COMMERZBANK MELDET GEWINNEINBRUCH

Der Ergebnismotor stottert

Mittelstandsbank der Commerzbank schwächelt - Management kämpft gegen Depositenzufluss

Der Ergebnismotor stottert

Die Commerzbank wehrt sich zusehends rabiater gegen einen Zufluss von Depositen, der angesichts des negativen Einlagezinses der EZB vor allem ihre Mittelstandsbank Geld kostet. Das Firmenkundengeschäft, der langjährige Ergebnismotor der Bank, gerät ins Stottern.Von Bernd Neubacher, FrankfurtDer Ergebnismotor der Commerzbank beginnt zu stottern: Der Mittelstandsbank machen das Zinstief und die Investitionszurückhaltung der Unternehmen zunehmend zu schaffen. In den ersten drei Monaten dieses Jahres hat die Kernsparte der Commerzbank operativ gerade einmal 209 Mill. Euro verdient. Das ist so wenig wie seit dem Schlussquartal 2009, kurz nach dem Höhepunkt der Finanzkrise, nicht mehr, als operativ 78 Mill. Euro hängen geblieben waren – damals hatte nicht Finanzvorstand Stephan Engels, sondern noch dessen Vorgänger Eric Strutz die Zahlen Analysten und Journalisten erläutert. Schon im darauf folgenden Jahr sollte die Bank in ihrem Firmenkundengeschäft mit 415 Mill. Euro beinahe so viel verdienen wie in den übrigen drei operativen Segmenten Privatkunden, Zentral- und Osteuropa sowie Investment Banking zusammen. In den folgenden Jahren änderte sich daran zunächst nicht viel. Im Rekordjahr 2012 warf die Sparte operativ gut 1,6 Mrd. Euro ab und zog damit den gesamten Konzern, der infolge von Altlasten nur 1,2 Mrd. Euro verbuchte.Diese Zeiten, so viel ist am Dienstag deutlich geworden, gehen ihrem Ende entgegen. Mit einem operativen Ergebnis von 209 Mill. Euro ist die Mittelstandsbank zwar noch die ergebnisstärkste Sparte im Konzern. Das soeben restrukturierte und neu ausgerichtete Privatkundengeschäft allerdings hat mit 191 Mill. Euro im Startquartal 91 % dieses Ergebnisses verdient und dürfte das Firmenkundengeschäft bald überflügeln. Denn im Retail Banking darf die Bank ihre täglich fälligen Einlagen modellieren und einen Sockelbetrag längerfristig ausreichen, was ihr im Firmenkundengeschäft aufsichtsrechtlich verwehrt bleibt. Dank dieser Fristentransformation kann sie im Privatkundengeschäft die Folgen des Zinstiefs eher lindern als in der Mittelstandsbank. Vor Wochen bereits hatte Privatkundenvorstand Martin Zielke gegenüber dem Chef der Mittelstandsbank, Markus Beumer, im Rennen um die Nachfolge des ausscheidenden Vorstandsvorsitzenden Martin Blessing den Vorzug erhalten.Während die Privatkundensparte ihr operatives Ergebnis im Startquartal binnen Jahresfrist dank eines Einmaleffekts gesteigert hat, sind Erträge und operatives Ergebnis der einstigen Paradesparte Mittelstandsbank nun um 13 % bzw. 43 % abgeschmiert (siehe Bericht auf dieser Seite). “Die Margen im Einlagengeschäft im ersten Quartal 2016 gingen aufgrund der Negativzinsen deutlicher zurück als im Vorjahresquartal”, erläuterte Engels in einer Telefonkonferenz. Das Kreditvolumen in Deutschland stagniere weiter, und zusätzlich zu den “rapide fallenden Einlagemargen” sei die Einlagenbasis binnen Jahresfrist um 10 % gewachsen: “Denn die meisten Unternehmen lassen wohl Barmittelbestände auf ihren Girokonten, da sie aufgrund der Negativzinsen so gut wie keine alternativen Anlageformen mehr nutzen.” Das EZB-Ankaufprogramm für Unternehmensanleihen drücke derweil die Renditen, was Investitionsalternativen “sogar noch unattraktiver” mache.Das hinterlässt Spuren in der Mittelstandsbank. So hat sich im Vergleich zum Vorjahreszeitraum der margengetriebene Zinsüberschuss im Einlagengeschäft um 50 Mill. Euro verringert, wie aus einer Präsentation hervorgeht. Im Vorjahresquartal hatte dieser Effekt binnen Jahresfrist noch 9 Mill. Euro Zinsüberschuss gekostet. Derweil verkehrte sich der Effekt des volumengetriebene Zinsüberschusses im Kreditgeschäft von einem 37 Mill. Euro starken Ertragstreiber in eine 3 Mill. schwere Belastung. In den kommenden Quartalen dürften sich diese Auswirkungen des Zinsumfelds noch verstärken, da höher verzinste Kredite zunehmend auslaufen. Im Privatkundengeschäft hat die Bank damit begonnen, Gebühren für beleghafte Überweisungen zu erheben, um Druck vom Zinsüberschuss zu nehmen. In der Mittelstandsbank sucht sie “Alternativen für kurzfristige Sichteinlagen” von Firmenkunden, wie Engels berichtete. Kunden, die in größerem Stil überschüssige Guthaben bei der Bank parkten, berechnet das Institut eigenen Angaben zufolge derweil eine individuelle Gebühr. Im Startquartal hätten diese Maßnahmen bereits gewirkt, sagte Engels. So habe die Bank das Einlagevolumen in der Mittelstandsbank im Startquartal bereits um knapp 9 Mrd. Euro senken können. Ihren Einlagenbestand beziffert die Bank auf Anfrage nicht. Kostendruck verstärkt sichDennoch verstärken die Folgen des Zinstiefs den Druck auf die Bank, die schon vor geraumer Zeit auf Sparkurs gegangen ist. Eine Verschärfung mit weiteren Kostensenkungen wollte Engels am Dienstag auf Nachfrage nicht ankündigen. Er sei nach wie vor der Meinung, dass “kontinuierliche Kostenarbeit hier im Fokus steht”. Das wolle die Bank auch weiter so betreiben. Die Commerzbank hat es sich zum Ziel gesetzt, ihre Kostenbasis stabil zu halten, von zusätzlichen externen Kostenbelastungen abgesehen. In der Konferenzschaltung mit Journalisten war Engels bemüht, den Aktiengeschäften der Bank um Dividendenstichtage trotz verschiedener Nachfragen möglichst wenig Raum zu geben. Berichten zufolge hat die Commerzbank allein zwischen 2013 und 2015 rund 250 Mal kurz vor dem Dividendenstichtag umfangreiche Bestände an Aktien erworben und kurz darauf veräußert.Engels wollte die Zahl nicht bestätigen. Die Bank tätige täglich Handelsgeschäfte mit Tausenden von Marktteilnehmern: “Dadurch handeln wir zwangsläufig auch in sogenannten Cum-cum-Situationen.” Kontrollen stellten sicher, dass alle Geschäfte im Einklang mit geltendem Recht stünden. Auch habe sich das Haus auf den jüngsten Gesetzentwurf des Bundesfinanzministeriums eingestellt. Dieser soll eine Steuerlücke beim Dividendenstripping schließen, ermöglicht aber weiter Steuerumgehungen durch Cum-cum-Geschäfte, bei denen ausländische Investoren Aktien vorübergehend an deutsche Banken verleihen, um einer Besteuerung zu entgehen (vgl. BZ vom 26. April). Ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums erklärte am Dienstag: “Wir halten die Cum-cum-Geschäfte für illegitim, weil ihr einziger Zweck ist, die rechtmäßige Besteuerung von Dividenden zu umgehen.” Anders als bei Cum-ex-Geschäften liege aber “kein strafrechtlicher Sachverhalt vor”.