Der M & A-Markt ist wesentlich dynamischer geworden

Heute sehr viel mehr Möglichkeiten gegeben - Vor allem für strategische Investoren unübersichtlich - Bank als Navigator an der Seite von Vorteil

Der M & A-Markt ist wesentlich dynamischer geworden

Im neunten Jahr des Aufschwungs haben viele Unternehmen ein vitales Interesse an Firmenkäufen oder dem Verkauf von Unternehmensteilen. Sie reagieren damit auf die sich dynamisch verändernden Rahmenbedingungen für ihre Geschäftsmodelle. Die Treiber dieser Dynamik sind neben regulatorischen Veränderungen vor allem Megatrends.Im Markt für Unternehmensverkäufe, Firmenübernahmen und Zusammenschlüsse ist viel Bewegung. Laut Clifford Chance spricht 2018 vieles für ein weltweit starkes Jahr im Bereich Mergers & Acquisitions (M & A). Zu den positiven Anzeichen gehören laut der Marktanalyse “M & A Trends 2018” der Anwaltssozietät ein wachsendes Vertrauen in den Vorstandsetagen, ein unverändert positiver Ausblick für die Weltwirtschaft, ein stabiler Ölpreis, starke Unternehmensbilanzen und prall gefüllte Kassen. Außerordentlich robustAuch für den deutschen Markt erwartet die Anwaltssozietät Allen & Overy weiterhin ausgesprochen positive Rahmenbedingungen für M & A-Aktivitäten. Ein weiterer Grund zum Optimismus ergibt sich aus der außerordentlichen Robustheit der M & A-Märkte der vergangenen Jahre trotz bestehender Unwägbarkeiten, wie zum Beispiel geopolitische Risiken.Für Europa und Deutschland gilt dies in besonderer Weise. Das Volumen der M & A-Abschlüsse in Europa ist 2017 laut dem britischen Branchendienst Mergermarket um 14 % auf umgerechnet 924 Mrd. US-Dollar gestiegen, während es in den anderen Regionen der Welt – ausgehend von einem sehr hohen Niveau – sogar rückläufig gewesen ist. Der deutsche M & A-Markt entwickelte sich mit einem Plus von satten 45 % auf 131 Mrd. US-Dollar weiterhin sogar besser als der größte Teil des restlichen Markts in Europa, auch wenn das Vereinigte Königreich mit 202,6 Mrd. US-Dollar den höchsten absoluten Transaktionswert auswies. Nach dem Ausscheiden Großbritanniens aus der EU avanciert Deutschland allerdings zum größten M & A-Markt innerhalb der EU und wird damit noch einmal erheblich stärker in den Fokus in- und ausländischer Investoren rücken als bisher.Ein wesentlicher Faktor für die rege Aktivität liegt in den vielfältigen und großen Herausforderungen, denen sich Unternehmen heutzutage stellen müssen und die vielfach gleichzeitig zu bewältigen sind. Dazu gehören Megatrends wie Nachhaltigkeit, E-Mobility, neue Arbeits- und Organisationsformen, Dezentralisierung oder die grundlegende Umwälzung vieler Produktionsprozesse durch das Internet der Dinge. Die digitale Transformation verändert die Wertschöpfung in nahezu allen Branchen der Wirtschaft grundlegend.Dieses Umfeld zwingt Unternehmen zu strategischen Veränderungen oder sogar zur Neudefinition ihrer Geschäftsmodelle. Diese zukunftsorientierte Neuausrichtung vollzieht sich teilweise im Rahmen der bewährten Geschäftsmodelle, indem Geschäftsbereiche, die sich gut entwickeln, mit Zukäufen weiter gestärkt werden.Bei anderen Unternehmen hingegen verschiebt sich der Fokus – und das teilweise radikal. So entwickeln große Energieversorger Alternativen zur Kohleverstromung. Beim Einstieg in E-Mobility-Konzepte investieren sie in Netze von Ladestationen – und kooperieren mit Automobilkonzernen, die sich ebenfalls neu orientieren müssen. Wenn sie sich hingegen im Ausbau des schnellen Internets im ländlichen Raum engagieren, konkurrieren sie mit den etablierten Telekommunikationsunternehmen. Dieses Beispiel zeigt exemplarisch die tektonischen Verschiebungen für ganze Branchen auf, die sich aus der strategischen Neuausrichtung von Unternehmen ergeben.Für die Unternehmen stellt sich dabei zuerst die Frage, an welcher Stelle es für sie Sinn ergeben könnte, Unternehmensanteile zu verkaufen. Mit dem so freigewordenen Kapital stellen sie sich an anderer Stelle stärker auf, etwa, indem sie Unternehmen hinzukaufen, die sie bei der Positionierung hinsichtlich Megatrends voranbringen. Die mittlerweile hohen Preise am M & A-Markt erleben sie vielfach also von beiden Seiten: Als Verkäufer profitieren sie von der hohen Nachfrage und dem sich aus dieser Konstellation ergebenden lukrativen Wettbewerb. Zugleich läuft auf der Käuferseite jede Überlegung auf ein im Kern einfaches Kalkül hinaus: Premium Multiples lassen sich durchaus rechtfertigen, wenn es gelingt, die Kapitalkosten zu decken und durch den Kauf einen langfristigen finanziellen und strategischen Mehrwert zu erzielen.Unter dieser Voraussetzung kann es für einen strategischen Investor durchaus Sinn ergeben, die aufgerufenen Preise zu zahlen und somit die Aufstellung des Unternehmens im Wettbewerb zu verbessern. Häufig ist diese Alternative langfristig die optimale im Vergleich zu Aktienrückkäufen oder zur Auszahlung überschüssiger Liquidität in Form einer Dividende an Aktionäre.Die strategischen Erwägungen der Unternehmen werden von einer ganzen Reihe begünstigender Faktoren unterstützt. So sind ihre Kassen im neunten Jahr des wirtschaftlichen Aufschwungs in Deutschland gut gefüllt. Das belegen auch die Zahlen des Marktforschungsspezialisten Statista. Demnach lag die durchschnittliche Eigenkapitalquote aller mittelständischen deutschen Unternehmen im Jahr 2016 bei 30 %. Großunternehmen erreichten sogar rund 33 %. Neben der guten Kapitalausstattung ermöglichen anhaltend rekordniedrige Zinsen die Aufnahme von weiterem Eigen- und Fremdkapital zu günstigen Konditionen. Auf der anderen Seite interessiert sich eben wegen dieser niedrigen Zinsen auch eine breite Gruppe von Investoren für Unternehmensbeteiligungen – zum Beispiel Private Equity, Infrastrukturfonds, Pensionsfonds und andere Finanzinvestoren.Viele Unternehmen gehören in diesem Prozess der strategischen Veränderung strukturell sowohl zu den potenziellen Käufern als auch zu den potenziellen Verkäufern – je nach Geschäftsfeld, strategischer Zielsetzung und Marktumfeld. Ihr Beratungsbedarf ist vor diesem Hintergrund deutlich gestiegen. Dabei beobachten wir, dass zunehmend integrierte Ansätze gefragt sind, die eine M & A-Beratung sinnvoll mit weiteren Corporate-Finance-Konzepten verknüpfen, um Wege zu finden, wie etwa eine Finanzierung strukturiert werden kann und wie sich aus einer Transaktion ergebende Risiken abgesichert werden können.Die Handlungsalternativen hinsichtlich Verkäufen oder Zukäufen von Unternehmensteilen sind zu vielfältig geworden, als dass ihre diversen Aspekte noch getrennt betrachtet werden könnten. Eine umfassende strategische Sicht auf den M & A-Markt fängt bei der Beobachtung und Analyse des Marktes selbst an, geht über die Ausarbeitung sinnvoller Optionen und eine entsprechende Positionierung des Unternehmens am Markt bis hin zur Strukturierung und Umsetzung der Transaktion.Der Wettbewerb kommt nicht nur von anderen Unternehmen – also strategischen Investoren -, er kommt in besonderem Maß auch von Finanzinvestoren. So schätzt der britische Branchendienst Preqin, dass die Manager von Private-Equity-Fonds Stand Ende 2017 weltweit auf rund 1 Bill. US-Dollar für Investitionen zugesagtes Kapital zurückgreifen konnten – ein deutlicher Zuwachs gegenüber dem Vorjahr mit 838 Mrd. US-Dollar. Und für den deutschen Markt verlautet aus dem Bundesverband Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften (BVK), die Private-Equity-Häuser könnten bei ihren Investoren “nach wie vor enorme Finanzmittel abrufen”. 2017 wurden insgesamt 11,3 Mrd. Euro von Beteiligungsgesellschaften in Deutschland in Unternehmen investiert. In der “Private-Equity-Prognose” des BVK heißt es dementsprechend, bei stabilen konjunkturellen und politischen Rahmenbedingungen sei von einem weiterhin lebhaften Geschäft auszugehen.Der M & A-Markt ist dynamischer geworden, er bietet sehr viel mehr Möglichkeiten als noch vor wenigen Jahren. Das allerdings macht ihn insbesondere für strategische Investoren auch unübersichtlicher. Hier kommt es darauf an, eine Bank an der Seite zu haben, die als Navigator auftritt und ganzheitlich strategisch berät – dieser Herausforderung müssen sich Finanzdienstleister stellen. —-Cay-Marco FritschHead of Corporate Finance, M & A bei ING Wholesale Banking Germany