DDV-Studie relativiert Komplexität von Zertifikaten
jsc Frankfurt – Die Zertifikatebranche bescheinigt ihren Produkten mit einer neuen Studie ein moderates Maß an Komplexität: Nach einer Untersuchung der Universität Tübingen im Auftrag des Deutschen Derivate Verbandes (DDV) sind bestimmte Zertifikate weniger umständlich als ein Aktienfonds oder eine Lebensversicherung. Mit der Studie rüttelt der Verband an der Einstufung von Zertifikaten als “komplexe” Produkte im Rahmen des EU-Regelwerks Mifid II. “Mit ihrer derzeitigen Definition von Komplexität führen die Regulierer den Anleger häufig in die Irre”, schreibt der Verband.Die Autoren stufen ein Instrument dann als wenig komplex ein, wenn ein Anleger zu jeder Zeit den Wert seiner Anlage nachvollziehen kann. “Sowohl eine fehlende Transparenz der Portfoliozusammensetzung wie bei Investmentfonds als auch ein fehlender Sekundärmarkt führen zu einem erheblichen Komplexitätsanstieg”, halten die Autoren Christian Koziol, Philipp Roßmann und Sebastian Weitz fest. Die Studie schätzt die Höhe möglicher Preisüberraschungen und leitet einen Prozentwert ab. Während eine zweijährige Bundesanleihe mit 0,5 % nicht komplex ist, erreicht ein Aktienfonds 9,0 % und eine beispielhaft unterstellte Lebensversicherung 11,7 %.Zertifikate schneiden je nach Typ unterschiedlich ab: Bonitätsabhängige Schuldverschreibungen, denen vor zwei Jahren ein Vertriebsverbot durch die Finanzaufsicht BaFin drohte, liegen mit 5,6 % im Mittelfeld. Discount-Zertifikate kommen auf 7,3 %. Deren Rückzahlungswert orientiert sich an einem Börsenkurs und ist nach oben hin gedeckelt. Bonuszertifikate erreichen mit 9,7 % einen eher hohen Wert.Die untersuchten Zertifikate-Typen sind mit einem jeweiligen Marktvolumen im einstelligen Milliardenbereich für die Industrie bedeutend. Bonitätsabhängige Schuldverschreibungen werden vor allem von LBBW und DekaBank vertrieben, während Discount- und Bonuspapiere häufig aus der DZ Bank stammen. Seit der Finanzkrise haben Zertifikate in Deutschland an Bedeutung verloren: Erreichten sie nach DDV-Daten 2007 in der Spitze ein Volumen von 139 Mrd. Euro, steht der Wert Mitte dieses Jahres bei 70 Mrd. Euro.Allerdings bleibt umstritten, was Komplexität ausmacht, wie der DDV andeutet. “Nichtkomplexe Produkte sind aber nicht automatisch sicher und leicht verständlich, und komplexe Produkte sind nicht unbedingt risikoreich”, sagt der geschäftsführende Vorstand Hartmut Knüppel. “Oft dient eine höhere Komplexität der Absicherung vor Risiken.”