Mrd. Euro zufließen können.Derzeit allerdings böte die Deutsche Bank als Emittentin, die ihr Grundkapital ums Maximum erhöhen will und damit aber noch immer nicht aller Kapitalsorgen ledig ist, weil sie den rechten Zeitpunkt für eine Emission verpasst hat, ohnehin keine gute Equity Story.