Das Trapsen der Nachtigall
Mit seltener Einigkeit haben die Verbände der Versicherer, Fondsgesellschaften und Bausparkassen am Dienstag einen Plan zur Reform der Riester-Rente präsentiert. Der Zeitpunkt ist wohlgewählt: In wenigen Tagen wird sich die CDU auf ihrem Parteitag mit der Frage beschäftigen, ob die unter chronischer Aktienunverträglichkeit leidenden Bürger mit der Einführung einer Deutschland-Rente vor der Altersarmut geschützt werden müssen. Die privaten Anbieter von Altersvorsorge können daran wenig Interesse haben, gewährleistet ihnen das unübersichtliche Riester-Konzept doch bislang dank staatlicher Zulagen einen attraktiven Zugang zu einem einträglichen Massengeschäft.Um die Debatte in ihrem Sinne zu beeinflussen, ziehen die Verbände die altbekannten Register. In der gemeinsamen Erklärung ist von einem radikalen Systemwechsel zu einem quasi verpflichtenden System die Rede, der die Arbeitgeber belasten und die Bürger verunsichern würde. Die Alltagserfahrung zeigt jedoch, dass sich die Verunsicherung der meisten Mitmenschen ob ihrer finanziellen Absicherung im Alter durchaus in Grenzen hält. Außerhalb der Finanzbranche ist zumeist gar nicht angekommen, welche Löcher das Dauerzinstief in die private Altersvorsorge zu reißen droht. Unsicher ist der durchschnittliche Arbeitnehmer höchstens hinsichtlich der Frage, ob das Geld für den Riester-Vertrag angesichts der zum Teil üppigen Gebühren nicht doch besser anders angelegt oder ganz einfach ausgegeben wäre.Dahinter mag ein beklagenswerter Mangel an finanzieller Allgemeinbildung stehen, den es zu beheben gilt. Mit Blick auf das konkrete gesellschaftliche Problem einer drohenden Massenarmut im Alter wäre die CDU jedoch gut beraten, sich jetzt keinen Sand von der Branche in die Augen streuen zu lassen. Angesichts des Dauerzinstiefs, in dem sich die Eurozone eingerichtet hat, ist eine Absenkung des Höchstrechnungszinses von derzeit 0,9 % auf 0,5 % oder weniger nur eine Frage der Zeit. Das droht all jene Anbieter aus dem Markt zu fegen, deren Kosten zu hoch sind, um den bei Riester-Produkten vorgeschriebenen Beitragserhalt zu erwirtschaften.Daher richtet sich der gemeinschaftliche Vorstoß wohl nur vordergründig gegen den vermeintlichen Dirigismus der zur Diskussion stehenden Staatsfondskonzepte. Tatsächlich geht es den Versicherern vor allem darum, sich einen lukrativen Markt durch das Aufweichen der Beitragsgarantien zu erhalten und unerwünschte Konkurrenz im Keim zu ersticken.