IM BLICKFELD

Deutsche Banken kontern Paypal mit "Pay Direkt"

Von Björn Godenrath, Frankfurt Börsen-Zeitung, 9.4.2015 Gut Ding will bekanntlich Weile haben. Aber dass sich Deutschlands Finanzindustrie so schwertut, das seit einer gefühlten Ewigkeit geplante gemeinsame Online-Bezahlverfahren als Antwort auf...

Deutsche Banken kontern Paypal mit "Pay Direkt"

Von Björn Godenrath, FrankfurtGut Ding will bekanntlich Weile haben. Aber dass sich Deutschlands Finanzindustrie so schwertut, das seit einer gefühlten Ewigkeit geplante gemeinsame Online-Bezahlverfahren als Antwort auf Paypal ins Rennen zu schicken, das verblüfft doch ein wenig. Am schwersten in die Gänge kommen dabei die Sparkassen, die nach langem Ringen mit sich selbst Mitte Februar signalisierten, dass sie sich dem Joint Venture “Gesellschaft für Internet und mobile Bezahlungen” (GIMB) anschließen wollen. Diesen Grundsatzbeschluss hatte der betriebswirtschaftliche Ausschuss des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV) getroffen; offen blieb, mit welchem Anteil sich der öffentlich-rechtliche Sektor an der Betreibergesellschaft zur technischen Abwicklung beteiligt – und wie die Sparkassen die Kosten unter sich aufteilen. Lastenverteilung regelnDarüber sollte dann eigentlich der Lenkungsausschuss des DSGV am 23. März entscheiden. Doch in dieser Sitzung ging es zuvorderst darum, ein viel dickeres Brett zu bohren, nämlich die Lastenverteilung für den Haftungsverbund zu regeln – was auch gelang. Der Beschluss zu GIMB wurde aufgeschoben. Berichten zufolge sollten die Kosten so aufgeteilt werden, dass Helaba, LBBW und Sparkassen Verlag (da ist die Payment-Kompetenz gebündelt) 10 % zahlen und die 416 Sparkassen den Rest. Beim DSGV will man sich dazu nicht äußern – fest steht nur, dass der notwendige Vorstandsbeschluss noch im April eingeholt werden kann.Die seit dem Winter in den Startlöchern stehenden übrigen Mitglieder der Deutschen Kreditwirtschaft (DK) verloren aufgrund der erneuten Verzögerung im Sparkassenlager allerdings die Geduld. Über den Bundesverband deutscher Banken (BdB) wurde drei Tage später eine Meldung herausgegeben mit dem Inhalt, dass private und genossenschaftliche Banken gemeinsam Ende 2015 “ein neues institutsübergreifendes Online-Bezahlverfahren” einführen werden. Das Ziel: Interneteinkäufe direkt vom Girokonto bezahlen. Denn genau darum geht es, fordert doch selbst der im E-Commerce tätige Handel eine Alternative zum Zahlungsvermittler Paypal, der sich seine Dienste mit Rückgriff auf die Girokonten deutscher Banken in der Regel mit 2,5 % des Warenwertes vergüten lässt. Das ist kein Pappenstiel – und die Händler demonstrieren ihren Kunden das auch gerne, indem diese Gebühr in Euro und Cent gesondert ausgewiesen und eben nicht in einem Rutsch dem Warenwert aufgeschlagen wird.Über den Preis sollte Paypal also durchaus angreifbar sein, wenn es den Banken gelingt, eine konkurrenzfähige technische Plattform aufzubauen. Die Kosten dafür werden angeblich auf rund 100 Mill. Euro veranschlagt. Das müssen die Gesellschafter – dazu gehören Commerzbank und Comdirect, Deutsche Bank und die Postbank, die Beteiligungsgesellschaft der privaten Banken unter Federführung der HypoVereinsbank sowie die genossenschaftlichen Zentralbanken DZ Bank und WGZ Bank – aufbringen. Dabei werden die Gesellschafteranteile von den privaten Banken und der genossenschaftlichen Finanzgruppe – Niklas Bartelt von der DZ Bank fungiert als Geschäftsführer – paritätisch gehalten. Die Absicht von Sparkassen und Santander Consumer Bank, sich ebenfalls an dem Online-Bezahlverfahren zu beteiligen, sei zu begrüßen, heißt es süffisant in der Mitteilung des BdB.Die Sparkassen müssen sich jedenfalls sputen, soll doch nach Informationen der Börsen-Zeitung bereits im August ein Testbetrieb des “Pay Direkt” betitelten Projektes starten. Operativ einsetzbar soll das Zahlungssystem schon zum Weihnachtsgeschäft sein, heißt es im Kreis der Gesellschafter. Dass die Banken, nachdem sie zehn Jahre lang die Hände in den Schoß gelegt hatten, nun aufs Tempo drücken, ist auch notwendig. Denn Paypal vereint innerhalb der Internet-Bezahlverfahren mittlerweile 88 % des deutschen Marktes auf sich (siehe Grafik).In einer ersten Version wird das GIMB-System mit Grundfunktionen aufwarten, wie man sie von Paypal kennt, allerdings mit einer direkten Verknüpfung zum Girokonto – im Kreis der Gesellschafter legt man Wert auf die Feststellung, dass das System allein deshalb sowie dank seiner Ausbaufähigkeit mit zusätzlichen Services wie Käuferschutz oder Ratenkreditfähigkeit keine reine Paypal-Kopie sei. In einer zweiten Stufe soll “Pay Direkt” dann mit zusätzlichen Funktionalitäten aufgeladen werden, wozu dann auch Mobile Payment gehört. Ein Zeitpunkt für das Aufschalten dieser Funktion ist wohl noch nicht festgelegt – auf ein paar Monate mehr oder weniger bis zur Liveschaltung von Mobile Payment sollte es mit Blick auf die lange Vorlaufzeit nicht ankommen.Grundsätzlich gilt: Der Schuss muss dann aber auch sitzen, droht den Banken angesichts sich abzeichnender Allianzen von Konzernen der Marke Google/Facebook mit Payment-Spezialisten aus dem Fintech-Umfeld doch eine sich auf das Online und Mobile Payment erstreckende Konkurrenz, die nach dem Vorbild von Alipay schnell Marktanteile gewinnen kann – die Alibaba-Payment-Tochter ist als “third-party payment provider” (das ist Paypal auch) schon kurz nach ihrem Markteintritt eine Hausnummer im Depositengeschäft sowie im Fondsvertrieb. Falls also noch irgendjemand Zweifel haben sollte, ob die Nichtbanken auch Retail Banking können, sollte er nicht darauf hoffen, dass Regulatorik allein die Branche gegen ihre Angreifer abschirmt – im Fall Alipay hat Regulierung die Tür geöffnet.Die Anforderungen an “Pay Direkt” sind also hoch, geht es in Zeiten der Digitalisierung des Bankgeschäfts doch um mehr, als nur einen Paypal-Klon zu bauen. Für die Banken selbst ist auch relevant, ob sie im Zuge der noch in Brüssel verhandelten EU-Zahlungsverkehrsrichtlinie PSD2 Drittanbietern per standardisierter Schnittstelle vollen Konteneinblick gewähren müssen oder ob dies auf einen limitierten Zugang begrenzt wird. Für GIMB sei PSD2 nur insofern relevant, als generelle Anforderungen wie zur Datensicherheit erfüllt werden müssten, heißt es.