UMSTRUKTURIERUNG DER DEUTSCHEN BANK

Deutsche Bank wagt erneuten Umbau in der Vermögensverwaltung

Strategieschwenk stellt Ziele in Frage - Geschäft durch wiederholte Umstrukturierung belastet - Privat- und Geschäftskundensparte erhält größere Bedeutung

Deutsche Bank wagt erneuten Umbau in der Vermögensverwaltung

Von Silke Stoltenberg, FrankfurtEs ist gerade mal drei Jahre her, da beschloss die Deutsche Bank nach einem gescheiterten Verkaufsversuch von Teilen der Vermögensverwaltung, die konzernweit verstreuten Teile in einer Einheit zu bündeln. Nach einem heftigen, kostenträchtigen und langwierigen Umbau entstand die Deutsche Asset & Wealth Management, an deren Namen sich Kunden und Vertriebspartner gerade mal gewöhnt haben. Und der Kraftakt trägt Früchte: Erträge, Gewinn, verwaltetes Vermögen und Rendite klettern seit einem Jahr ordentlich nach oben. Jetzt reißt der neue Co-Chef John Cryan das Gebilde wieder auseinander, wie am Wochenende bekannt wurde. Cryan schlägt das Wealth Management der Privat- und Geschäftskundenbank zu. Damit wird die grundlegende Ausrichtung für die Vermögensverwaltung als Bestandteil der Strategie 2020, die noch unter Amtsvorgänger Anshu Jain skizziert worden war, in Frage gestellt. Und es lähmt die Vermögensverwaltung aufs Neue.Denn es entstehen nicht nur enorme Kosten für die Herauslösung des Wealth Managements. Sondern die Mitarbeiter werden erneut damit beschäftigt sein, eine Umstrukturierung umzusetzen und sich in den neuen Strukturen zu finden. Nachdem durch das Zusammenwachsen der Vermögensverwaltung in einer Sparte Synergien gehoben wurden, ist zudem fraglich, ob durch die Verlagerung in das Segment Private & Business Clients (PBC) nicht Teile davon wieder obsolet werden.Eine der Begründungen der Deutschen Bank für die vor drei Jahren beschlossene Zusammenlegung war, dass man den Kunden sämtliche Angebote und Produkte der Vermögensverwaltung aus einer Einheit und aus einer Hand anbieten wolle, in enger Zusammenarbeit mit dem Investment Banking. Insbesondere den gut betuchten Kunden, bei denen die Deutsche Bank ambitionierte Wachstumsziele vor allem in Asien, London und den USA für die nächsten Jahre vor Augen hat, werde in der fusionierten Einheit der Service eines umfassenden Angebots eines integrierten Assetmanagers geboten, hatte etwa Bernd Amlung, Strategiechef der Deutschen AWM, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung hervorgehoben (vgl. BZ vom 9. September 2014). Ziel sei eine holistische und internationale Beratung sowie die enge Zusammenarbeit der Abteilungen Assetmanagement, Wealth Management und Investment Banking zum Wohle der Kunden. An die SpitzeDamals hatte die Deutsche Bank den US-Wettbewerber J.P. Morgan vor Augen, als das einheitliche Vermögensverwaltungstableau entworfen wurde. Der Deutschlandchef der Sparte, Joachim Häger, hatte vor wenigen Monaten im Interview der Börsen-Zeitung (vgl. BZ vom 11. Juli) die neue Struktur gelobt, von deren Ertragspotenzial geschwärmt und als Ziel vorgegeben, der führende Asset- und Wealth Manager in Europa werden zu wollen. Für die Integration hat die Deutsche Bank sich enorm ins Zeug gelegt: eine einheitliche Investmentplattform geschaffen, den Vertrieb vereinheitlicht, Produktions- und Abwicklungsprozesse integriert, Infrastrukturabteilungen zusammengelegt und Rechtseinheiten gestrichen. 700 Mill. Euro Kosteneinsparung war das vorgegebene Ziel für die Vermögensverwaltung.Ab dem nächsten Jahr sollen also die wohlhabenden Kunden aus einer “eigenständigen Einheit heraus” in PBC betreut werden. Denn eine vollständige Integration in das normale Geschäft mit Privatkunden ist mit dieser Zielgruppe nicht möglich. Das Fondsgeschäft mit Privatkunden sowie das institutionelle Assetmanagement wiederum firmieren fortan unter Deutsche Asset Management. Spartenchef Michele Faissola verlässt die Bank in geraumer Zeit, die Vorstandsverantwortung für Deutsche Asset Management übernimmt Quintin Price, zuvor BlackRock. Privat- und Geschäftskundenvorstand Christian Sewing wiederum bekommt auch die Verantwortung für die vermögenden Privatkunden. Operativ soll diesen Bereich Fabrizio Campelli führen, bislang Chef der Konzernentwicklung (siehe Bericht oben auf dieser Seite). ProduktunabhängigDie Abspaltung der Betreuung vermögender Privatkunden von den Produkteinheiten des Assetmanagements geschehe auf Wunsch der betuchten Klientel, ist zu hören. Die Interessen im Wealth Management mit einer starken Ausrichtung an den Kundenbedürfnissen und einer produktunabhängigen Beratung stünden im Widerspruch zu den Zielen der Produktabteilungen der Vermögensverwaltung. Daher fühlten sich die reichen Kunden wohler in einer produktunabhängigen Umgebung. Anders ausgedrückt: Kommando zurück, führt man sich die Aussagen von 2012 vor Augen.Was der erneute Umstellungsprozess und der wiederholte Abbau von Doppelfunktionen für das Kosteneinsparziel der Vermögensverwaltung bedeutet, wie viele der gehobenen Synergien wieder obsolet werden – darauf gibt es noch keine Antworten bei der Deutschen Bank. Ebenso wenig auf die Frage, was der Strategieschwenk eigentlich für die ausgerufenen Ziele im Hinblick auf verwaltetes Vermögen, Gewinn und Cost Income Ratio bedeutet.Mehr als 1 Bill. Euro sollte die integrierte Vermögensverwaltung betreuen, dieses Ziel ist tatsächlich schon zwischenzeitlich erreicht worden mit zuletzt 1,14 Bill. Euro. Allerdings werden davon 351 Mrd. Euro, die den wohlhabenden Kunden zugeordnet sind und damit in die Privat- und Geschäftskundenbank wandern, wegfallen (siehe Grafik). Ein Gewinn von 1,7 Mrd. Euro war eine weitere Zielvorgabe, davon erreichte die integrierte Einheit 713 Mill. Euro zum Halbjahr 2015. Da das Wealth Management deutlich bessere Margen hat, zeichnet sich ab, dass 1,7 Mrd. Euro für das klassische Assetmanagement in weite Ferne rückt. Die Cost Income Ratio, die sich zuletzt bei 74 % einpendelte, sollte eigentlich auf 65 % herunter – ob dies in der neuen Struktur gelingt, darf zumindest mit Fragezeichen versehen werden. Mit großer Wahrscheinlichkeit sind also neue Zielvorgaben für die Vermögensverwaltung zu erwarten. Erste Details hierzu könnten am 29. Oktober folgen, wenn Cryan die neue Strategie parallel zu den Geschäftszahlen für das dritte Quartal erläutern will.Die Sparte PBC, wo das Massengeschäft durch die Herauslösung der Postbank und auch in der Deutschen Bank selbst verschlankt werden soll, wird jedenfalls durch den Zuschlag des Wealth Managements aufgewertet, ebenso deren Chef Sewing. Ob dort das Geschäft mit reichen Kunden besser läuft, ist indes fraglich.Mit ihrer neuen Struktur in der Vermögensverwaltung orientiert sich die Deutsche Bank offenkundig an der UBS. Diese hat ebenfalls das Assetmanagement vom Wealth Management getrennt (siehe Bericht auf Seite 4).