Debatte um Bankenunion geht weiter

Scholz-Vorstoß erhält Unterstützung von ESM und EZB - Skeptische Kommentare aus Luxemburg

Debatte um Bankenunion geht weiter

Die Zeit sei reif, um die erste Stufe einer Einlagensicherung zu starten. Das sagt EZB-Direktoriumsmitglied Yves Mersch. Doch gut Ding will Weile haben: Wenn es gut läuft, wird sich die Eurogruppe im Dezember auf einen Zeitplan für weitere Verhandlungen einigen, hofft ESM-Chef Klaus Regling.ahe Luxemburg – Auch eine Woche nach seiner Veröffentlichung sorgt der Vorstoß von Bundesfinanzminister Olaf Scholz zur Vollendung der Bankenunion auf europäischer Ebene weiter für Diskussionen. Klaus Regling, Chef des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM), begrüßte, dass Scholz – ähnlich wie zuvor auch vom ESM selbst vorgeschlagen – eine Paketlösung anstrebt, in der die umstrittene Einlagensicherung (Edis) mit weiteren Elementen verknüpft wird. Dies sei ein guter Ansatz und vereinfache die Kompromissfindung, betonte Regling vor Journalisten in Luxemburg. Der Vorstoß von Scholz habe eine konstruktivere Debatte über die Bankenunion in der Eurogruppe ermöglicht. Er hoffe, dass sich die Eurogruppe in ihrer nächsten Sitzung Anfang Dezember auf einen weiteren Zeitplan für Verhandlungen werde einigen können. Mehr sei dann noch nicht möglich.Zuvor hatte auch schon Yves Mersch, Direktoriumsmitglied der Europäischen Zentralbank (EZB), die Vorschläge aus Berlin ausdrücklich befürwortet. Die Eurozone brauche keine Transfers, aber mehr Solidarität, sagte er in Luxemburg. In den vergangenen Jahren habe es in der Bankenunion bereits eine deutliche Reduzierung der Non-Performing Loans (NPL) und damit eine deutliche Risikoreduzierung gegeben. “Die Zeit sei gekommen, um die erste Stufe einer Einlagensicherung zu starten.”Mersch plädierte – ebenso wie Regling – auch für die Einführung eines Stabilisierungsinstruments, um die Währungsunion noch krisenfester zu machen. Die von der künftigen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vorgeschlagene europäische Arbeitslosenrückversicherung könne ein solches Instrument sein. Regling wiederum verwies auch auf die Bedeutung von Safe Assets. Auch wenn es hier kurzfristig kaum zu einer Einigung unter den Euro-Staaten komme, so sei es wichtig, darüber eine Debatte zu führen, sagte er. Langfristig könne man auch über Euro-Bonds nachdenken. Auch die Finanzminister von Italien und Spanien hatten auf der jüngsten Eurogruppe auf die Bedeutung von Safe Assets verwiesen.Deutlich skeptischer über den Scholz-Vorstoß äußerte sich der luxemburgische Finanzminister Pierre Gramegna. Man müsse ohnehin erst einmal abwarten, ob die Vorschläge überhaupt offizielle Position der deutschen Regierung würden, sagte er. Zudem sei die Liste der Konditionen, die Berlin für die Einführung einer Einlagensicherung aufrufe, viel länger geworden als bisher. Dass nun alle fehlenden Elemente einer Bankenunion auf dem Tisch lägen, könne auch dazu führen, dass eine Lösung noch viel länger dauere. Ob es wirklich einen ernsthaften Willen in Berlin zur Einführung von Edis gebe, müsse man noch abwarten.Gramegna kritisierte vor allem die von Scholz auch geforderte Harmonisierung der Steuerbasis. Dieser Vorstoß sei “out of the blue” gekommen, und er sehe nicht, wie dieses Thema mit den anderen Bankenunion-Themen zusammenhänge, sagte Gramegna und verwies auf die laufenden Debatten auf OECD-Ebene zur Digitalbesteuerung und zu einer weltweiten Minimalbesteuerung. Steuerprobleme könnten nur gelöst werden, wenn es ein Level Playing Field gebe, sagte der luxemburgische Minister.Das Centrum für Europäische Politik (Cep) hält trotz der Bewegung, die der Scholz-Vorschlag in der Debatte um eine Vollendung der Bankenunion ausgelöst hat, eine rasche Einigung in der Eurogruppe für unwahrscheinlich. Die Freiburger Denkfabrik lobte das Vorgehen des Bundesfinanzministers in einer aktuellen Analyse als “Flucht aus der Defensive”. Mit seiner Initiative zwinge er nun die anderen Euro-Staaten ihrerseits konkrete Vorschläge zur Integration des EU-Bankenmarktes und zur Risikoreduzierung vorzulegen.