Der Underdog macht sich
Jahrelang gab es nur Schimpf und Schande von allen Seiten für die Commerzbank: Neunmal in sieben Jahren wurden die Aktionäre um Kapitalerhöhungen angebettelt mit enormen Verwässerungen für die Anteilseigner als Folge, bei der Strategie gab es mehrfach ein Hü und Hott, neue Löcher in der Bilanz und nicht enden wollende Sparrunden bestimmten die Schlagzeilen. Im Vergleich zur Deutschen Bank war die Commerzbank eindeutig der Underdog. Jetzt, auf Hälfte der Strecke zur Umsetzung der neuen Strategie, scheint sich das Blatt zu wenden: Der Underdog macht sich, die Deutsche Bank steht nun auf der Verliererseite.Während die Deutsche Bank zum zweiten Mal an einer neuen Strategie herumwerkelt, weil sie mit der ersten nicht so recht reüssierte, zeigen die Gelben bei ihrem bereits Ende 2012 verkündeten zweiten Strategieversuch beachtliche Fortschritte. Das zeigt sich exemplarisch beim Vergleich der Aufwand-Ertrag-Quote. Während die Blauen vor Steuern für das erste Halbjahr im Gesamtkonzern auf eine Quote von rund 84 % kommen, haben die Rosskuren der Commerzbank, die durch das Schlucken der Dresdner Bank wiederholt notwendig wurden, diese bereits auf ein Level von 71 % gebracht.Die Geländegewinne der Commerzbank im Vergleich zur Deutschen Bank zeigen sich noch deutlicher, blickt man auf das Privatkundengeschäft. Deutschlands größte Bank eiert hier auf der Suche nach einer nachhaltigen Strategie seit Monaten herum. Musste vor wenigen Jahren unbedingt die Postbank übernommen werden, weil das Potenzial bei Privatkunden angeblich so verlockend ist, macht die Deutsche Bank nun eine Rolle rückwärts: Die Postbank muss weg, und außerdem sind bis zu 200 Deutsche-Bank-Filialen gefährdet. Da ist die Commerzbank mit ihrem Umbau viel weiter. Der Filialabbau ist weitestgehend erledigt, mehr ist aktuell nicht in Sicht. Bei Erträgen und Gewinn kann sich der Beitrag des Geschäftsfelds wirklich sehen lassen. In der Vergangenheit glänzte die Commerzbank überwiegend mit der Mittelstandsbank – damit kann die Zukunft auf zwei starken Säulen ruhen.Doch obwohl die Commerzbank in deutlich ruhigeres Fahrwasser geraten ist, was den Mitarbeitern nach den turbulenten und schmerzhaften Zeiten mehr als zu wünschen ist – bei einigen Zielen der Strategie 2016 könnte das Geldhaus durchrasseln. Die anhaltend hohen Kosten und die weiterhin niedrigere Profitabilität weisen dem Vorstand klar die Richtung, wo verschärfter Einsatz nötig ist. Und ob die Fortschritte beim Kapital ausreichen, ist noch nicht ausgemacht.