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Der Ergo-Erneuerer

Von Stefan Kroneck, München Börsen-Zeitung, 2.6.2016 Jahrelang hat sich Torsten Oletzky an der Ergo abgearbeitet. Nach zwei großen Restrukturierungsrunden warf der frühere, amtsmüde gewordene Chef der Erstversicherers mit Sitz in Düsseldorf hin....

Der Ergo-Erneuerer

Von Stefan Kroneck, MünchenJahrelang hat sich Torsten Oletzky an der Ergo abgearbeitet. Nach zwei großen Restrukturierungsrunden warf der frühere, amtsmüde gewordene Chef der Erstversicherers mit Sitz in Düsseldorf hin. Nun macht sich sein Nachfolger Markus Rieß daran, die Tochter des Rückversicherers Munich Re auf Kurs zu bringen. Der 50 Jahre alte Topmanager geht sehr selbstbewusst den Umbau des kleineren Allianz-Wettbewerbers an, hat er doch bereits unter Beweis gestellt, dass er solche Transformationsprozesse erfolgreich umsetzen kann. Zuvor gelang ihm an der Spitze der Allianz Deutschland AG sein Meisterstück. Der gebürtige Aachener machte den einst angestaubten Branchenprimus zu einem schlagkräftigeren Unternehmen. Dieser Weg war aber schmerzhaft. Die Runderneuerung kostete viele Arbeitsplätze. Das Resultat gab ihm dennoch recht.Rieß packt nun die Baustelle Ergo an. Gut neun Monate nach seinem Amtsantritt stehen die Maßnahmen fest: 1 800 Arbeitsplätze werden abgebaut, 1 Mrd. Euro in die Modernisierung des Vertriebs gesteckt. Auf mittlere Sicht soll die Ergo sich zu einem verlässlichen Ertragspfeiler des größten Rückversicherers der Welt entwickeln. Das sind ambitionierte Ziele, schließlich ist der Wettbewerbsdruck hoch. Viele Anbieter tummeln sich auf dem Markt. Im Vergleich zur Konkurrenz arbeitet die Ergo zu teuer. Die Kostenquote liegt über dem Branchendurchschnitt.Mitte September vergangenen Jahre machte sich Rieß daran, die Ergo unter die Lupe zu nehmen. Die Analyse des promovierten Volkswirts fiel für den scheidenden Vorstandsvorsitzenden der Munich Re, Nikolaus von Bomhard, ernüchternd aus. Anfang Mai dampfte der Dax-Konzern zur Vorlage der Quartalszahlen sein Gewinnziel fürs laufende Jahr ein (vgl. BZ vom 11. Mai). Ein Grund dafür sind die anfallenden Restrukturierungskosten (unter anderem Abfindungen) bei der Ergo. Im laufenden Berichtsturnus schlagen diese mit 300 Mill. Euro ins Kontor.Rieß hat ein klares Ziel vor Augen. Bei der Erneuerung der Ergo geht er strukturiert vor. In der Öffentlichkeit gehört er zwar eher zu den leisen Rednern, ist in der Umsetzung seiner Vorhaben aber sehr bestimmend und durchsetzungsfähig. Wie zuvor bei der Allianz setzt Rieß bei der Ergo die Weichen im Vertrieb an. Für ihn ist das der Weg, das Unternehmen auf die richtige Spur zu bringen. Diese Entschlossenheit zeigte er auch bei seinem früheren Arbeitgeber. Dank seines Erfolgs galt er seinerzeit als potenzieller Nachfolgekandidat von Allianz-Vorstandschef Michael Diekmann. Aber nicht der Vertriebler und ehemalige McKinsey-Berater machte das Rennen, sondern der gewiefte Allianz-Finanzvorstand Oliver Bäte, der den Versicherungsriesen seit Mai vergangenen Jahres lenkt. HoffnungsträgerNach dieser Niederlage lockte ihn von Bomhard zur Ergo, nachdem Oletzky keinen Ehrgeiz mehr verspürt hatte, weiterzumachen. Der 49 Jahre alte Kölner nahm sich eine Auszeit. Für die Munich Re ist Rieß nun ein Hoffnungsträger, schließlich liegt die Ergo hinter ihren eigenen Ansprüchen zurück. Ein erfolgreicher Umbau würde die Strategie des Konzerns festigen, Rück- und Erstversicherung unter einem Dach zu führen. Insofern übernimmt der designierte Vorstandsvorsitzende der Munich Re, Vorstandsmitglied Joachim Wenning (51), eine Konzern-Baustelle, wenn er Ende April kommenden Jahres den Stab vom scheidenden CEO übernimmt.Rieß’ Zwischenbilanz zum Ende dieser Dekade wird vermutlich darüber entscheiden, ob der Konzern in seiner bisherigen Struktur auch unter Wennings Regie Bestand haben wird.