Allianz-Studie

Deutsche Geld­vermögen verlieren global an Gewicht

Der Wohlstand in Deutschland wächst rasch, doch bei weitem nicht so schnell wie in anderen Weltregionen, wie die Allianz in ihrem Vermögensbericht festhält. Die Experten richten den Blick daher in die USA.

Deutsche Geld­vermögen verlieren global an Gewicht

jsc Frankfurt

Das Geldvermögen der Deutschen wächst zwar deutlich, doch relativ zu den weltweiten Beständen fällt die Bundesrepublik zurück: Im vergangenen Jahr kletterte der Bestand an Bankeinlagen, Fonds und Wertpapieren sowie Versicherungen und Pensionsgelder zwar hierzulande spürbar um 6,6%, doch liegt die Bundesrepublik damit deutlich hinter dem weltweiten Zuwachs in Höhe von 9,7%, wie die Allianz in ihrem jährlichen Global Wealth Report aufschlüsselt.

Nicht nur ziehen Asien ohne Japan sowie Osteuropa mit Zuwächsen von 12,7% und 19,1% der Bundesrepublik davon, auch Nordamerika, wo eine hohe Aktienquote zum Wachstum von 11,6% beitrug. Auf Sicht von einem Jahrzehnt hat Nordamerika den Anteil an den Bruttogeldvermögen auf 45,8% halten können – eine „beinahe schon unbegreifliche Leistung“ für ein Industrieland, wie Arne Holzhausen, globaler Leiter für das Research rund um Versicherungen, Wohlstand und Trends, sagte. Von einem weltweiten Bruttogeldvermögen von 200 Bill. Euro entfallen somit knapp 92 Bill. Euro auf die USA, während Deutschland per Ende 2020 auf 7 Bill. Euro kommt.

Im laufenden Jahr erwarten die Experten einen weltweiten Zuwachs der Vermögen von 7 %, was auf ein Plus von etwa 14 Bill. Euro hinausliefe. „Während die Wirtschaft Achterbahn fährt, kennt das globale Geldvermögen nur eine Richtung“, sagte Allianz-Chefvolkswirt Ludovic Subran. In Summe übersteigen die Geldvermögen die weltweite Wirtschaftsleistung damit erstmals um das Dreifache: Die Weltwirtschaftsleistung war laut Weltbank im vergangenen Jahr um 3,6 % auf umgerechnet 67 Bill. Euro eingebrochen.

Bundesrepublik im Mittelfeld

Nach Abzug von Schulden besitzt ein US-Amerikaner im Durchschnitt immer noch 218500 Euro, womit die USA an der Spitze stehen, während Deutschland mit netto 61800 Euro im Mittelfeld auf Rang 18 rangiert. In Europa stechen die Schweiz (212100 Euro), Dänemark (149200 Euro), die Niederlande (128600 Euro) und Schweden (124800 Euro) hervor. Österreich, Italien und Irland liegen auf Augenhöhe zu Deutschland. Das Pro-Kopf-Einkommen in Schwellenländern ist ein gutes Stück geringer. China erreicht netto 12400 Euro, Mexiko kommt auf 6000 Euro und Indien auf 1100 Euro.

Die meisten Länder der Erde tauchen mangels belastbarer Statistik nicht in der Liste der 57 Staaten auf, und auch innerhalb der Länder selbst klaffen die Vermögen auseinander. Global betrachtet besitzen die obersten 10% nach Schätzung der Allianz gut 84% der Nettogeldvermögen, nachdem es 2000 noch 91% waren.

Die Bilanz in Deutschland fällt gemischt aus: Die Vermögen sind hier im Vergleich zu anderen Industrieländern noch immer in Folge der Wiedervereinigung geringer, zudem fehlt ein vergleichbar ausgebautes Pensionssystem wie in Dänemark oder den Niederlanden oder aber eine hohe Aktienquote wie in den USA. Allianz-Fachmann Holzhausen erkennt aber eine Wende im Sparverhalten: Erstmals seit 2000 sei hierzulande mehr Geld in Wertpapiere und Fonds geflossen als in Versicherungen und Pensionssysteme, auch wenn Bankeinlagen vorne lägen.

Insgesamt sind die neu angesparten Geldvermögen im Zuge der Coronakrise enorm gestiegen, allein in Deutschland haben die privaten Haushalte im vergangenen Jahr laut Bundesbank 386 Mrd. Euro neu angelegt. Weltweit kamen im Coronajahr laut Allianz 5,2 Bill. Euro frisch angelegte Mittel zusammen, das entspricht einem Plus gegenüber dem Vorjahreswert von 78%. Inklusive Wertzuwächse legten die Vermögen in Deutschland ähnlich wie in den meisten Vorjahren stärker zu als im Durchschnitt der Eurozone. Auch Japan fiel 2020 zurück.

Neu entflammte Liebe

Die Aktie könne weiter in der Gunst vieler Menschen steigen, sagte Holzhausen. Die Erfahrung in frühen Lebensjahren präge das ganze Leben, – wie die erste Liebe. Die junge Generation habe den Dotcom-Kursrutsch kurz nach der Jahrtausendwende nicht selbst erfahren und sei in ihrer „Aktienliebe“ nicht verschmäht worden. Doch er schränkte ein: Niemand könne sicher ausschließen, dass sich ein Debakel wie damals wiederhole.