Deutsche Bank beklagt hohen Konkurrenzdruck
bn Frankfurt – Die Deutsche Bank sieht sich aufgrund ihres Sitzes in Deutschland im Nachteil gegenüber ausländischen Banken. Auf der Tagung “Banken im Umbruch” hat ihr Chief Executive Officer (CEO) John Cryan am Mittwoch in Frankfurt angesichts der Lage europäischer Banken überdies “eine Strategie für unseren Finanzsektor” gefordert. Kunden sind preissensibelIn Deutschland gebe es “schlicht zu viele Banken”, führte Cryan aus. Im Gegensatz zu Spanien, Frankreich oder Nordeuropa habe Deutschland keine große Welle an Zusammenschlüssen von Banken erlebt. Dies habe weniger Skaleneffekte, mehr Konkurrenz sowie höheren Preisdruck nach sich gezogen. Zudem stünden viele Banken “gar nicht unter dem Druck, attraktive Renditen erwirtschaften zu müssen”. Sie hätten de facto staatliche Eigentümer oder müssten sich nicht am Kapitalmarkt messen lassen, fügte Cryan offenbar mit Blick auf den Sparkassen- und Genossenschaftssektor hinzu. Zudem seien deutsche Kunden besonders preissensibel. In den USA bezahle man für viele alltägliche Bankprodukte drei- oder viermal so viel wie hierzulande: “Eine einfache private Überweisung an eine andere Bank kostet dort manchmal mehrere Dollar. Stellen Sie sich bitte einmal vor, wir würden das von deutschen Kunden verlangen. All dies drückt unsere Margen.”Nach einem Rekordverlust von 6,8 Mrd. Euro wies die Deutsche Bank für 2015 eine Eigenkapitalrendite von minus 9,8 % aus. Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) weist für die deutschen Sparkassen für 2015 vor Steuern nach HGB 9,7 % aus, die Volksbanken und Raiffeisenbanken kamen nach Angaben ihres Bundesverbandes Ende 2015 auf 14 % vor sowie auf 4,6 % nach Steuern. Europaweites DilemmaEuropaweit steckten die Banken zudem in einem “grundsätzlichen Dilemma”, erklärte Cryan. Die Institute seien insgesamt zwar deutlich sicherer geworden, aber auch deutlich weniger profitabel. Zudem setze das Zinsumfeld nahezu allen europäischen Banken zu. In der Folge fallen deutsche Banken international immer weiter zurück, wie der Bankchef sagte. Von einst vier großen deutschen Instituten seien nur noch zwei übrig: “Im Vergleich zu unseren ausländischen Wettbewerbern müssen wir wesentlich mehr Geld aufwenden, um einen Euro an Ertrag zu erwirtschaften.”Einerseits liege dies an eigenen Versäumnissen, räumte Cryan ein – für 2015 meldete die Deutsche Bank eine Aufwandsquote von 115,3 %, der DSGV für die deutschen Sparkassen 67,4 %. Andererseits liege es aber auch an hartem Wettbewerb und an einer Regulierung, die Banken immer weniger Bewegungsspielraum lasse.In Spanien hat infolge der Finanzkrise nach Cryans Einschätzung eine Konsolidierung bereits stattgefunden. Italien, auf dessen Institute Europas Bankenaufsicht deutlichen Druck ausübt, bewegt sich demnach in dieselbe Richtung. Dagegen schlägt Großbritannien, deren Aufsicht die Entstehung sogenannter Challenger Banks gefördert hat, die entgegengesetzte Richtung ein, wie er feststellt. Für das von ihm geleitete Haus schloss er fürs Erste aus, dass es sich mit einer Übernahme einer anderen Bank an einer Konsolidierung beteiligten wird. Man konzentriere sich auf die Umsetzung der Strategie. Für die KapitalmarktunionWährend die Branche nun in manchen Ländern immer weniger Kredite an Unternehmen vergebe, etwa in Spanien, wo das Minus gegenüber 2010 etwa 40 % betrage, stelle sich auf europäischer Ebene die Frage, ob Konzerne und Mittelständler noch Banken vorfänden, die sie international begleiten könnten – oder ob sie dafür allein amerikanischen Häusern vertrauen müssten, führte Cryan weiter aus. So dürfe es in Europa nicht weitergehen: “Wir brauchen einen Kurswechsel. Wir brauchen eine Strategie für unseren Finanzsektor.”Cryan schlug dabei einen Plan vor, der neben Bemühungen der Banken in Sachen Digitalisierung, Datenanalyse und Innovationskraft unter anderem vorsieht, dass die Politik die Voraussetzungen für einen europäischen Finanzmarkt schafft. In einem großen Markt gelinge es den Banken eher als in einem kleinen Markt, wettbewerbsfähiger zu werden und ihre Profitabilität zu steigern, argumentierte der Konzernchef. Die Bankenunion war für Cryan vor diesem Hintergrund ein wichtiger Schritt, dem nun die Kapitalmarktunion folgen muss.”Gerade weil die Bankbilanzen schrumpfen, wird der Kapitalmarkt wichtiger, um Wachstum zu finanzieren”, erklärte er. Der europäische Binnenmarkt werde es auch erleichtern, die Kleinstaaterei unter den Banken zu beenden: “Wir brauchen weitere Zusammenschlüsse – auf nationaler Ebene, aber eben auch über die Landesgrenzen hinweg. Nur dann können wir auf Dauer wirtschaftlich arbeiten.”