Digitale Zahlungsmethoden

Der Trend „Buy Now, Pay Later“ läuft heiß

Digitale Zahlungsmethoden fassen immer stärker Fuß. Dabei hat sich zuletzt kein Bereich so dynamisch entwickelt wie „Buy Now, Pay Later“ (BNPL), das von Fintechs wie Klarna, Affirm und Afterpay vorangetrieben wird.

Der Trend „Buy Now, Pay Later“ läuft heiß

Von Björn Godenrath, Frankfurt

Mit wachsendem E-Commerce-Volumen fassen auch neue digitale Zahlungsmethoden Fuß. Dabei hat sich in den vergangenen zwei Jahren kein Bereich so dynamisch entwickelt wie „Buy Now, Pay Later“ (BNPL), das von Fintechs wie Klarna, Affirm und Afterpay vorangetrieben wird. Der Anteil von BNPL im Onlinehandel dürfte sich bis 2024 auf 4,2% (siehe Grafik) verdoppeln, so eine Studie der auf Fintech spezialisierten Bank FT Partners.

Dabei entspricht „Buy Now, Pay Later“ im Prinzip einem Zahlungsschema, das der durchschnittliche Deutsche aus dem Versandhandel kennt, nur eben digitalisiert: dem Kauf auf Rechnung, der es Kunden bei ausreichender Bonität erlaubt, die Ware erst 14 Tage nach Erhalt zu begleichen. Im Bewusstsein dieses Freiraums tun sich Menschen leichter, Ware zu bestellen, und der Verkäufer betreibt ein Monitoring der Retourenquote, um die Wirtschaftlichkeit eines Kunden sicherzustellen – wer immer nur retourniert, fliegt raus. Für den digitalen Raum ist die Incentivierung durch BNPL gut be­legt, es steigt das durchschnittliche Be­stellvolumen, wenn sich diese Option im Bestellmenü befindet. Insbesondere eine jüngere Klientel, die über In-App-Käufe agiert, spricht darauf an. In Großbritannien hatten schon 2019 gut 60% aller Millennials (im Alter von 23 bis 38 Jahren) sogenannte „Installment Payment Options“ genutzt, gut 40% auch mehr als einmal, so eine Studie von AT Kearney. Einer aktuellen Untersuchung von Emarketer zufolge sind aber auch ältere Nutzer zunehmend dazu übergegangen, eine solche alternative Zahlungsmethode zu nutzen.

Verbraucherschutz alarmiert

Verbraucherschützer beäugen das allerdings argwöhnisch, baut sich doch für Shopping-affine Kunden mit Nutzung von BNPL schnell eine Bugwelle an finanziellen Verpflichtungen auf. Das hatte auch die FCA auf den Plan gerufen, die in der sogenannten „Woolard Review“ feststellte, dass Menschen mit BNPL leicht in ein Schuldenproblem geraten könnten – und diese Verbindlichkeiten seien für Bonitätsagenturen sowie andere Kreditgeber wie Banken nicht sichtbar. Den Daten zufolge haben 10% der BNPL-Nutzer in Großbritannien ihr Zahlungsziel nicht eingehalten; in den USA haben Credit Karma zufolge schon 40% der Konsumenten mehr als eine solcher Zahlungen verpasst – und 72% der BNPL-Nutzer eine Verschlechterung ihres Credit Score erfahren.

Empfohlen wird nun in Großbritannien der Aufbau eines „Affordability check“, um Kunden vor einer Schuldenspirale zu schützen. Die Konsultation läuft, die britische Regierung will direkt im An­schluss ein entsprechendes Gesetz verabschieden.

Kreditähnliches Produkt

Dieser regulierungsfreie Zustand ist die Chance für Fintechs, handelt es sich bei BNPL doch um ein kreditähnliches Produkt, das in der Regel zinsfrei ist und nicht direkt unter den FCA -oder BaFin-Schirm fällt, aber eben doch zum unbesicherten Kreditmarkt gehört. Gebühreneinnahmen erhalten die Payment Provider vom Online-Händler, bei Verzug auch Überziehungszinsen vom Retail-Kunden – analog zu den Mahngebühren des Versandhandels. Aber spätestens mit Erheben von Verzugszinsen wird klar, dass BNPL-Betreiber regulatorisch auf Augenhöhe mit Banken und Kreditkartenfirmen behandelt werden müssten – das dürfte dann auch eine Lizenzierung notwendig machen. Stand jetzt können sich Kunden im Streitfall nicht mal an den Ombudsmann des Finanzwesens für eine Schlichtung wenden. Entstanden ist ein regulatorischer Sandkasten, der Verbraucherrechte beschneidet – was so nicht sein darf. Dass der Markt für „Buy Now, Pay Later“ heiß ist, das zeigen die Aktivitäten von Big Tech und Fintech-Konzernen. Anfang August erwarb die von Twitter-Chef Jack Dorsey ge­führte Square, die in ihrem Kernprodukt „Cash App“ 70 Millionen Nutzer hat, den BNPL–Spezialisten Afterpay für 29 Mrd. Dollar in Aktien. Dabei bietet Afterpay die Option, Zahlungen auf bis zu vier Raten aufzuteilen – also eindeutig ein Kreditprodukt. Bemerkenswert ist, dass die 2014 als Pionier des Sektors gegründete Afterpay mit 15,6 Mrd. Dollar weniger Bruttovolumen abwickelt, als Square nun bezahlt. Allerdings lässt sich Afterpay über die in den USA äußerst populäre Banking- und Investment-App von Square erheblich auf der Händlerseite skalieren – und Afterpay bringt Kunden wie Amazon und Target mit. Square nähert sich auch ohne Afterpay einem jährlichen Payment-Abwicklungsvolumen von 100 Mrd. Dollar.

Der Apple-Faktor

Gut positioniert in den USA sind auch Klarna, mit 46 Mrd. Dollar eines der höchst bewerteten Fintechs, sowie Affirm. Die ist seit Januar börsennotiert (Marktkapitalisierung 17 Mrd. Dollar) und hat mit Shopify einen gewichtigen E-Commerce-Partner. Gerüchten zufolge steht Affirm vor einer Partnerschaft mit Apple, was den Markt nachhaltig prägen würde. Denn wenn Apple etwas auf ihr iPhone holt, dann ruckelt es im Markt. Gründer von Affirm ist mit Max Levchin einer der Paypal-Mitgründer neben Peter Thiel und Elon Musk. Dabei dürfte Apple aber keine exklusive Partnerschaft mit Affirm anstreben, hat der Konzern doch Bloomberg zufolge begonnen, mit Hilfe von Goldman Sachs ein „Apple Pay Later“ zu entwickeln.“

Banken brauchen das auch

Aber wie viele Checkout-Optionen verträgt der Kunde noch? Mehr als zwei oder drei Optionen zieht niemand außer den Nerds in Betracht, da wird sich nicht jeder BNPL-Anbieter durchsetzen können. Vor allem, wenn man wie Afterpay keinerlei Kreditprüfungsmechanismen besitzt – aber dafür dürfte dann die neue Mutter Square sorgen. Schätzungen zufolge steht Afterpay für schmale 70 Mill. Dollar an Gebühreneinnahmen: In einem margenarmen Geschäft macht das Bruttoabwicklungsvolumen im Verhältnis zu technologischen und regulatorischen Kosten den Unterschied. Außerdem bilden sich schon Allianzen von Banken (Citi) und Kreditkartenfirmen (Mastercard), um mit eigenen BNPL-Angeboten den Markt zu besetzen: Man will mit dem Angebot in Australien unter den von Afterpay verlangten Händlergebühren von 4% der Wa­rensendung bleiben, kündigte ein lokaler Citi-Manager an. Dass der Wettbewerb nicht nur hart, sondern auch schmutzig sein kann, illustriert folgende Episode: Capital One sperrte ihre Kreditkarten-Kunden für das Bezahlen von BNPL-Außenständen. Ohne Guthaben auf (regulierten) Bankkonten/Wallets kann „Buy Now, Pay Later“ nicht funktionieren.

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