EINLAGENSICHERUNG

Deutschland gegen den Rest

Gutachten heißen Gutachten, weil man gut darauf achten muss, wer sie in Auftrag gegeben hat. Das gilt besonders für ein so strittiges Thema wie die Vergemeinschaftung der Einlagensicherung in Europa - und die Frage, ob sich dieser Vorstoß auf Art....

Deutschland gegen den Rest

Gutachten heißen Gutachten, weil man gut darauf achten muss, wer sie in Auftrag gegeben hat. Das gilt besonders für ein so strittiges Thema wie die Vergemeinschaftung der Einlagensicherung in Europa – und die Frage, ob sich dieser Vorstoß auf Art. 114 des EU-Grundvertrags gründen muss (wie die EU-Kommission meint) oder auf Art. 352 (wie Deutschlands Banken und Sparkassen behaupten). Was wie ein holztrockener Juristenstreit klingt, hat politische Sprengkraft. Denn Art. 114 erfordert unter den EU-Regierungen nur eine qualifizierte Mehrheit, also Pi mal Daumen eine Zweidrittelmehrheit. Art. 352 hingegen macht Einstimmigkeit nötig. In anderen Worten: Deutschland könnte (und würde) eine europäische Einlagensicherung blockieren, wenn die EU-Kommission den Umweg über Art. 352 gehen müsste.Muss sie aber wohl nicht. Denn ein Rechtsgutachten des Juristischen Diensts kommt zum Ergebnis, dass Art. 114 prima passt. Da kann die deutsche Kreditwirtschaft mit ihrem Gutachten gegenhalten, wie sie will. An der Gefechtslage wird sich wenig ändern. Zumal beide Juristenlager ihre Argumente haben. Die einen haben recht, dass die Sorge ums Ersparte in einigen Staaten weniger mit Rechtsvorgaben zu tun hat als vielmehr mit mangelnder finanzieller Solidität dieser Länder. Die anderen haben einen Punkt, wenn sie darauf hinweisen, dass eine gemeinsame Einlagensicherung nicht in die Haushaltssouveränität der EU-Staaten eingreift. Klar wird, dass es sich letztlich um zutiefst politische Bewertungen handelt.Deutschland steht in der EU bisher weitgehend allein da. Die Möglichkeiten, Verbündete für eine kategorische Ablehnung zu finden, sind schwindend gering. Allerdings gibt es Chancen, die Vergemeinschaftung zu verzögern und an Bedingungen zu knüpfen. Also Risiken erst zu teilen, nachdem man sie reduziert hat. Etwa durch eine aufsichtsrechtliche Neubewertung von Staatsanleihen oder die Konvergenz nationaler Insolvenzordnungen. Für eine Kopplung des gemeinsamen Sparerschutzes an solche Vorbedingungen dürften sich Verbündete finden – vielleicht sogar genug, um eine Mehrheit zu blockieren.Diejenigen jedoch, die hoffen, das Thema Einlagen wieder komplett vom Tisch zu bekommen, müssen sich darauf einstellen, überstimmt zu werden. Denn die EU-Institutionen – von EZB bis EU-Parlament – stehen ebenso wie die EU-Partner weitgehend geschlossen hinter der Grundidee. Deutschland kämpft quasi gegen den Rest. Da helfen selbst Gutachten nicht viel weiter.