Deutsche Börse gibt bei Akquisitionen Gas
Die Deutsche Börse wird sich in den kommenden Jahren verstärkt um Akquisitionen bemühen. Das gab der Vorstandsvorsitzende Theodor Weimer auf der Hauptversammlung des Marktbetreibers zu verstehen. ck Frankfurt – Die Deutsche Börse wird künftig verstärkt auf Übernahmen setzen. “Die Konsolidierung der Börsenlandschaft schreitet schnell voran und wird auch zukünftig weiter voranschreiten”, sagte der Vorstandsvorsitzende Theodor Weimer auf der Hauptversammlung des Unternehmens. Die Deutsche Börse sehe sich in einer guten Position, auch im Vergleich zu anderen Marktbetreibern. “Anorganisches Wachstum ist ein wichtiger Teil unserer Roadmap 2020 und wird es auch mit Sicht auf die nächsten Jahre bleiben. Wir haben gute Fortschritte gemacht mit der Akquisition von Axioma und UBS Fondcenter. Wir brauchen allerdings mehr und auch größere Transaktionen.”Größe sei für den Erfolg von Marktinfrastrukturdienstleistern sehr wichtig. “Denn wir haben ein stark skalierbares Geschäftsmodell und benötigen eine gewisse Schlagkraft, um Investitionen in Technologie zu tätigen, neue Produkte zu entwickeln und auch erfolgreich einzuführen. Da wir nicht zurückfallen wollen, werden Fusionen und Übernahmen wie auch bei unseren Wettbewerbern auch in Zukunft eine wichtige Rolle in der Wachstumsstrategie der Deutschen Börse spielen”, so Weimer, der sich zuversichtlich zeigte, auch fündig zu werden. “Wir haben aktuell über 2 Mrd. Euro an frei verfügbaren Mitteln, mit denen wir unabhängig von der Marktlage jederzeit interessante Transaktionen durchführen können.” Die Deutsche Börse bleibe sehr aktiv und fokussiert auf anorganisches Wachstum, wie die letzten Akquisitionen von Axioma und UBS Fondcenter zeigten, und gehe davon aus, auch weitere attraktive Unternehmen gewinnen zu können.Mergers of Equals schloss Weimer ausdrücklich aus, ebenso große transformatorische Transaktionen. Fusionen im Stile des Zusammenschlusses von LSE und Refinitiv stünden nicht auf der Tagesordnung der Deutschen Börse, so der Vorstandsvorsitzende im Zusammenhang mit der gescheiterten Übernahme der zu Refinitiv gehörenden Devisenplattform FXall. “Unser Transaktionsziel war in diesem Zusammenhang tatsächlich das Währungsgeschäft FXall und nicht die gesamte Refinitiv-Gruppe. Ein Großteil der Refinitiv-Umsätze ist dem Terminal-Geschäft zuzuordnen, das wir weder als wichtiges Wachstumsfeld noch als langfristig strategisch attraktiv erachten. Zudem wäre der Erwerb der ganzen Refinitiv-Gruppe mit einem riesigen Integrationsaufwand verbunden gewesen.” “Interessante Möglichkeiten”Weimer deutete eine Erweiterung des Spektrums möglicher Übernahmeziele an. Zu den M&A-Fokus-Bereichen der Deutschen Börse zählten im Pre-Trading-Bereich Index und Analytics, im Trading- und Clearingbereich Commodities, Devisen und das Fixed-Income-Geschäft sowie die Investmentfonds-Services. “Wir halten an diesen Segmenten als Kernbereiche für M&A weiterhin fest. Zugleich sind wir aber allgemein bereit, Transaktionen zu tätigen, die wir darüber hinaus als strategisch richtig und wichtig erachten.” Offen sei, welche Auswirkungen Covid-19 auf allgemeine Bewertungslevels im Markt haben wird. “Wir sehen bisher nicht, dass es ein einheitliches Muster gibt.” Für Unternehmen wie die Deutsche Börse, die breit aufgestellt seien und über hohe Barreserven verfügten, ergäben sich in der aktuellen Situation weiterhin “interessante Möglichkeiten”.Weimer stellte klar, dass er, solange er Vorstandsvorsitzender der Deutschen Börse ist, nicht den Aufsichtsratsvorsitz der Deutschen Bank übernehmen wird. “Sie können davon ausgehen dass ich derzeit natürlich plane, meinen Vertrag bis zum Ende der regulären Vertragslaufzeit zu erfüllen.” Die Möglichkeit eines Einzuges in den Aufsichtsrat der Deutschen Bank habe sich erst nach Abschluss seines neuen, bis Ende 2024 laufenden Vorstandsmandats geboten. “Die Übernahme eines Aufsichtsratsvorsitzes bei einer Gesellschaft außerhalb des Deutsche-Börse-Konzerns bei gleichzeitiger Fortführung meines derzeitigen Amtes als Vorstandsvorsitzender der Deutsche Börse AG kommt für mich generell nicht in Frage. Es gibt keine spezifischen Regelungen in meinem Dienstvertrag, die sich mit der Übernahme eines Aufsichtsratsvorsitzes befassen. Mein Vertrag lässt die Übernahme von zwei einfachen Aufsichtsratsmandaten parallel zu meiner Funktion als Vorstandsvorsitzender der Deutsche Börse AG zu.” In Bezug auf die Cum-ex-Affäre äußerte sich Weimer überzeugt, dass keine Haftungsansprüche gegen Clearstream bestehen. “Wir gehen nach intensiver Prüfung davon aus, dass Clearstream nicht verpflichtet war, die Steuerschuld auf Aktien, die von Marktteilnehmern über den Dividendenstichtag gehandelt wurden, einzubehalten und abzuführen.” Daher sehe die Deutsche Börse keine Grundlage für eine Haftung von Clearstream für die Steuerschuld der betreffenden Marktteilnehmer. Eine solche Haftung sei auch von keiner Steuerbehörde geltend gemacht worden. Der stundenlange Ausfall des T7-Handelssystems vom April hat allerdings Schadenersatzforderungen in Höhe von nahezu 1 Mill. Euro nach sich gezogen, wie der Chief Information Officer Christoph Böhm erklärte.Seitens der Anteilseigner gab es insgesamt viel Lob und für fast alle Vorschläge des Unternehmens hohe Zustimmung. So wurde der Aufsichtsrat in der letzten von Joachim Faber geleiteten Hauptversammlung bei einer Präsenz von knapp 76 % (im Vorjahr: 74,7 %) von 99,72 % (im Vorjahr: 96,7 %) der gültig abgegebenen Stimmen entlastet. Ähnliche Zustimmungswerte erhielten die Entlastung des Vorstands und die Wahl des ehemaligen Vorstandsvorsitzenden der DekaBank, Michael Rüdiger, in den Aufsichtsrat als Ersatz für Joachim Faber, zu dessen Nachfolger als Vorsitzender nach der Versammlung erwartungsgemäß der ehemalige IBM-Manager Martin Jetter gewählt wurde. Denkzettel für Vergütung Einen Denkzettel erhielt die Deutsche Börse allerdings für das von ihr vorgeschlagene Vorstandsvergütungssystem, dem nur 65,5 % zustimmten. Dagegen votierten u. a. die Union Investment und die Schutzgemeinschaft der Kleinanleger. Es seien zwar gewisse Verbesserungen erkennbar, aber Transparenz und Nachvollziehbarkeit seien noch nicht ausreichend, so Union Investment. – Wertberichtigt Seite 8