Der Engpass bleibt aus

Deutsche Banken erfüllen Mindestanforderungen an Eigenmittel - In Nachbarländern stehen Emissionen an

Der Engpass bleibt aus

Um den Steuerzahler vor künftigen Bankenrettungen zu bewahren, geben die Aufseher den Instituten individuell vor, welches Volumen an Bail-in-fähigen Wertpapieren sie halten müssen. Für die deutschen Institute ist dies, wie eine Umfrage der Börsen-Zeitung nahelegt, kein Problem – anders im EU-Ausland.Von Bernd Neubacher undAnna Sleegers, FrankfurtDie großen deutschen Banken meistern die aufsichtlichen Mindestanforderungen an Eigenmittel und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten (Minimum requirement for own funds and eligible liabilities/MREL) ohne größere Probleme. Dies legt das Ergebnis einer Umfrage der Börsen-Zeitung nahe. Zwar wollen sich nicht alle Institute allzu sehr in die Karten schauen lassen, was die konkrete Angabe ihrer MREL-Quote angeht. Im Markt werden gleichwohl Angaben der Institute bestätigt, denen zufolge keine Bank eigens Wertpapiere emittieren muss, um die aufsichtliche Mindestanforderung zu erfüllen. “Für die deutschen Banken ist das Thema abgeschlossen”, sagt Carola Schuler, Kreditanalystin bei der Ratingagentur Moody’s.Da die deutsche Regierung nach der Finanzkrise bei der Regulierung vorangeprescht war, erfüllen die Institute bereits seit zwei bis drei Jahren die neuen Kapitalvorgaben weitgehend. Nachdem die von den heimischen Instituten emittierten Papiere vom Gesetzgeber rückwirkend als “non-preferred” deklariert wurden, stehen Schuler zufolge allenfalls vereinzelte Emissionen von Vorzugspapieren an, die aufgrund ihres geringen Ausfallrisikos leicht zu platzieren sein dürften. Rege Emissionstätigkeit”In den europäischen Nachbarländern sieht das etwas anders aus”, so Schuler. Mancherorts klafft noch eine beträchtliche Lücke zwischen den Anforderungen der Aufsicht und dem Bail-in-fähigen Material. So hat die Bankenabwicklungsbehörde der EU, der Single Resolution Board (SRB), das fehlende Kapital auf der Basis der Daten per Ende 2017 im Dezember auf 171 Mrd. Euro geschätzt.Schuler zufolge stehen daher in den kommenden Wochen und Monaten viele Emissionen an, teilweise auch von Instituten, die bislang nicht am Kapitalmarkt präsent waren. Da sich der Prozess über einen relativ langen Zeitraum erstreckt, geht die Analystin davon aus, dass es nicht zu Engpässen bei der Platzierung kommen wird. Allerdings könne es etwa für die italienischen Banken, die ohnehin deutlich höhere Refinanzierungskosten zu tragen haben, relativ teuer werden.MREL ist die jüngste Kennziffer, mit deren Hilfe die Regulatoren in Europa die Folgen der Finanzkrise bewältigen wollen. Sie soll sicherstellen, dass im Falle einer Havarie ausreichend Wertpapiere vorhanden sind, die herangezogen werden können, um die Abwicklung eines Instituts ohne Belastungen des Steuerzahlers zu ermöglichen. Das erforderliche Volumen an Bail-in-fähigem Material im Verhältnis zu den gesamten Verbindlichkeiten und Eigenmitteln errechnen die nationalen Aufsichtsbehörden, in Deutschland also die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), zusammen mit dem SRB. Wenn die finalen Quoten stehen, werden sie voraussichtlich bis 2020 erfüllt werden müssen, heißt es am Markt. Zunächst haben die Vorgaben oft keinen bindenden Charakter. Im EU-Ausland haben viele Institute gleichwohl begonnen, schon anhand der indikativen Bescheide fleißig zu emittieren. LBBW erfüllt Vorgaben In Deutschland hat eine hohe einstellige Zahl der großen deutschen Banken ihre MREL-Vorgabe im vergangenen Jahr erhalten, die übrigen sollen im Verlaufe dieses Jahres folgen. Auf Anfrage der Börsen-Zeitung unter rund 20 Banken, die unter direkter Aufsicht der Europäischen Zentralbank (EZB) stehen, zeigte sich dabei zu Monatsbeginn allein die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) mit Blick auf ihre MREL-Quote vollkommen transparent. Demnach hat die BaFin der Landesbank per Ende 2016 auferlegt, 9,16 % ihrer gesamten Verbindlichkeiten und Eigenmittel (total liabilities and own funds/TLOF) bereitzuhalten. Dies entspricht 25,7 % der risikogewichteten Aktiva.Die Bank liegt damit nicht weit entfernt von der Marke von 26 % der Risikoaktiva, welche der SRB als angestrebten Mittelwert genannt hat, neben der von der Abwicklungsrichtlinie definierten Richtgröße von 8 % der Gesamtverbindlichkeiten und Eigenmittel (TLOF). Per Ende 2017 hatte die LBBW nach Angaben eines Sprechers 16,85 % der TLOF beziehungsweise 48,16 % der Risikoaktiva am Start: “Es besteht daher kein zusätzlicher Emissionsbedarf, um die Einhaltung der MREL-Anforderung sicherzustellen.” Die Deutsche Bank liegt da schon knapper über dem Minimum. Sie hat in einer Investorenpräsentation Anfang Februar ihre MREL-Quote für 2018 mit 9,14 % der gesamten Verbindlichkeiten und Eigenmittel (TLOF) angegeben. Dies läuft den Angaben zufolge auf einen Bedarf an Bail-in-fähigen Wertpapieren von 97 Mrd. Euro hinaus. Derzeit liegt die Bank um 21 Mrd. über dieser Marke. Dies hielt sie indes nicht davon ab, Anfang Februar 3 Mrd. Euro MREL-Material mit Laufzeiten zwischen zwei und sieben Jahren unter die Anleger zu bringen. Deutsche Bank zahlt vielBei Emissions-Spreads zwischen 180 und 230 Basispunkten über Mid-Swap sprachen die Analysten der DZ Bank von einer “attraktiven Neuemissionsprämie”. Die Emission sei im Zuge des Refinanzierungsplans der Bank erfolgt, heißt es bei der Deutschen Bank. Der sieht insgesamt 9 Mrd. bis 11 Mrd. Euro an Emissionen von Bail-in-fähigen vorrangigen unbesicherten Anleihen, sogenannten Senior Non-Preferred Bonds, vor.Schmaler noch fällt das Polster bei der Commerzbank aus. Ihr hat die Aufsicht auf Basis der Daten von 2016 im Juni vergangenen Jahres eine MREL-Anforderung von 27,27 % der Risikoaktiva genannt, welche die Bank nach einer Übergangsfrist Mitte kommenden Jahres erfüllen muss. Ende 2017 kam die Bank auf eine Quote von 31,2 % der Risikoaktiva. In Sachen MREL liege man gut im Rennen, versicherte Finanzvorstand Stephan Engels auf der Bilanzpressekonferenz. BayernLB wartet nochDie Nord/LB in Hannover bestätigt zwar den Eingang einer MREL-Anforderung, will diese aber nicht publizieren. Es bestehe ein großer Puffer, heißt es. Per Ende 2017 weist die Bank 20,4 % ihrer Gesamtverbindlichkeiten und Eigenmittel als Bail-in-fähig aus. “Wir übertreffen die Anforderungen zur MREL-Quote deutlich”, heißt es unterdessen bei der DZ Bank. Die DekaBank hat nach eigenen Angaben bisher nur eine indikative Quote erhalten. Diese sei vertraulich, könne aber “sehr gut” mit Eigenmitteln erfüllt werden. Ins selbe Horn stößt die Haspa. Eine formelle Quote sei noch nicht festgesetzt, die erwartete Vorgabe aber könne sie mit den vorhandenen Eigenmitteln abdecken. Bei der Aareal Bank heißt es, bislang liege “noch kein aktueller finaler MREL-Bescheid” vor. Die in der EU-Bankenabwicklungsrichtlinie genannte Richtgröße von 8 % überschreite die Aareal Bank “um mehr als das Dreifache”. State Street mauert”Deutlich oberhalb der indikativen Quote” sieht sich auch die Helaba. Der Erwerbsgesellschaft der S-Finanzgruppe, an welcher die Berliner Sparkasse 90 % hält, hat die Aufsicht laut dem im September vorgelegten Geschäftsbericht für 2017 noch kein Minimum genannt. Zum Stichtag entfielen 23,3 % der Bilanzsumme auf MREL-Material. Auch die Münchener Hypothekenbank und Volkswagen Financial Services warten noch. Die BayernLB rechnet im März mit dem Bescheid der BaFin. Auch der NRW.Bank wurde bisher keine MREL-Quote genannt. Die Deutsche Pfandbriefbank musste auf Basis der Zahlen von 2016 laut einer Präsentation 2018 ein Bail-in-fähiges Volumen bereithalten, das weniger als 29 % der Risikoaktiva entsprach. Per Ende September zeigte die Bank rund 78 %. Keine Vorgaben erhalten die Apobank sowie die L-Bank, wie es dort heißt. Die Landwirtschaftliche Rentenbank erklärt, sie sei aufgrund anstehender Änderungen der EU-Bankenrichtlinie künftig voraussichtlich nicht mehr von den Vorgaben betroffen. Überhaupt nicht äußern wollte sich die State Street Bank International.