"Das war weder Leistung noch Leidenschaft"
ssc Frankfurt – Ihrem Ärger über die Querelen um die Nachfolge des Vorstandsvorsitzenden Josef Ackermann haben zahlreiche Aktionäre auf der Hauptversammlung (HV) der Deutschen Bank Luft gemacht. Die Suche nach einem neuen Chef – die schließlich zu der Doppelspitze von Anshu Jain und Jürgen Fitschen führte – sei “nicht gerade eine Erfolgsgeschichte gewesen”, meinte Klaus Nieding, Vizepräsident der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz ( DSW). Das langwierige interne Gezerre “war weder Leistung noch Leidenschaft”, fügte der Rechtsanwalt in Anspielung auf den Slogan des Instituts “Leistung aus Leidenschaft” hinzu.Unzufrieden gab sich Nieding auch mit dem Hickhack um die Kür eines Risikovorstands – ursprünglich hatte Jain seinen Weggefährten William Broeksmit durchsetzen wollen, der aber am Widerstand der Finanzaufsicht BaFin scheiterte. Stattdessen übernimmt nun Stuart Lewis die Verantwortung fürs Risiko von Hugo Bänziger. Letzteren hätte Nieding aber “gerne weiterhin im Vorstand der Bank gesehen” – schon allein, um dem Aktionariat die Intervention der Aufseher hinsichtlich Broeksmit zu ersparen. Der Anlegerschützer kündigte an, sich bei der Entlastung des Aufsichtsrats zu enthalten.”Enttäuscht” vom Aufsichtsratsvorsitzenden der Bank Clemens Börsig zeigte sich auch Ingo Speich, Portfoliomanager der genossenschaftlichen Fondsgesellschaft Union Investment, welche etwa 1 % der Deutsche-Bank-Aktien kontrolliert. “Seit 2009 haben Sie es nicht geschafft, die Nachfolge von Herrn Ackermann vernünftig zu regeln”, lautet Speichs Vorwurf. Auch die Flut von Klagen und Rechtsstreitigkeiten, mit denen die Bank heute ringt, gehen nach Speichs Worten zum Teil auf das Konto Börsigs, der seiner Kontrollfunktion offenbar nicht nachgekommen sei. Daher fräßen Aufwendungen für Prozesse und Vergleiche nun ein Fünftel des Bank-Ergebnisses auf. Die Union werde Börsig daher die Entlastung verweigern. Da das einzeln nicht möglich sei, “werden wir den gesamten Aufsichtsrat nicht entlasten können”. Den Vorstand um Ackermann werde die Fondsgesellschaft jedoch in Anerkennung seiner Managementleistung entlasten.Auch die Aktienkursentwicklung erregte bei einigen HV-Teilnehmern Ärger. Mit zuletzt gut 27 Mrd. Euro sei das größte deutsche Geldhaus gerade einmal so viel wert, wie Facebook in nur einer Woche an Marktkapitalisierung verloren habe, unkte Hans-Martin Buhlmann von der Vereinigung Institutionelle Privatanleger (VIP). Verglichen mit europäischen Wettbewerbern habe sich die Deutsche Bank gut entwickelt, hielt Ackermann dem entgegen. In früheren Jahren habe die Faustregel gelautet, dass sein Institut so viel wert sei wie Commerzbank und Dresdner Bank zusammen. Nun, nach der Übernahme der Dresdner durch die Commerzbank und der anschließenden Rettung des Instituts durch den Staat sei deren Wert so stark gesunken, dass man noch die italienische HypoVereinsbank-Mutter Unicredit hinzurechnen müsse – und trotzdem nur auf drei Viertel des Deutsche-Bank-Werts komme.Insgesamt zählte Versammlungsleiter Börsig rund 70 Wortmeldungen aus dem Aktionariat. Kritik an der Bank äußerten neben Anlegerschützern auch Menschenrechtler, Umweltschützer sowie zahlreiche Anwälte aus dem Umfeld des verstorbenen Medienunternehmers Leo Kirch, die das Institut seit Jahren mit Klagen überziehen.