Deutsche Banken finanzieren Rodungen
lee Frankfurt
Allen Nachhaltigkeitsbekenntnissen zum Trotz fördert die deutsche Finanzbranche die weltweite Entwaldung im großen Stil. Wie aus der auf Daten der Plattform Forest and Finance basierenden Kurzstudie „Finanzierung der Entwaldung“ der Deutschen Umwelthilfe e.V. und der Umweltorganisation Harvest hervorgeht, summieren sich die zwischen 2016 und Juni 2021 ausgereichten Kreditfinanzierungen an Unternehmen, die mit der Vernichtung von Waldgebieten in Zusammenhang gebracht werden, auf 899 Mill. Dollar.
Weitere 411 Mill. Euro investierte die Branche demnach in Aktien und Anleihen von Produzenten von Rindfleisch, Soja, Palmöl, Kautschuk, Holz sowie Zellstoff und Papier. Einige dieser Emittenten werden mit illegalen Rodungen und Menschenrechtsverletzungen in Verbindung gebracht, was das Investment auch mit Blick auf die Unternehmensführung und die soziale Verantwortung fragwürdig macht. Als Beispiel nennt die Studie den brasilianischen Fleischproduzenten JBS, der nicht nur von Nichtregierungsorganisationen wie Greenpeace kritisch beäugt wird, sondern auch wegen Bestechung und prekären Arbeitsbedingungen bereits mit hohen Geldstrafen belegt wurde. Laut der Studie sind neben der Allianz auch die DZ Bank und die Deutsche Bank bei JBS investiert. Insgesamt war die Deutsche Bank den Angaben zufolge im Betrachtungszeitraum nicht nur als Kreditgeberin (siehe Grafik) führend, sondern auch als Investorin der von den Autorinnen als „entwaldungskritisch“ eingestuften Unternehmen führend. Demnach entfielen mit 235 Mill. Dollar mehr als die Hälfte der branchenweiten Investitionen auf die Deutsche Bank, gefolgt von der Allianz mit 111 Mill. Dollar.
Marktführer dementiert
„Die Deutsche Bank adressiert das Thema der Entwaldungsrisiken bereits seit Jahren intensiv“, weist Nachhaltigkeitschef Jörg Eigendorf den Vorwurf auf Anfrage zurück. Das Institut beteilige sich nicht an Projekten, bei denen Belege für Menschrechtsverletzungen oder schwerwiegende Schäden für die Umwelt vorliegen. Auch finanziere die Deutsche Bank nicht wissentlich Projekte oder Aktivitäten, die im Zusammenhang mit der – legalen oder illegalen – Abholzung tropischer Primärwälder stehen.
Auch mit Blick auf die gegenwärtige und künftige Anlage- und Kreditvergabepraxis der Branche zeigen sich die Autorinnen wenig zuversichtlich. Der hiesige Finanzsektor habe „die notwendigen Schritte zur Ermittlung und Abmilderung der Risiken seiner Finanzsanktionen in Bezug auf den Verlust der Biodiversität und der Klimakrise bisher nicht unternommen“, schreiben sie. Nicht einer der 21 untersuchten Finanzdienstleister habe es sich zum Ziel gesetzt, bis 2025 Entwaldungsrisiken aus seinen Portfolios zu tilgen, geschweige denn einen „robusten Mechanismus“ dafür eingeführt. Mit der Deutschen Bank, der DZ Bank, der LBBW, der HCOB und der BayernLB könnten lediglich fünf Institute unverbindliche Leitlinien dazu vorweisen. Die meisten hätten sich wie etwa Allianz, DekaBank, KfW oder auch die Evangelische Bank überhaupt keine Entwaldungsziele gesetzt.
Wertberichtigt Seite 2