"Das haben wir etwas unterschätzt"
bn Hamburg – Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) räumt eine Fehlbewertung bei der Neueinführung des Smartphone-Kontos Yomo ein. Die Ausweitung des Angebots von derzeit neun Sparkassen auf 130 Institute dauere “länger als gedacht”, erklärte Joachim Schmalzl, geschäftsführendes DSGV-Vorstandsmitglied, am Donnerstag in einem Pressegespräch. Man werde das Angebot erst im Sommer zur Verfügung stellen können. Als unerwartet langwierig entpuppt sich demnach, im Falle von Kunden, deren Angaben nicht vor Ort überprüfbar sind, eine “unfallfreie Kontoeröffnung” sicherzustellen, um “die richtigen Kunden” anzubinden, wie Schmalzl sagte. “Das alles hoch zufahren, das haben wir etwas unterschätzt”, räumte er ein.Im Gespräch mit der Börsen-Zeitung hatte Franz-Theo Brockhoff, Vorsitzender der Geschäftsführung des Sparkassen-IT-Dienstleisters Finanz Informatik (FI), im November vergangenen Jahres, für 2019 “den breiten Einsatz” der Girokonto-App angekündigt, deren erster Start vor vier Jahren sich mangels Beteiligung von Sparkassen bald zum Flop entwickelt hatte. Eine komplett überarbeitete Version, an der sich 130 der 385 Sparkassen beteiligen wollten, solle im Dezember an den Start gehen, hieß es damals. Fürs zweite Halbjahr 2019 stellte Brockhoff bereits eine Aktualisierung der App in Aussicht, welche dann auch etwa Sammelüberweisungen oder die Integration von Debit- und Kreditkarten ermöglichen solle. Im Markt war die Yomo-Neueinführung zuletzt fürs erste Halbjahr 2019 erwartet worden. Alle sollen mitmachenIm Prinzip wünsche sich der DSGV, dass alle Sparkassen bei Yomo mitmachten, erklärte Schmalzl. Institute, die darauf verzichteten, müssten damit rechnen, dass Kunden das Angebot über ein anderes Institut wahrnähmen. Auf Grund einer kartellrechtlichen Vorgabe werden die Sparkassen die Yomo-Basisfunktion seinen Angaben zufolge kostenlos offerieren. Für zusätzliche Leistungen etwa einer Kreditkarte oder eines Dispo-Kredits würden die Institute individuell Preise festlegen. Offene Fragen bei PaydirektWas den geplanten Stimulationsschub für Paydirekt, das Online-Bezahlverfahren der deutschen Banken und Sparkassen, sowie das dafür bereitgestellte Volumen an Investitionen angeht, hielt sich Schmalzl bedeckt. Entsprechende Ankündigungen sollen offenbar der Paydirekt GmbH selbst überlassen werden.Zur Wochenmitte von Bundeskanzlerin Angela Merkel formulierte Befürchtungen einer radikalen Ausdünnung der Filialnetze infolge der Digitalisierung trat Schmalzl am Donnerstag entgegen. Die Dichte des Filialnetzes sei bei den Sparkassen derzeit nicht groß in der Diskussion, vielmehr finde “aktives Investment in Filialen” statt. Der Finanzgruppe sei es viel wert, Kompetenz vor Ort vorzuhalten. Zudem sei der Kosteneffekt von Filialschließungen recht gering. Die dort Beschäftigten blieben in der Bank, und für die Gebäude fehlten oft Interessenten. Matthias Bergner, Leitung der DSGV-Abteilung Sparkassenpolitik und Bankaufsicht, äußerte sich unterdessen erleichtert über die Einführung einer Small and Simple Banking Box die Erleichterungen für kleine und mittelgroße Institute vorsehe. Lange habe die EU in der Regulierung alle Banken gleich behandelt, nun gebe es ein Regime für die Verbünde: “Da ist der Einstieg geschafft.”Arne Hertel, Leiter der DSGV-Abteilung Kapitalmarktrecht, machte einen Verlust an Kundenvertrauen infolge der von Mifid II vorgeschriebenen Aufzeichnungspflicht sowie Unzufriedenheit aus. Kunden fühlten sich bevormundet: “Im Moment befinden wir uns an einer Stelle, an der wir befürchten müssen, dass wir den Kunden verlieren. Da ist der Rahmen nicht so gesetzt worden, dass man dem Kunden gerecht werden kann”, sagte Hertel.