Deutsche Bank setzt auf Trendwende
Nach Jahren einer Stagnation der verwalteten Vermögen setzt die Deutsche Bank auf eine Trendwende im Wealth Management in ihrem Heimatmarkt. Dies erklärt dessen im Dezember angetretener Leiter Frank Schriever der Börsen-Zeitung.Von Bernd Neubacher, FrankfurtImmerhin gibt die Bank seit Schrievers Amtsantritt wieder bekannt, welches Volumen sie im deutschen Wealth Management überhaupt verwaltet. Dies ist mehr als viele Wettbewerber von sich preisgeben wollen, weshalb, wer einen Überblick über den Markt bekommen will, auf Schätzungen von Beratern angewiesen ist. Im vergangenen Jahr hatte die Bank vorübergehend darauf verzichtet, das Volumen zu beziffern, nachdem der Bereich 2018 hinter seinen Zielen zurückgeblieben war, was die damaligen Co-Heads Daniel Kalczynski und Anke Sahlén auf Bremsspuren durch die Einführung der EU-Richtlinie Mifid II, abflauende Sondererträge, die Integration von Sal. Oppenheim sowie Investitionen zurückgeführt hatten. Schlagzeilen wie jene, dass die Aufsicht damals einen Sonderbeauftragten für Geldwäsche im Institut einsetzte, dürften, auch wenn die Sparte darauf keinen Einfluss hatte, auch ihren Teil beigetragen haben. Die Bank setzte Kalczynski und Sahlén daraufhin Claudio de Sanctis als Europa-Chef vor die Nase, der bald Schriever zum Leiter des Geschäfts im Heimatmarkt auserkor.Die bundesweit verwalteten Mittel stehen schon seit längerem unter Druck. Hatte die Bank Ende 2017 noch 90 Mrd. Euro auf der Naht, vereinigte sie Ende März 2020 nur mehr 76 Mrd. Euro auf sich, nachdem das Volumen im Zuge der Corona-Pandemie im ersten Quartal um 9 Mrd. Euro in die Tiefe gerauscht ist. Die Entwicklung bei der Konkurrenz dürfte im Startquartal ähnlich verlaufen sein. Wie sich Schriever indes entlocken lässt, sind der Bank im Fünfmonatszeitraum per Ende Mai allerdings netto Mittel zugeflossen. “Im ersten Quartal lag das Geschäft über Plan, auch wenn das Volumen der im deutschen Wealth Management verwalteten Assets im Zuge der Covid-19-Krise sank”, erklärt der Manager: “Für das zweite Quartal ist ein Ausblick schwierig, ich bin jedoch zuversichtlich, denn wir sind gut aufgestellt.” Überdurchschnittlich zugelegtIm globalen Wealth Management hat der Konzern den Ertrag im Startquartal binnen Jahresfrist um 17 % gesteigert. Das deutsche Geschäft habe dabei überdurchschnittlich abgeschnitten, sagt Schriever. Dies sei bemerkenswert, da der Markt in Europa doch langsamer wachse als etwa in Asien. In der Tat beschwören Vermögensverwalter regelmäßig das Potenzial in Fernost – von Europa ist selten die Rede. Auch fürs laufende Quartal, in dem das deutsche Wealth Management den Rückgang zu Beginn der Krise großenteils aufgeholt haben sollte, zeigt sich Schriever zuversichtlich.Wie er deutlich macht, hat Corona selbst das als eher ruhig geltende Private Banking mächtig durcheinander gewirbelt. Die Anzahl der Kundentelefonate habe sich glatt verdoppelt, berichtet Schriever. Die Bank sei in ihrer Kernkompetenz des Risikomanagements gefragt gewesen. So habe sich das Geschäft am aufs obere Kundensegment fokussierten Handelstisch inklusive Transaktionsberatung in der Spitze verfünffacht, auch sei die Zahl der Kunden in wöchentlichen Telefonkonferenzen zur Lage an den Märkten in die Höhe gesprungen. Mancher Kunden mit Liquiditätsbeständen habe sich entschlossen, in den Markt einzusteigen und neue Mandate erteilt: “Wir sind in der Vermögensverwaltung gewachsen.”Zugleich ist seinen Angaben zufolge das Geschäft mit Lombard-Krediten in Gang gekommen, das die Bank schon unter der Ägide von Europa-Chef de Sanctis forciert hat und sich zu einer weiteren Ertragsquelle neben den Provisionen für die Verwaltung von Vermögen und für Transaktionen entwickelt: “Lombard-Kredite machen wir sehr gerne und verzeichnen dort eine hohe Nachfrage”, sagt Schriever. Wurden die liquiden Mittel bei Unternehmen knapp, waren deren Chefs seinen Angaben zufolge vielfach bereit, als Private-Wealth-Kunde der Deutschen Bank Lombard-Kredite aufzunehmen und in ihre Firma zu geben. Drei von vier Wealth-Management-Kunden der Deutschen Bank hätten einen unternehmerischen Hintergrund, gibt Schriever zu bedenken und erklärt: “Das Kreditgeschäft hat sich sehr gut entwickelt. Es ist essenziell und soll weiter wachsen.”In der Vergangenheit habe die Deutsche Bank vielleicht zu viele Initiativen parallel vorangetrieben, ohne alle davon umzusetzen, räumt er ein. Strategisch hat er sich daher vorgenommen, erst einmal fortzusetzen, was die Bank zuletzt in Angriff genommen habe. Im Kern handelt es sich dabei um ein Betreuungsmodell, das für jeden Wealth-Management-Kunden die Betreuung durch einen Relationship Manager, einen Generalisten, einen Kapitalmarkt-Spezialisten sowie einen Assistenten vorsieht. Derzeit wird das im deutschen Markt entwickelte Modell Schriever zufolge weltweit eingeführt. Ein Zehntel mehr Kunden2019 habe die Bank bundesweit die Zahl der Kunden und jene der Berater um jeweils 10 % erhöht, berichtet der Manager. 280 Berater hat sie nun im Wealth Management.Im täglichen Geschäft dürfte es derzeit vor allem darum gehen, Kunden von Umschichtungen aus zinsfreien bzw. negativ verzinsten Einlagen in höher rentierliche und für die Bank lukrativere Produkte zu überzeugen. Im vergangenen Jahr ist das Volumen der Einlagen im globalen Wealth Management bereits um 2,1 Mrd. Euro gesunken, während der Umfang der Anlageprodukte um 2,8 Mrd. Euro anzog. Aus Sicht der Bank hebt dies die Qualität des Geschäfts. Die zählt neben der Kundenzufriedenheit sowie dem Wachstum mit bestehenden und neuen Kunden zu den Steuerungsgrößen in der Sparte.Große Stücke hält Schriever auf ein zu Ostern lanciertes Produkt namens “Strategic Asset Allocation”. Seinen Angaben zufolge ermöglicht es Kunden, mit Hilfe von Indexfonds kostengünstig der Strategie des Chief Investment Officers des hauseigenen Assetmanagers DWS zu folgen und dabei vom Risikomanagement des Konzerns zu profitieren. “Dies ist das erste Produkt, das wirklich für alle Kunden spannend ist. Das ist die Zukunft der Vermögensverwaltung”, wirbt Schriever für das Produkt, das Privatkunden 50 bis 70 Basispunkte und Institutionelle deutlich weniger als 50 Basispunkte kostet. Die Nachfrage nach günstigen und robusten Produkten sei groß. Der Druck auf die Marge, im Zinstief und infolge Digitalisierung ohnehin branchenweit beträchtlich, dürfte damit kaum nachlassen. Für gewöhnlich rufen Banken Provisionen von jährlich 1 % auf – selbst wenn ihnen, wie sie im vertraulichen Gespräch einräumen, klar ist, dass sie dieses Niveau im Regelfall nicht durchsetzen können.