Das Schuldendrama um die Hypo Alpe spitzt sich zu
Von Stefan Kroneck, MĂŒnchenWĂ€hrend sich derzeit alle Blicke auf die eskalierte Griechenlandkrise richten, spitzt sich im Schatten dieser Tragödie das Schuldendrama um die Abwicklungseinheit der verstaatlichten Hypo Alpe Adria zu. Der kĂŒrzlich veröffentliche Jahresabschluss der Heta Asset Resolution mit Sitz in Klagenfurt (KĂ€rnten) gibt einen Ăberblick ĂŒber das AusmaĂ eines Bankdesasters, das einer griechischen Tragödie gleicht. Dabei ist das Finanzloch von 7 Mrd. Euro aufgrund eines ausgewiesenen Verlusts von gut 8 Mrd. Euro noch nicht alles gewesen.Nach dem groĂen Kehraus schlummern in der Bilanz weitere hohe Risiken, die die EigenkapitallĂŒcke im laufenden Turnus um abermalige MilliardenbetrĂ€ge ausweiten könnten. DafĂŒr gibt es vier GrĂŒnde, auf die der Abschluss hinweist. Erstens: Scheitert der bereits vereinbarte Verkauf des sĂŒdosteuropĂ€ischen Heta-Bankennetzes an den Finanzinvestor Advent und die Osteuropabank EBRD doch noch in letzter Minute, kĂ€me wegen fauler Kredite ein Fehlbetrag von bis zu 1 Mrd. Euro hinzu. Zweitens: Die schwache Konjunktur in SĂŒdosteuropa erschwert es, das Portfolio zu Buchwerten zu verĂ€uĂern. Es drohen zusĂ€tzliche Abschreibungen. Drittens: Die italienische Heta-Schwester steht am Rande einer Insolvenz, die Wien sehr teuer kĂ€me. Um dies zu verhindern und eine Abwicklung zu ermöglichen, hat die Alpenrepublik jĂŒngst 600 Mill. Euro nachgeschossen. Viertens: Der Schuldenstreit mit den privaten und öffentlichen GlĂ€ubigern könnte fĂŒr umfangreiche Mehrkosten sorgen. Dabei steht vor allem das umstrittene Hypo-Sondergesetz, in dem Wien 2014 einen Schuldenschnitt ĂŒber 1,6 Mrd. Euro verordnete, in der Kritik. 33 Klagen liegen dagegen vor. Kippt Ăsterreichs Verfassungsgerichtshof im Herbst das Gesetz, mĂŒsste die Heta allein dafĂŒr die Vorsorge um abermals 0,9 Mrd. Euro aufstocken. FĂŒr die HĂ€lfte des strittigen Gesamtbetrags musste die Heta bereits RĂŒckstellungen bilden, nachdem sie im Mai einen Rechtsstreit gegen den HauptglĂ€ubiger, die frĂŒhere MehrheitseigentĂŒmerin BayernLB, vor dem Landgericht MĂŒnchen in erster Instanz verloren hatte. Das Gericht hĂ€lt das Sondergesetz fĂŒr unvereinbar mit EU-Recht. OffenbarungseidFĂŒr die Regierungskoalition von SPĂ und ĂVP gleicht der Heta-Horrorabschluss einem Offenbarungseid. Nach derzeitigem Stand wĂ€re die Abwicklungseinheit wegen ihrer Ăberschuldung lĂ€ngst pleite. Es lĂ€gen âAnhaltspunkte dafĂŒr vor, dass die Gesellschaft in naher Zukunft nicht mehr in der Lage sein wird, ihre Schulden bei FĂ€lligkeit zu begleichenâ, stellt der Bericht zudem klar. Nur das Anfang MĂ€rz verhĂ€ngte Zahlungsmoratorium bis Ende Mai 2016 schont die noch verbliebenen LiquiditĂ€tsreserven der Heta von 3 Mrd. Euro. Diese könnten aber wegen der laufenden Gerichtsverfahren rasch wegschmelzen. Wien will daher auf Zeit spielen, um die GlĂ€ubiger zu Verhandlungen ĂŒber einen Schuldenschnitt zu bewegen. Allerdings weigern sich diese, obgleich sie vorsorglich (auch auf Empfehlung der EuropĂ€ischen Zentralbank) bereits rund die HĂ€lfte ihrer Forderungen von insgesamt ĂŒber 13 Mrd. Euro (zumeist Anleihen) abgeschrieben haben. Mehr als 200 Klagen liegen nun gegen den Zahlungsstopp vor. Unterliegt die Heta vor dem obersten Gericht des Landes, hĂ€tten auch diese Klagen gute Aussichten auf Erfolg. Denn die gesetzliche Grundlage des Zahlungsmoratoriums deckt sich nicht mit EU-Bankenabwicklungsrecht, auf das sich Wien beruft, da die Heta kein Kreditinstitut ist.Vor diesem Hintergrund lĂ€uft der österreichische Staat Gefahr, sich in der Causa zu verrennen. Stellt sich heraus, dass beide Gesetze nicht anwendbar sind, wĂ€re die Strategie der Regierung unter Kanzler Werner Faymann gescheitert, die darauf abzielt, mindestens die HĂ€lfte der Schulden den GlĂ€ubigern aufzubĂŒrden. Den österreichischen Steuerzahler kostete das Desaster der Hypo Alpe seit ihrer Notverstaatlichung Ende 2009 bislang 5,5 Mrd. Euro. Rechnet man Kapitalhilfen frĂŒherer EigentĂŒmer und den Kaufpreis der BayernLB hinzu, verbrannte die Hypo Alpe bisher 15 Mrd. Euro â und das bei einer Bilanzsumme von einst 26 Mrd. Euro. Aus innenpolitischem KalkĂŒl kĂŒndigte Wien an, keine weiteren öffentlichen Mittel mehr in die Abwicklungseinheit zu stecken. Dieses Versprechen hat die Regierung bereits gebrochen, wie die Kapitalspritze fĂŒr die Heta-Schwester in Udine zeigte. Weitere Steuergelder stehen im Feuer, da das ĂŒberlastete KĂ€rnten seine Garantien fĂŒr die Hypo Alpe (10 Mrd. Euro) nicht tragen kann. Wien stĂŒtzt KĂ€rnten deshalb mit Notkrediten, um eine Insolvenz des Bundeslandes zu verhindern.Wegen ihrer wackeligen Rechtsposition spekulieren verstĂ€rkt Hedgefonds gegen die Alpenrepublik. Fonds kaufen am Markt Heta-Anleihen. So notieren einige Bonds derzeit bei 64 % ihres Nominalwertes. Offensichtlich rechnen Investoren mit höheren RĂŒckzahlungsquoten, als die bisherigen Abschreibungen erwarten lassen. Im besten Fall könnten die Erwerber 100 % bekommen, falls Wien die Rechtsstreitereien verliert. Das wĂ€re auch fĂŒr die GlĂ€ubiger eine gute Nachricht, wĂŒrden sie doch ihr Kapital vollstĂ€ndig zurĂŒckerhalten. Das Nachsehen hĂ€tten aber die österreichischen Steuerzahler, die fĂŒr die Heta nochmals krĂ€ftig zur Kasse gebeten werden mĂŒssten. FĂŒr Wien wĂ€re das der Worst Case.