Bankenverband

„Das muss sich ändern“

Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing will sich nach Amtsantritt als Bankenpräsident Anfang Juli für eine Entlastung der Kreditwirtschaft sowohl bei den Baseler Kapitalvorgaben als auch bei der Bankenabgabe starkmachen. Eine Kapitalmarktunion betrachtet er als Voraussetzung für den Green Deal der EU-Kommission.

„Das muss sich ändern“

bn Frankfurt

– Die Abgabe zum Aufbau des EU-Bankenabwicklungsfonds, der Abschluss des Kapitalregelwerks Basel III und die Kapitalmarktunion: Bei diesen Themen hat Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing unmittelbar nach seiner Wahl zum Bankenpräsident per Anfang Juli am Montag erste Akzente gesetzt. Mit Blick auf die Bankenabgabe setzt sich Sewing für eine Entlastung ein, zugleich fordert er Erleichterungen im geplanten Abschlusses von Basel III und plädiert für eine Kapitalmarktunion in der EU, wie in einem Pressegespräch des Bundesverbands deutscher Banken (BdB) deutlich wurde. Im Falle des Bankenabwicklungsfonds sowie des Basel-Prozesses sollte Regulierung stärker berücksichtigen, „was sie für die Kreditversorgung der Wirtschaft bedeutet“, erklärte er vor Beginn des 22. Bankentages.

„Mehr als fraglich“

Nachdem sich die anhand des Einlagevolumens ermittelten Beiträge der Banken zum Abwicklungsfonds im Zuge eines deutlich steigenden Depositenvolumens spürbar erhöht haben, taxiert das gewählte Berechnungsmodell das Zielvolumen des Fonds inzwischen auf 78 Mrd. Euro, wie er vorrechnete: „Ob das ein triftiger Grund ist, den Fonds noch weiter zu füllen als ursprünglich geplant – und ob das in der gegenwärtigen Situation im Sinne der gesamtwirtschaftlichen Stabilität ist –, ist mehr als fraglich.“ Würde es hingegen beim ursprünglich angepeilten Volumen von 55 Mrd. Euro bleiben, könnten die europäischen Banken zusätzliche Kredite in dreistelliger Milliardenhöhe vergeben.

Die von Sewing geleitete Deutsche Bank hatte im vergangenen Jahr darauf spekuliert, dass Lobbybemühungen um eine Begrenzung der Bankenabgabe erfolgreich sein würden, und auf Basis dieser Prämisse den Anlegern für 2021 eine Halbierung der Abgabe auf 300 Mill. Euro in Aussicht gestellt. Sie musste sich von dieser Annahme inzwischen indes verabschieden, nachdem Brüssel auf dieses Ansinnen nicht eingegangen war. Sewing zeigte sich am Montag entschlossen, sich weiter für eine Entlastung starkzumachen: „Ich wäre ein schlechter Präsident, würde ich im nächsten Jahr nicht dafür kämpfen.“ Angesichts der Pandemie hatte der BdB schon im vergangenen Jahr gefordert, die Bankabgabe auszusetzen. Die EU-Bankenabwicklungsbehörde Single Resolution Board (SRB) pocht gleichwohl auf die Vorgaben. „Wer in der EU eine Bank betreibt, muss die regulatorischen Kosten im Geschäftsmodell berücksichtigen“, erklärte SRB-Chair Elke König im März. 2020 kostete die Finanzierung des Fonds die deutschen Banken 2,2 Mrd. Euro. Im Baseler Regelwerk wiederum sind Sewing zufolge „die Besonderheiten des europäischen und gerade auch des deutschen Bankensystems“ bislang nicht ausreichend berücksichtigt. „Das muss sich ändern“, forderte er. Ursprünglich sei es Konsens gewesen, dass die Eigenkapitalanforderungen nicht signifikant steigen sollten. Genau dieses Szenario aber drohe nun.

Reformarbeiten

Im Kampf gegen den Klimawandel, „die wohl größte Herausforderung, die die moderne Menschheit zu bewältigen hat“, sei wiederum ein weiterentwickelter Kapitalmarkt unverzichtbar, erklärte Sewing. „In vielen Bereichen besteht die Währungsunion immer noch aus 27 Teilmärkten. Und niemand kann eine gute Antwort auf die Frage geben, warum das noch so ist.“ Auch diese Zersplitterung schwäche das europäische Bankensystem. Der Green Deal der EU-Kommission sei direkt verknüpft mit der Kapitalmarktunion, „das eine funktioniert nicht ohne das andere“, ergänzte er am Nachmittag auf dem 22. Bankentag.

Mit Blick auf die geplante Reform der Einlagensicherung nach dem Greensill-Debakel erklärte der scheidende Bankenpräsident Hans-Walter Peters am Montag, Greensill sei eines der wichtigsten Themen auf der morgendlichen Vorstandssitzung gewesen. Indirekt bestätigte er jüngste Angaben von BdB-Hauptgeschäftsführer Christian Ossig im Interview der Börsen-Zeitung, denen zufolge der Verband nun insbesondere den Schutz für Institutionelle wie öffentlich-rechtliche Sendeanstalten in Frage stelle.

Die Einlagensicherung sei vor allem für Sparer da, sagte Peters. Wie schon im Falle der Entschädigung von Einlegern bei Lehman und der Maple Bank aber sei auch im Falle Greensill zu beobachten, dass manche anderen Adressen immer wieder auftauchten, und zwar in erheblichen Größenordnungen. Man müsse sich fragen, ob die Einlagensicherung dafür gemacht sei, dass sich bestimmte Einlegergruppen den besten Zins heraussuchten, „und wir übernehmen das Risiko“. Eine Lösung dieses Problems aber habe man noch nicht.

Was die Folgen der Pandemie für die Risikokosten der Banken angeht, äußerte sich Sewing auf Anfrage zuversichtlich. Die wirtschaftliche Erholung in China beflügele den Export deutscher Unternehmen, sagte er. Komme es zu Fortschritten in der Impfstoffverteilung, dürfte sich die Konjunktur im dritten und vierten Quartal erholen: „Da ist mir nicht bange.“