Deutschland zieht Drittdienste an

Vor dem Inkrafttreten der Zahlungsdiensterichtlinie PSD2 registriert die BaFin 80 Anbieter

Deutschland zieht Drittdienste an

Deutschland attestiert sich gerne eine gewisse Rückständigkeit bei der Digitalisierung. Trotzdem drängen Anbieter von Multibanking-Apps und anderen Drittdiensten hierzulande auf den Markt. Nach Einschätzung der BaFin verfügen nur wenige Länder über ein so entwickeltes Ökosystem im Zahlungsverkehr. lee Bonn – Nach Einschätzung der deutschen Bankenaufsicht ist Deutschland für Unternehmen, die Finanzinnovationen anbieten, besonders attraktiv. Wenige Tage vor dem Starttermin der europäischen Zahlungsdiensterichtlinie PSD2 hätten sich in Deutschland etwa 80 Anbieter sogenannter Drittdienste registriert, sagte Jens Obermöller, IT-Experte bei der Aufsichtsbehörde, auf der Konferenz BaFin-Tech 2019 vor Journalisten. Als Drittdienste bezeichnet man Multibanking-Apps und andere Zusatzdienstleistungen. Die Anbieter dieser Services können vom 14. September an von den Banken über definierte Schnittstellen Zugriff auf deren Kontodaten verlangen, sofern der Kunde dies wünscht.BaFin-Chef Hufeld zeigte sich positiv überrascht von der hohen Zahl der hierzulande registrierten Dienstleister. “Offenbar gibt es wenige Länder, die über ein so entwickeltes Ökosystem im Zahlungsverkehr verfügen”, sagte er. In den meisten übrigen EU-Mitgliedstaaten sei die Zahl der registrierten Anbieter einstellig. Eine Ausnahme stelle Großbritannien dar, der mit Abstand wichtigste europäische Finanzplatz verzeichne eine vergleichbar hohe Zahl registrierter Drittdiensteanbieter.Nach BaFin-Angaben beteiligten sich insgesamt 400 Teilnehmer aus der Fintech-Szene sowie aus etablierten Unternehmen der Finanzbranche an der Konferenz. In der Eröffnungsrede bezeichnete Hufeld den digitalen Wandel als kräftig genug, um Geschäftsmodelle, Unternehmen und sogar ganze Märkte aus den Angeln zu heben. In einem derart dynamischen Umfeld sei der Austausch zwischen der Aufsicht, dem Gesetzgeber sowie Vertretern der Branche und aus der Wissenschaft besonders wichtig. Standortfaktor BaFinZur Konferenz angereist war Finanzstaatssekretär Jörg Kukies (SPD). In seiner Ansprache hob er die Bedeutung digitaler Technologien für einen international wettbewerbsfähigen europäischen Finanzmarkt hervor. Die Aufsichtsbehörde sieht sich dabei auch als Standortfaktor für die Finanzbranche. “Es liegt in der Natur der Sache, dass die Regulierung nie vorneweg laufen kann”, sagte Hufeld. “Wir müssen aber nahe dranbleiben, um die Mühlen, die Regulierung produzieren, rechtzeitig in Gang zu setzen.”Keinen grundsätzlichen Handlungsbedarf sieht die Aufsichtsbehörde dagegen bei den IT-Pannen, mit denen große Institute wie die Commerzbank oder die Postbank zuletzt für negatives Aufsehen gesorgt hatten. Die Auswirkungen dieser Pannen seien zeitlich begrenzt gewesen, unterstrich Obermöller.In den vergangenen zwei Jahren seien der BaFin knapp 500 signifikante Störungen gemeldet worden, die mit Blick auf die Dauer und die Zahl der betroffenen Kunden über den meldepflichtigen Schwellen gelegen hätten. Wie diese Schwellen definiert sind, wollte er nicht publik machen.Bei den wenigsten Vorfällen habe es sich um Angriffe von Hackern gehandelt. “Der Großteil ist auf hausinterne Schwächen der Banken zurückzuführen”, sagte Obermöller. Als Gründe für die Pannen nannte er die immer komplexere IT sowie die zum Teil veraltete Technik der Banken. “Es wird eine Zeit brauchen, um hier den Übergang auf die modernen Systeme zu schaffen.” Höhere IT-AbhängigkeitGrundsätzlich ist die BaFin jedoch nicht der Auffassung, dass sich die Qualität des IT-Managements in der Kreditwirtschaft verschlechtert habe in den vergangenen Jahren. Behördenchef Hufeld sagte, sein Eindruck sei vielmehr, dass durch die stärkere Nutzung des Online-Bankings und die höhere Vernetzung der Branche auch kleine Fehler heute viel schwerwiegendere Folgen hätten als noch vor fünf bis zehn Jahren. Zu Sanktionen gegen Banken greife die BaFin jedoch nur, wenn Fehler wiederholt aufträten und der Eindruck entstehe, dass die Bank nichts dagegen unternehmen würde. – Im Blickfeld Seite 6 Wertberichtigt Seite 6