IM GESPRÄCH: ECKHARD FORST

"Der Green-Finance-Markt funktioniert"

Der VÖB-Präsident über fehlende grüne Investitionsprojekte, die EU-Regulierung und die europäische Kapitalmarktunion

"Der Green-Finance-Markt funktioniert"

Im Bereich der nachhaltigen Finanzierung gibt es zu wenige Projekte für institutionelle Investoren. Darauf verweist VÖB-Präsident Eckhard Forst im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Zusätzliches Geld für Klimainvestitionen zu mobilisieren, wie es derzeit auch in Brüssel versucht wird, sei daher gar nicht nötig, sagt er. Von Detlef Fechtner und Andreas Heitker, BrüsselDer enorm hohen Bereitschaft institutioneller Investoren, grüne Finanzierungen zu zeichnen, stehen nach Erkenntnissen des Bundesverbands Öffentlicher Banken Deutschlands (VÖB) aktuell nicht genügend Investitionsprojekte gegenüber. “Geld ist mehr als ausreichend da, deshalb werden diese nachhaltigen Emissionen überzeichnet”, sagt Verbandspräsident Eckhard Forst im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Daraus ergebe sich nun wiederum der Anreiz, mehr grüne Projekte ins Leben zu rufen. “Daher bin ich der Meinung: Der Green-Finance-Markt funktioniert”, betont Forst.Die EU-Politik beobachtet der Vorstandschef der NRW.Bank daher mit einer gewissen Skepsis. Ein “Green New Deal” gehört zu den wichtigsten Prioritäten der neuen EU-Kommission. Vizepräsident Valdis Dombrovskis soll unter anderem Arbeiten an einem “Investitionsplan für ein nachhaltiges Europa” koordinieren, der in den nächsten zehn Jahren Klimainvestitionen von 1 Bill. Euro ermöglicht. Zudem sollen auf Basis eines Klassifizierungssystems (Taxonomie) für nachhaltige Anlagen EU-Standards für Green Bonds und Ökolabel entwickelt werden.”Es gibt so viel anlagesuchendes Kapital – zusätzliches Geld zu mobilisieren, ist in diesem Segment aktuell nicht notwendig”, sagt Forst dazu. Zudem: Regulierung dürfe an der Stelle nicht behindern – sie solle eher unterstützen und solle auf Freiwilligkeit beruhen. Als Privatanleger wünsche er sich sicherlich auch ein Prüfsiegel, das die nachhaltigen Kriterien eines Investments bestätige. “Aber ich weiß nicht, ob dieser Stempel automatisch von staatlicher Seite vergeben werden muss oder ob es nicht reicht, wenn sich etwa Ratingagenturen, die sich auf Nachhaltigkeitsratings spezialisiert haben, des Themas annehmen.” Beim Auto vertrauten die Verbraucher ja auch dem TÜV oder der Dekra – und die seien ja auch nur halbstaatlich. Mehr grünes Geld nicht nötigAuch der von der neuen EU-Kommission unter der designierten Präsidentin Ursula von der Leyen anvisierte Umbau der Europäischen Investitionsbank (EIB) zu Europas Klimabank wird nach Einschätzung von Forst noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Die Eigner der EU-Förderbank – die auch für die VÖB-Institute eine wichtige Rolle spielt – hätten jetzt große Volumen an Geld genehmigt, sagt Forst. Doch auch die Bank brauche nun dringlich Projekte. Hier biete sich aber die Chance, gemeinsam etwas in diesem wichtigen Feld zu bewegen. Und die Politik könne helfen, Projekte zu ermöglichen, indem entsprechende Umweltvorgaben erlassen würden.”Das Geschäft aller Förderbanken und damit auch der EIB als großer Förderbank wird sich verlagern”, ist sich der VÖB-Präsident sicher. “Wegen des Liquiditätsüberschusses vieler Hausbanken wird künftig die Übernahme von Teilrisiken, also die Herauslegung von Garantien, wichtiger werden, während die Relevanz der Bereitstellung von Liquidität sinken könnte.”Eines ist Forst mit Blick auf die künftige “Green Deal”-Politik der neuen EU-Kommission auch noch wichtig: Nachhaltigkeitspolitik und Eigenkapitalanforderungen für Banken dürfen seiner Ansicht nach nicht miteinander verknüpft werden. Er habe Zweifel daran, sagt der 60-Jährige, dass grüne Investitionsvorhaben ein geringeres Risiko bergen als traditionelle. Das Projektrisiko möge vielleicht kleiner sein. Aber wenn es um junge Unternehmen gehe, gelte wie in jeder Branche: Einige von ihnen würden sich durchsetzen, andere würden es nicht schaffen. Dies bedeute an dieser Stelle dann ein erhöhtes Risiko. “Derzeit gibt es noch keine Indikation, warum grüne Risiken hinsichtlich der Eigenkapitalanforderungen begünstigt werden sollten.”Mit einer gewissen Skepsis beurteilt Forst auch ein weiteres Brüsseler Prioritätenprojekt: den Ausbau der europäischen Kapitalmarktunion. Bislang hätten sich die Maßnahmen der EU im Zuge der Kapitalmarktunion auf Produktdefinitionen konzentriert. Das seien kleine Schritte gewesen. Nun würden große Schritte gefordert, im Konkurs- oder Steuerrecht. “Ich erkenne allerdings nicht, warum man nicht bereits heute grenzüberschreitend in Europa als Finanzierer tätig sein kann, denn jede Bank, die im Nachbarland tätig ist, beschäftigt ja nationale Fachleute, die die Gegebenheiten gut kennen.”Es dürfe zudem nicht übersehen werden, dass der scharfe Wettbewerb der Banken in Deutschland dazu geführt habe, dass sich der Mittelstand bislang günstig habe finanzieren können. “Ich habe meine Zweifel, ob eine Finanzierung über den Kapitalmarkt für den Mittelstand eine sinnvolle Option ist – zumal er dann ja auch ein Rating bräuchte, was derzeit wenige haben”, stellt der VÖB-Präsident klar. “Scharfer Bankenwettbewerb”Forst verweist in dem Gespräch darauf, dass unter dem scharfen Bankenwettbewerb in Deutschland die Profitabilität der Banken leidet. Gerade vor diesem Hintergrund müsse sich die Politik gut überlegen, wie stark sie die Banken noch weiter durch Regulierung belaste, etwa bei den Kapitalanforderungen und der anstehenden Übersetzung der Baseler Vorgaben in EU-Recht. “Das Pendel in der Regulierung ist nach der Finanzkrise weit in die andere Richtung ausgeschlagen”, kritisiert Forst. Das schwäche die Banken. Die Regulierer müssten jetzt aufpassen, dass sie nicht überziehen. Denn die aktuelle Phase ist nach Meinung des Verbandschefs durchaus gefährlich für die Banken. “Sie müssen weiterhin die Chance haben, aus sich selbst heraus profitabel zu sein.”Dass Bundesfinanzminister Olaf Scholz vor diesem Hintergrund einen Vorstoß zur Vollendung der europäischen Bankenunion unternommen hat, wird von Forst im Grundsatz begrüßt. Scholz sei ja “in keinem Punkt abgewichen von dem, was schon lange deutsche Position” gewesen sei, sagt er. Gerade mit Blick auf die deutsche EU-Ratspräsidentschaft ab Sommer 2020 sei es “weise, nicht die Ellenbogen auszufahren, sondern zu sagen: Wir haben ein Thema, das müssen wir lösen.” Natürlich gebe es beim Thema Einlagensicherung (Edis) deutsche Besonderheiten, etwa die Institutssicherung, so Forst. “Die muss man sinnvoll berücksichtigen.”