IM INTERVIEW: FRIEDHELM SCHMITT

Der Druck wird zunehmen

Der Co-CEO von Fincite über die Lage im Markt der Robo-Advisors

Der Druck wird zunehmen

Der Robo-Advisory-Markt ist in Bewegung, wie die am Dienstag bekannt gegebene Übernahme von Vaamo durch Moneyfarm zeigt. Ihren Hintergrund erläutert Friedhelm Schmitt, Co-CEO von Fincite, eines B2B-Software-Anbieters für Robo-Advice.- Herr Schmitt, Scalable Capital ist eine Partnerschaft mit ING-DiBa eingegangen, nun wird Vaamo durch den Wettbewerber Moneyfarm übernommen. Woher rührt der Drang, sich zusammenzutun?Viele Marktteilnehmer haben unserer Beobachtung nach unterschätzt, dass Robo-Advisory kein neues Geschäftsmodell ist. Es ist je nach Modell eine Vermögensverwaltung, Beratung oder Anlagevermittlung über einen digitalen Kanal. Um gegen bestehende Modelle zu gewinnen, müssen daher die Akquisitionskosten pro Euro investiertem Vermögen deutlich günstiger oder die Preise geringer sein als bei bestehenden Modellen. Dies ist oftmals nicht der Fall. Robo-Advisor zahlen oft bereits bei Kunden mit Investitionsvolumen von 5 000 bis 50 000 Euro mittlere drei- bis teilweise vierstellige Summen für Marketing und Vertrieb. Kunden, ohne eine langjährig etablierte, eigene Marke zu einem Online-Kauf zu bewegen, stellt sich schwerer heraus, als viele vermutet haben. Daher rührt meines Erachtens der Drang, sich mit Banken zusammenzutun. Denn Banken haben Zugang zu Kunden.- Steht nun eine Konzentration unter Robo-Advisors an?Wir glauben, dass, wie jeder große Trend, auch Robo-Advice zwei bis drei neue Marktteilnehmer hervorbringen wird. Da aktuell deutlich mehr B2C-Anbieter am Start sind, gehen wir davon aus, ja. Wir sehen den Trend übrigens auch bei etablierten Vermögensverwaltern und Banken. Dieser Markt ist heute durch Regionalität zwar deutlich fragmentierter, aber die Vergleichbarkeit und damit der Wettbewerb treibt eine Konsolidierung. Zudem fangen Preiskämpfe, wie wir bei Vanguard im ETF-Bereich sehen, erst an. Zudem wird der Druck, der durch zunehmende Effizienz und Automatisierung kommt, zunehmen.- Liegt es nicht auch daran, dass die Anbieter Probleme haben, sich vom Wettbewerb abzuheben?Heute ja, aber das kommt so langsam. Ich glaube, wir sehen eine Evolution. Angefangen von rein passiven Strukturen, die nur Musterportfolien mit ETFs abbildeten, haben wir heute bereits einige Anbieter mit aktiveren Strategien, die etwa mit finanzmathematischen Methoden versuchen, das Risiko aktiv zu steuern oder Investment-Themen anbieten. Wir sehen drei Arten von Differenzierung, die zunehmend Einzug erhält: höhere Personalisierung durch kundenindividualisiertere Angebote, zusätzliche thematische Spezialisierung wie Nachhaltigkeit oder für spezielle demografische Gruppen sowie drittens breitere Produktklassen wie die Integration von Versicherungen in die Ruhestandsplanung oder Alternatives im Assetmanagement. Man kann also nicht davon ausgehen, dass es alleine daran liegt, dass sich die Anbieter nicht voneinander abheben. Heute glaube ich aber, dass die Ansprache der Kunden noch nicht individuell genug ist.- Warum?Der Kunde hat immer noch das Gefühl, dass er mit einer persönlichen Problemlösung nicht individuell abgeholt wird. Daran könnte man noch mehr arbeiten, denn Kunden funktionieren eben sehr stark nach Wünschen, Zielen oder Sorgen und müssen erst einmal ihre heutige Finanzsituation richtig erfassen. Das wird aktuell von den Robo-Advisors am Markt aus meiner Sicht noch nicht genügend adressiert.- Für wie viele Robo-Advisor bietet der Markt denn Platz?Das ist eine gewagte Frage. Wir sind als Fincite mal mit der Schätzung rausgegangen, dass fast jede Bank über einen Robo-Advisor verfügen wird. Und in Deutschland haben wir meines Wissens noch immer rund 1 700 Banken, bei denen wir allerdings auch noch eine Konsolidierung zu erwarten haben. Ich denke einmal, Raum ist auf jeden Fall da, wenn man diesen digitalen Kanal besetzen will.- Die knapp 400 Sparkassen und rund 900 Genossenschaftsbanken aber werden nicht jeweils einen eigenen Robo-Advisor benötigen.Das ist absolut so, da bieten sich sicherlich White-Label-Lösungen an, die für das Geschäft mit dem Kunden dann jeweils individualisiert werden. Immerhin haben wir in Deutschland aber auch noch rund 700 freie Vermögensverwalter. Da besteht sicherlich auch noch Potenzial. Das heißt aber trotzdem, dass diejenigen, die neu auf den Markt kommen und sich erst einmal eine Marke aufbauen müssen, es schwer haben.- Macht Ihnen die Konsolidierung als Co-CEO einer Gesellschaft, die großen Banken, Vermögensverwaltern oder Versicherern die Technik für Robo-Advisory bereitstellt, Sorge? Da verschwinden potenzielle Kunden vom Markt.Unsere Software erzeugt ihren Wert, wenn wir die Finanzsituation von Kunden verbessern. Die Endkunden werden nicht weniger. Das Anlagevolumen stieg in den letzten Jahren sogar deutlich. Die Konzentration wird dazu führen, dass wir mit weniger Banken mehr Portfolien verbessern.—-Das Interview führte Bernd Neubacher.