IM GESPRÄCH: CHRISTIAN SCHMIES, HENGELER MUELLER

Deutsche Krypto-Gesetze locken US-Anbieter

Start-ups können bei Verwahrung unters Grandfathering fallen - Kundeninteresse ist Treiber für klassische Depotbanken

Deutsche Krypto-Gesetze locken US-Anbieter

Die Integration neuartiger digitaler Assets in das Wertpapiergeschäft wird ab Anfang 2020 auf eine klare rechtliche Grundlage gestellt. Banken müssen sich aber eine Lizenzerweiterung besorgen, um die Verwahrung von Kryptowerten betreiben zu können. Wer früh dran ist, fällt unters Grandfathering.Von Björn Godenrath, FrankfurtNach dem Bundestag hat Ende November auch der Bundesrat dem “Gesetz zur Umsetzung der Änderungsrichtlinie zur Vierten EU-Geldwäscherichtlinie” und damit auch den neuen Vorschriften zum Kryptowerteverwahrgeschäft zugestimmt. Die Gesetzesänderung tritt am 1. Januar 2020 in Kraft und regelt für Start-ups und Banken, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit Kryptowährungen verwahrt werden dürfen.Christian Schmies, Partner bei Hengeler Mueller, weist im Gespräch mit der Börsen-Zeitung darauf hin, dass der Gesetzgeber in Abweichung zum Referentenentwurf einiges verändert habe. So sei man von der Regelung abgerückt, dass Finanzdienstleister und Banken nicht gleichzeitig Kryptoverwahrung betreiben dürfen. Eine solche neuartige “Trennbankengesetzgebung” wäre nach Ansicht von Schmies auch übertrieben gewesen. Die Sorge, dass Risiken daraus das sonstige Bankgeschäft infizieren könnten, sei übertrieben, es gebe auch im klassischen Bankgeschäft IT- und sonstige Risiken, deren Bewältigung Instituten ebenfalls zugetraut werde. Für die Entwicklung des jungen Kryptomarktes sei es gut, wenn nun Akteure tätig würden, die grundsätzliche Erfahrung mit der Verwahrung alternativer Vermögenswerte haben.Banken brauchen allerdings eine Lizenzerweiterung für die Kryptoverwahrung, denn Schmies zufolge ist kein besonderes Grandfathering für Institute vorgesehen, die bereits für andere Tätigkeiten lizenziert sind. Das sei sonst bisweilen bei der Einführung zusätzlicher Tatbestände geschehen. Dann hätten Banken, die Verwahrgeschäft betreiben, schon als lizenziert gegolten für Kryptowerte. So aber müssen die Banken eine Erweiterung ihrer Lizenz beantragen. Schmies erinnert daran, dass, als beispielsweise Anlageberatung erlaubnispflichtig wurde, Institute mit diversen anderen Genehmigungen direkt die Erlaubnis für Anlageberatung bekommen hätten. Er hält es für gut, dass man beim Kryptoverwahrgeschäft nicht so verfahren ist: “Denn so kann sich die BaFin davon überzeugen, dass die Institute alle organisatorischen und technologischen Voraussetzungen erfüllen.”Für Institute, die nur Kryptoverwahrung betreiben, bleiben dem Gesetz zufolge allerdings gewisse Privilegien bestehen. Denn sie sind von vielen Vorschriften der CRR, des Kernbestandteils der europäischen Bankenregulierung, ausgenommen. Eine weitere Änderung stellt die Erleichterung der Grandfathering-Regelung dar. Diese besagt nunmehr, dass Unternehmen, die schon vor dem 1. Januar 2020 Kryptoverwahrung betreiben, zunächst als lizenziert gelten, wenn sie bis zum 30. November einen Erlaubnisantrag eingereicht haben und dies der BaFin bis zum 31. März anzeigen. Wichtigste Restriktion beim Grandfathering sei die Anforderung, dass man überhaupt bis zum 1. Januar 2020 das Kryptoverwahrgeschäft betreibt. “Nur dann fällt man unter das Grandfathering. Das dürfte vor allem für bislang im Ausland agierende Anbieter relevant sein. Denn wenn man noch unter das Grandfathering fallen will, muss noch dieses Jahr in Deutschland Geschäft aufgesetzt werden, das ab Januar erlaubnispflichtig wäre.” Im Markt ist zu hören, dass ausländische Kryptoverwahrer überlegen, schnell ein Büro in Frankfurt aufzumachen. Allerdings ist zu beachten, dass eine leere Gesellschaftshülle nicht ausreicht, um Kryptoverwahrgeschäft während des Grandfathering zu betreiben. Klarer RechtsrahmenSchmies zufolge stößt die deutsche Gesetzgebung auch außerhalb Deutschlands auf reges Interesse, was zusammen mit der Grandfathering-Option dazu führen könne, dass einige Marktteilnehmer in Deutschland recht zügig eine Erlaubnis beantragen werden: “Jedenfalls gibt es jetzt einen klaren Rechtsrahmen dafür.” Das Gesetz habe das Augenmerk auf Deutschland gezogen, und man arbeite bereits an konkreten Ansiedlungsprojekten für ausländische Anbieter.Da die großen deutschen Verwahrstellen offenbar in Deutschland weitgehend noch nicht im Kryptoverwahrgeschäft tätig sind, erscheint fraglich, ob diese von dem Grandfathering Gebrauch machen werden. Zu hören ist, dass der Impetus für ein Engagement in der Kryptoverwahrung oftmals von Kunden aus der Wertpapierindustrie ausgeht, die registrieren, dass sich etwas tut in Sachen Integration digitaler Assets in den Kapitalmarkt. Schmies gibt zu bedenken, dass eine Verwahrstelle sicher nicht Kundenbeziehungen belasten wolle, weil man Krypto nicht abbilden könne: “Wenn Kunden schon bei einer Depotbank sind und diese Kunden Kryptoprodukte auflegen wollen, will man als Verwahrstelle nicht in Verlegenheit kommen, diese Kunden deswegen an einen anderen Anbieter verweisen zu müssen.” Option UnterverwahrungUnd was ist mit der Option der Unterverwahrung als Outsourcing an einen Kryptospezialisten? Schmies gibt zu bedenken, dass ein Verwahrer im Verhältnis zu seinen Kunden stets nur die Dienstleistungen anbieten kann, für die er selbst lizenziert ist. Zudem muss das auslagernde Institut Auslagerungsstellen überwachen: “Und spätestens dann stellt sich die Frage, wie ich die Anforderungen beim Auslagerungs-Controlling erfüllen kann, wenn ich selbst das Kryptoverwahrgeschäft nicht inhouse betreibe.”Was noch eines Gesetzentwurfes harrt, ist die gesetzliche Regelung von Schuldverschreibungen ohne Urkundenerfordernis, die sogenannten E-Bonds. Dies ist Teil der im September vorgestellten Blockchain-Strategie der Bundesregierung – und eigentlich hätte der Gesetzentwurf dazu noch 2019 kommen sollen. “Es wäre schön, wenn auch in diesem Bereich das Momentum aufrechterhalten wird. Eine Gesetzgebung würde sich sicher bis weit ins Frühjahr 2020 ziehen, auch wenn der Entwurf bald käme.” Und was ist mit der Erstreckung auf Aktien? Schmies findet es nachvollziehbar, dass der Gesetzgeber elektronische Wertpapiere zunächst bei einem Produkt einführt, das in einigen Aspekten weniger komplex ist als eine Aktie: “In so einem sensiblen Bereich wie dem Wertpapierrecht sollte man behutsam vorgehen.”