BILANZIERUNG

Der Druck nimmt zu

Langsam, aber sicher tritt zutage, welche Weiterungen der Megatrend Nachhaltigkeit in der Wirtschaft nach sich zieht. Was mit als Marketing-Vehikel konzipierten Fonds und grünen Bonds begann, formt zumindest im Finanzsektor bereits Vergütungsregeln...

Der Druck nimmt zu

Langsam, aber sicher tritt zutage, welche Weiterungen der Megatrend Nachhaltigkeit in der Wirtschaft nach sich zieht. Was mit als Marketing-Vehikel konzipierten Fonds und grünen Bonds begann, formt zumindest im Finanzsektor bereits Vergütungsregeln und Aufsichtsdirektiven, zieht im großen Stil Umschichtungen von Investorengeldern nach sich und treibt längst auch Notenbanken um. Es war nur eine Frage der Zeit, bis der Umbruch die Rechnungslegung erreichte. Im September hat die für die internationalen Bilanzstandardsetzer verantwortliche IFRS-Stiftung ein entsprechendes Konsultationspapier vom Stapel gelassen – keinen Moment zu früh, wie rund 560 im Zuge der Konsultationsfrist eingereichte Stellungnahmen erkennen lassen. In der überwältigenden Mehrheit wird darin der Vorschlag begrüßt, unter dem Dach der Stiftung einen Sustainability Standards Board (SSB) zu errichten, das ein einheitliches Rahmenwerk für die Berichterstattung zur Nachhaltigkeit entwickelt. Zu Wort gemeldet haben sich dabei allerdings vor allem Akteure, Dienstleister und Instanzen aus dem Finanzsektor, Unternehmen dagegen kaum. Dies dürfte sich rächen, denn die Interessen beider Gruppen gehen deutlich auseinander – nichts anderes belegt doch der momentane Wildwuchs an Nachhaltigkeitsberichtsstandards. Zwar hat sich inzwischen allerorten die Erkenntnis durchgesetzt, dass nichtfinanzielle Informationen etwa zur Lieferkette oder zu Beschwerdeverfahren hinsichtlich Menschenrechtsverletzungen mitunter schmerzhafte finanzielle Folgen haben. Dennoch: Auf der einen Seite stehen Finanzdienstleister, die sich vielfach durch Ankauf und Stilllegung von CO2-Zertifikaten in nicht allzu großem Umfang recht locker CO2-neutral stellen können und lautstark einen Mangel an Daten beklagen, welche es ihnen erlauben würden, regulatorische oder selbst gesetzte Vorgaben zur Nachhaltigkeit von Anlagen oder Finanzierungen zu erfüllen. Ihr Druck nimmt stetig zu, wie jüngste Einlassungen von Adressen wie BlackRock, State Street Global Advisors oder DWS zeigen. Auf der anderen Seite stehen Emittenten, die in der Regel einen deutlich weiteren Weg Richtung Klimaneutralität vor sich haben und Daten liefern werden müssen, die sie umso seltener bereits vorhalten, je kleiner sich ihr Apparat bzw. ihr Problembewusstsein ausnimmt. Der Sustainability Standards Board wird seine liebe Not haben, Vorgaben zu entwickeln, die nicht nur international gelten, sondern auch international erfüllbar sind.